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Stellung und Bewegung, welche dem Italiener nicht nur in jenen für die Kunst so glücklichen Zeiten eigenthümlich war, sondern die er zum Theil heutzutage noch besitzt, weßhalb auch seine Kunsterzeugnisse, so leer und nichtig dieselben zuweilen auch sein mögen, doch noch immer vortheilhaft von denen anderer Nationen abstechen und beim großen Publikum beliebt sind.

In Vercelli wirkte schon von der Mitte des 15. Jahrhunderts an die dort angesiedelte Malerfamilie der Oldoni[1], wie in Casale die andere ebenfalls mailändische Malerfamilie der Ferrari[2].

Im letzten Decennium des 15. Jahrhunderts muß, täusche ich mich nicht sehr, auch Macrino d’Alba längere Zeit in Vercelli gewirkt haben[3], und dürfte er daher nicht ohne Einfluß auf die erste Entwicklung des Girolamo Giovenone, des Eleazar Oldoni[4] und selbst des Defendente Ferrari aus Chivasso gewesen sein.


  1. Boniforte Oldoni wirkte von 1463 bis etwa 1510. Seine drei Söhne hießen Ercole, Giosnè und Eleazar. Von Giosnè findet man in der Pfarrkirche von Verrone, in der Nähe von Biella, ein bezeichnetes Frescobild; von Eleazar eine kleine „Anbetung des Christkindes“, mit dem Namen bezeichnet, bei der Gräfin Castelnovo in Turin.
  2. Aus dieser letztern stammt der ziemlich rohe Maler Grammorseo, von dem ein mit dem Namen bezeichnetes Bild im bischöflichen Palais in Vercelli zu sehen ist.
  3. Bekanntlich arbeitete er später viele Jahre hindurch in der Abtei von Lucedio (in der Nähe von Casale), weßhalb er auch als „pittore di Lucedio“, bekannt war.
  4. Man vergleiche das mit dem Namen bezeichnete Bild des Macrino aus seiner Frühzeit (1490–1495) in der Galerie des Städel’schen Instituts zu Frankfurt (No. 5) mit den Bildern des Girolamo Giovenone in der Turiner Galerie vom Jahre 1514 (No. 43) und dem mit dem Namen Eleazar de Oldonibus bezeichneten Bildchen im Besitze der Gräfin Castelnovo in Turin. Von Desendente Ferrari besitzt die Bildergalerie von Stuttgart ein mit dem Monogramm (Ferrarius pinxit) bezeichnetes Bild, „Christus im Tempel“, vom Jahre 1526. Ihre königliche Hoheit, die Prinzeß Carl in Darmstadt, die glückliche Besitzerin der Originalmadonna von Holbein, eine h. Katharina; die Turiner Galerie mehrere Werke; die städtische Galerie von Bergamo eine „Anbetung der Hirten“ (No. 283) ebenfalls mit dem Monogramm versehen. Dies letztere Bild verräth den Einfluß der Kupferstiche des Parmigianino.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 455. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/474&oldid=- (Version vom 31.7.2018)