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Werke Lionardo’s da Vinci und Michelangelo’s auf den jungen Urbinaten den tiefsten, nachhaltigsten Eindruck ausgeübt zu haben. Wie sehr er[WS 1] namentlich von dem anmuthsvollen Wesen Lionardo’s sich angezogen gefühlt, ersehen wir nicht nur aus mehreren Handzeichnungen aus dieser ersten florentinischen Epoche[1], sondern eben so deutlich aus dem Bildnisse der Magdalena Doni, welches unwillkürlich an das Porträt der Mona Lisa del Giocondo von Lionardo erinnert[2].

Neben den Bildnissen der Ehegatten Doni (im Palazzo Pitti) mögen in derselben Zeit die Madonna di Casa Tempi (in der Münchner Galerie), die s. g. Madonna del Granduca (im Palazzo Pitti), und die Madonna bei Lord Cooper in Panshanger in der Nähe von London, die wunderherrlichste aller Madonnen Raffael’s, angehören. Im landschaftlichen Grunde dieses letztern Bildes sehen wir den Hügel von S. Miniato dargestellt mit Cronaca’s schönem Capuzinerkirchlein, das Michelangelo


  1. Vor Allem nenne ich das Blatt mit der flüchtig hingeworfenen Skizze nach dem Karton von Lionardo’s „Reiterkampf um die Fahne“; auf demselben Blatte: der Profilkopf eines Alten und ein Pferdekopf, alle drei Nachbildungen nach Lionardo. Daselbst ebenfalls noch die Studie eines männlichen Kopfes, den Raffael im folgenden Jahre zu seinem h. Placidus im Wandgemälde von S. Severo in Perugia benutzte. Diese Zeichnung befindet sich in der Sammlung von Oxford (No. 15 des Braun’schen Katalogs). Eine zweite Zeichnung mit der Feder nach dem Karton von Lionardo besitzt die Sammlung von Dresden, No. 79 des Braun’schen Katalogs. Eine dritte Federzeichnung aus dieser Zeit ist die Nachbildung des „David“ von Michelangelo. Raffael stellte den berühmten Koloß vom Rücken dar. (Die Originalzeichnung im British Museum, No. 79 des Braun’schen Katalogs.)
  2. Die meisterhafte Federzeichnung zu diesem Bildnisse befindet sich in der Sammlung des Louvre; No. 329 im Kataloge Reiset, und No. 255 des Braun’schen Katalogs. Die Form der Hand ist sehr charakteristisch; die Federführung einfach, fest und sicher. Im Porträt des Gemahls sind die Schatten noch Peruginesk schwarz, die Landschaft auf diesem Bilde ist aber wieder Timoteisch.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: sehrer
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/391&oldid=- (Version vom 31.7.2018)