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Cav. der Katalog es erklärt, noch in viel jüngern Jahren stand, als der hier von Mantegna dargestellte Mann zeigt. Es scheint mir daher rathsamer, die ehemalige Katalogangabe festzuhalten, nach welcher auf diesem Bilde der Cardinal-Erzbischof von Florenz, Ludwig von Padua, abgebildet wäre[1].

Die „Darstellung Christi im Tempel“ (No. 29), dies leider verriebene und zum Theil auch durch die Restauration entstellte Temperagemälde, gehört zu den spätern Arbeiten des Meisters (1490–1500). Es ist wie das große Altarbild vom Jahre 1497 im Hause Trivulzio, und, wenn ich mich recht besinne, wie die zwei Bilder des Mantegna in der Sacristei der Kirche S. Andrea zu Mantua[2], a colletta, d. h. ohne Imprimitur gemalt.

In der Sammlung Querini-Stampalia in Venedig befindet


  1. Ein gewisser Herr Giuseppe Barbieri von Padua verkaufte im Jahre 1865 das Porträt eines andern Geistlichen, eines Augustinermönchs, an den Mailändischen Antiquar Baslini. Jenes Bildniß, welches mit der Zeit in England an den Mann gebracht wurde, trug folgende Aufschrift:
    Praedictus ingenio tenui, quem rite magistrum
    Effigiat Paulum Mantinea, cernite, quaeso.
    Sogar dies Bild ward vom seligen Pietro Selvatico in seinem durch und durch verfehlten Commentar zur „Vita“ des A. Mantegna in der florentinischen Ausgabe des Vasari als Werk des Mantegna nicht nur aufgeführt sondern sogar hochgepriesen (Vasari V, 185). Meiner Ansicht nach war es bloß das Machwerk irgend eines untergeordneten Schülers des Squarcione. Die Herren Cr. und Cav. (I, 321) folgen dagegen auch bei Beurtheilung jenes Porträts dem Marchese Selvatico und meinen: this may be an early Mantegna, fügen aber klugerweise hinzu, es könnte vielleicht auch ein früher Schiavone oder Zoppo oder irgend ein anderer sein – als ob die Formen des A. Mantegna nicht sehr verschieden wären von den Formen in den Bildern des Schiavone, des Marco Zoppo und di tutti quanti! Mantegna’s Formen bleiben ja stets dieselben von einem Werke vom Jahre 1450 (Thorlunette der Kirche von S. Antonio in Padua) bis zur „Beweinung des todten Christus“ in der Breragalerie, vom Jahre 1506, welches Bild als sein letztes angesehen werden kann.
  2. Diese zwei Bilder werden von den Herren Cr. und Cav. (I, 416 und 417) als Werke der Söhne Mantegna’s angeführt, mit der Bemerkung, daß sie in Oel gemalt seien.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 433. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/452&oldid=- (Version vom 31.7.2018)