Seite:Die Werke italienischer Meister (Morelli).pdf/436

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Albrecht Dürer, Hans Holbein d. ältere, Burckmair u. a. m. das von den Brüdern von Eyck vervollkommnete System der Oelmalerei sich zu eigen gemacht hatte, ohne daß man diesseits der Alpen darüber Lärm geschlagen hätte.

Allein selbst in Italien scheint man vor der im Jahre 1550 in den „Vite“ des Vasari erschienenen Biographie des Antonello da Messina über die neue flandrische Malweise kein besonderes Aufheben gemacht zu haben.

Bartholomeus Facius bemerkt zwar in seinem 1456 geschriebenen Buche „de viris illustribus“ über Joannes Gallicus (van Eyck), den er als praktischen Maler „princeps pictorum“ nennt, daß derselbe „multa de colorum proprietatibus invenisse, quae ab antiquis tradita, ex Plinii et ab aliorum auctorum lectione dedicerat.“

Ein Zeitgenosse des Facius, der florentinische Baumeister und Bildner Antonio Averulino, Filarete genannt, sagt im 24. Buch seines „Trattato della Architettura etc.“ (im Manuscript in der Bibliothek Trivulzio zu Mailand und in der Magliabecchiana in Florenz) „und auch in Oel kann man alle diese Farben auf Leinwand oder auf Holz anbringen, dazu gehört jedoch ein anderes Malsystem, das sehr schön ist für diejenigen, die es kennen. In Deutschland (Lamagna) arbeitet man gut in dieser Weise, besonders zeichnet sich darin Meister Johan von Brügge und Meister Roger (van der Weyden) aus, welche beide trefflich mit Oelfarben arbeiten. Frage: Sage mir auf welche Weise wendet man dieses Oel an, und was für ein Oel ist es? Antwort: Leinöl. Frage: Ist es nicht sehr trübe? Antwort: Ja, allein man benimmt ihm die Trübe; auf welche Weise, weiß ich aber nicht u. s. f.[1]


  1. Es erhellt hieraus, daß zur Zeit des Filarete das neue Eyck’sche Malsystem theoretisch bekannt war, daß jedoch unter den italienischen Malern sich noch keiner veranlaßt gefunden, die einheimische Methode der Temperamalerei zu verlassen.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 417. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/436&oldid=- (Version vom 31.7.2018)