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deuten dürfte. Auch weist die angebrachte Correktur in der Ohrstellung und in den Kontouren darauf hin, daß der Lehrer Lionardo dabei seine Hand im Spiele gehabt haben möchte. Die Schrift auf dem Blatte trägt den Charakter der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts[1].

Das Bild mit dem Vertumnus und der Pomona in der Berliner Galerie (No. 222) hat, so scheint es mir, nicht den Charakter eines Werkes eines bloßen Dilettanten, sondern stellt sich uns vielmehr als die Arbeit eines Malers von Profession dar. Sowohl A. J. Rio (a. a. O. 200) als auch Herr Direktor Julius Meyer behaupten, die Originalzeichnung zu diesem Gemälde befände sich in der Sammlung zu Windsor. Ich habe danach gesucht, es ist mir indeß leider nicht geglückt, dieselbe dort ausfindig zu machen. Welchem Schüler oder Nachahmer des Lionardo sollen wir nun diesen „Vertumnus und Pomona“ zuschreiben, falls wir den Francesco Melzi nicht als den Autor des Bildes anerkennen wollen? Auf diese Frage bin ich leider nicht im Stande, eine irgend zuverläßige Antwort zu geben.


  1. Lionardo selbst nennt in seinem Testament den Melzi „messer Francesco“ – „Item vermacht und schenkt obgenannter Testator dem Herrn Francesco da Melzo, Edelmann von Mailand, in Anbetracht der von ihm empfangenen liebevollen Dienste, all und jedes von seinen Büchern, die der genannte Testator gegenwärtig besitzt und alle Zeichnungen , die zur Malerkunst gehören . . . . . ; item schenkt und vermacht der Testator dem obgenannten Messer Francesco Melzo, presente et acceptante, den Rest seiner Pension (d. h. der Pension, die Lionardo von König Franz I. erhielt) et Summa de danari qual a lui (Lionardo) sono debiti del passato fino al di della sua morte per il Tesaurario general M. Johan Sapin . . . . . . . et similmente el dona et concede al dicto de Melze tucti et ciascheduni suoi vestimenti quali ha al presente ne lo dicto loco de Cloux tam per remuneratione de boni et grati servitii a lui facti, che per li suoi salarii, vacationi et fatiche ch’el potrà avere circa la executione del presente Testamento . . . . . . . . 23. April 1518.“ – Francesco Melzi nennt in dem Briefe, welchen er an Lionardo’s Bruder in Florenz richtete, den Meister „mio quanto optimo patre.“
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 477. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/496&oldid=- (Version vom 31.7.2018)