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italienischen Malerei war also der Stil des Squarcione ein Gemisch von „Transalpinischem und Paduanischem“, eine Definition, der man nicht den Vorwurf allzu großer Deutlichkeit machen kann.

Squarcione war, wie dies aus seinem einzigen auf uns gekommenen Werke (in der Stadtgalerie von Padua) zu ersehen ist, kein Maler erster Größe, sondern wahrscheinlich gleich seinem Zeitgenossen Pier della Francesca mehr ein trefflicher Lehrer, zumal in der Perspektive. Dies scheint mir aus den Werken der verschiedenen Schüler des Squarcione hervorzugehen; denn gerade die strenge Linienperspektive ist es, die diese Schule von Padua leicht erkennen läßt – ein Vorzug, den alle Schüler Squarcione’s gemein haben, sowohl Marco Zoppo wie Gregorio Schiavone, sowohl Mantegna als Ansuino da Forli, wie Carlo Crivelli, Nicoletto Pizzolo oder Dario und der ältere Girolamo da Treviso[1]. Von dem einen oder andern dieser zwei letztgenannten Squarcionesken könnte also P. M. Pennacchi den ersten Unterricht erhalten haben. Allein die Behauptung der Historiographen, daß nämlich die Werke dieser Squarcionesken einen so ausgesprochenen transalpinischen Charakter[2] an sich trügen, daß man


  1. Von Dario von Treviso besitzt Herr Frizzoni-Salis in Bergamo eine „Pietà“, der todte Christus von zwei Engeln beweint; auf dem Aermel eines dieser Engel liest man DARIVS TARVI; ein zweites Bild von ihm befindet sich in der Stadtgalerie von Bassano: DARIVS p. bezeichnet; für ebenfalls ihm angehörend, und nicht, wie der Katalog der Venezianischen Akademie-Galerie besagt, dem Giovanni und Antonio von Murano, halte ich den „englischen Gruß“ (No. 581 und 583) daselbst. Sogar die Herren Cr. und Cav. führen es als Werk der Muranesen an (I, 27). – Vom ältern Girolamo da Treviso sieht man im Dome von Treviso eine Madonna mit Kind und den Heiligen Sebastian und Rochus – auf den Stufen des Thrones zwei musizirende Engel, bezeichnet: Hieronymus Tarvisius pinxit 1487. Auch die Bildersammlung Tadini in Lovere (Provinz Bergamo) besitzt eine „Pietà“ (sehr übermalt) mit der Aufschrift: Hieronymus Tarvisio pinsit (No. 250).
  2. Mit diesem Ausdrucke wollen, denke ich, die Herren Cr. und [409] Cav. doch nicht bloß das, was eckig und klotzig und zugleich kleinlich ist, bezeichnen?
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 408. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/427&oldid=- (Version vom 31.7.2018)