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dieselben für Werke Dürer’s halten könne, scheint mir doch aller und jeder Begründung zu entbehren. Es ist wahr, ein Fälscher hat auf die schöne „Pietà“ im Museo Corrèr das Dürer’sche Monogramm und die Jahrzahl 1494 gesetzt, offenbar in der Absicht, das Bild besser verkaufen zu können; ebenso läßt sich nicht läugnen, daß in den Augen eines oberflächlichen Kunstpublikums jenes Monogramm für authentisch gegolten hat, wie dies ebenfalls bei vielen andern falschen Aufschriften auf andern Bildern der Fall war und noch immer ist. Allein wir fragen alle ernstern Kunstforscher, die das Bild im Museo Corrèr gesehen, ob sie auch die Ansicht der Herren Cr. und Cav. theilen, daß nämlich jenes Gemälde einen transalpinischen Charakter habe, d. h. den eines Dürer, der Kölner- oder einer Niederländischen Schule, oder ob sie nicht vielmehr mit uns in jener „Pietà“ den Stempel eines großen Venezianischen Künstlers wahrnehmen? Daß die Herren Cr. und Cav. den Giambellino in seiner herrlichen, so tief empfundenen Darstellung so gröblich verkennen konnten, thut uns aufrichtig leid, nicht nur für sie, indem sie dadurch einen hohen Kunstgenuß eingebüßt, sondern noch viel mehr für die Menge ihrer Schüler und Nachfolger, welche durch ihr Urtheil von der breiten Straße der Kunstwissenschaft ab und in ein Dorngestrüpp geführt werden, aus dem wieder sich zu befreien ihnen wohl viel Zeit und Mühe kosten wird.

Von andern Mitschülern des Cima und des Pennacchi (1480–1490) in der Werkstatt des Giambellino, wie Cristoforo Caselli von Parma, Mansueti, Lattanzio von Rimini[1], Niccolò Rondinelli von Ravenna, Jacopo von Montagnana


  1. Von Lattanzio da Rimini sieht man zwei große Altarbilder, das eine in der Kirche von Piazza, das andere in der von Piazzatorre, zwei Dörfer im Brembothal bei Bergamo, ferner eine das Kind anbetende Maria bei Herrn Federico Antonio Frizzoni zu Bergamo, und ein anderes [410] mit dem Namen bezeichnetes Madonnenbild beim Antiquar Guggenheim zu Venedig. Von Jacopo da Montagnana sind Bilder in der Kirche des Santo und in der Kapelle des bischöflichen Palastes zu Padua. In Venedig beim Antiquar Guggenheim: die Verklärung Mariae mit Propheten, Engeln und den Aposteln; dies letztere Werk scheint mir zu den bessern Arbeiten des seltenen Meisters zu gehören.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 409. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/428&oldid=- (Version vom 31.7.2018)