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die Malerkunst, als Gentile da Fabriano und sein noch viel bedeutenderer Mitarbeiter, der Veronese Vittor Pisano, Pisanello genannt[1], um’s Jahr 1419 etwa nach Venedig berufen wurden, mit dem Auftrage, im Palazzo ducale einen Saal mit Malereien auszuschmücken.

Die Gegenwart dieser zwei hervorragenden Künstler in der Lagunenstadt gab auch der dortigen Malerschule einen neuen Aufschwung. Jacopo Bellini wurde Schüler des Gentile und begleitete seinen Meister, nachdem letzterer seine Arbeit in Venedig vollendet hatte, nach Florenz. Während der wenigen in der Lagunenstadt zugebrachten Jahre müssen nun Gentile und Pisanello nicht nur den Bellini in ihrer Kunst unterrichtet haben, sondern ihr Einfluß auch auf Giambono und namentlich auf Antonio Vivarini von Murano erscheint mir in den Werken dieser zwei letztern Maler unläugbar. In den dreißiger Jahren gründete Antonio die später berühmt gewordene Bilderfabrik von Murano, in der um’s Jahr 1440 ein


  1. Die Herren Cr. und Cav., gewohnt, in ihrem voluminösen Werk über die italienische Malerei, die Kunstschule nicht als ein lebendiges, organisches, aus dem Boden herausgewachsenes Ganzes anzusehen, sondern vielmehr als ein zufälliges Conglomerat von Künstlern, welche ebensowohl in Apulien als in Toscana, ebensowohl in Finnland als in Italien geboren und erzogen sein können, lassen daher auch den großen Veronesen Vittor Pisano einerseits aus einer Miniatorenschule(!!) hervorgehen andererseits in Umbrien und dann in Florenz zum Künstler herangebildet werden (I, 450, 51 und 52). Zum Belege dieser sehr sonderbaren Anschauung schreiben sie demselben Bilder zu, die irrthümlicherweise allerdings in der städtischen Galerie von Verona, wo sich dieselben gegenwärtig befinden, ihm angerechnet werden, die ihm jedoch nicht angehören.
    Schon der auf dem Madonnenbilde mit der h. Catharina (No. 52) angebrachte Pfau, das Monogramm des Meisters, hätte die Herren belehren sollen, daß dies Bild dem Stefano da Zevio und nicht dem s. g. Pisanello angehört. Dem Abate Giacomo Morelli zufolge wäre Vittor Pisano im Dorfe S. Vigilio am Gardasee geboren (S. Anonimo Morelliano) um 1380, gestorben zwischen den Jahren 1451 und 1455 und [396] Biondo von Forli schrieb um’s Jahr 1450 seine „Italia illustrata“ worin es heißt: Pictoriae artis peritum Verona superiori saeculo habuit Aticherium; sed unus superest, qui fama ceteros nostri seculi faciliter antecessit, Pisanus nomine.
    Facio aus Genua, der sein Buch „de viris illustribus“ zwischen den Jahren 1455 und 1457 verfaßte, sagt von Pisano: Mantuae aediculum pinxit et tabulas valde laudatas[a 1]. Pinxit Venetiis in palatio Fridericum Barbarussam Romanorum Imperatorem, et ejusdem filium supplicem etc.; pinxit et Romae in Joannis Laterani templo, quae Gentilis D. Joannis Baptistae historia inchoata reliquerat, quod tamen opus postea, quantum ex eo audivi, parietis humectatione paene obliteratum est. Sunt ejus ingenii atque artis exemplaria aliquot picturae in tabellulis ac membranulis, in quis Hieronymus Christum crucifixum adorans, ipso gestu et oris majestate venerabilis, etc. Picturae adjecit fingendi artem. etc. etc. – Pisano malte auch im Castello von Pavia. Lionello d’Este schrieb von ihm: Pisanus omnium pictorum hujusce aetatis egregius (S. Maffei, Pars. IIIa, Cap. VI. col. 153).

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  1. Vorlage: aediculum pinxit et tabulas valde audatas
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 395. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/414&oldid=- (Version vom 31.7.2018)