Verschiedene: Die zehnte Muse | |
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Da widersprach sie hochgemut,
So ging die Rede hin und her.
An Worten gab es eine Flut,
Ein weites sturmbewegtes Meer.
Bis blutig flammend die Sonne sank …
Und kurz und gut:
Dann küssten wir uns in Liebesglut
So ganz allein im Kämmerlein
Herr im Hause.
Schlich der Zorn durch’s Hinterpförtchen
Auf den Zehen kaum hinaus,
Klopft es schon: »Nur auf ein Wörtchen,
Bitte, öffne mir das Haus.«
Just als wäre nichts gescheh’n,
Steht die Liebe. Nein, ich lasse
Ganz bestimmt sie weiter geh’n.
Hab’ ich hier nicht in der Wohnung,
Dass die Nachsicht und die Schonung
Allzu lange nun gewährt?
Dass verschlossen bleiben solle
Meine Thür ihr allezeit;
Fürder fragen keinen Deut?
Dass sie diese letzten Wochen
Mich gepeinigt bis auf’s Mark?
Und doch wagt sie anzupochen?
Immer klopfe, immer rufe,
Narr, der je dir Antwort gab;
Auch nicht eine einz’ge Stufe
Steig ich deinethalb hinab!
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/328&oldid=- (Version vom 31.7.2018)