Seite:Die zehnte Muse (Maximilian Bern).djvu/329

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die zehnte Muse

25
Stets war ich für dich zu finden,

Rasch vergass ich jeden Groll,
Aber deine letzten Sünden –
Nein, die waren gar zu toll.
Immerdar sind wir geschieden,

30
Noch einmal sei dir’s gesagt;

Also geh’ und lass’ in Frieden,
Den so lange du geplagt.

Doch sie schmeichelt: »Schick’ mich, Schätzchen,
Ungehört nicht von dir fort;

35
Nur ein Fünfminutenschwätzchen –

Und ich gehe, auf mein Wort!
Ruhig bin ich und vernünftig,
Und mein Unrecht reut mich schwer;
Glaube mir, ich werde künftig

40
Dich erzürnen nimmermehr.«


Tritt denn ein! rief ich der Liebe,
Die mich störte, unwirsch zu;
Aber mach es kurz, Verehrte,
Und dann lasse mich in Ruh!

45
Doch kaum steht sie auf der Schwelle,

Schliesst die Thür sie hinter sich,
Spricht: »Für alle weitern Fälle,
Die den Schlüssel führt, bin ich.

Was? dich reut’s, dass aufgeschlossen

50
Du die Thüre? Ohne mich

Kannst du leben! Narrenpossen!
Bester Schatz, ich kenne dich!
Hat man jemals hören müssen
Von der Jugend solch ein Wort?

55
Aber, traun, du sollst es büssen,

Und ich bleibe, dir zum Tort.

Ja ich bleibe! Ihre Rechte
Opfert nicht die schlecht’ste Frau,
Und die meinen, – nun ich dächte,

60
Sind bekannt dir sehr genau.

Drum am besten ist’s, wenn gütlich
Du des Streites dich begiebst;
Sieh, du bist schon ganz gemütlich,
Und bei dir ist’s – allerliebst!«


Richard Leander.



Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 323. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/329&oldid=- (Version vom 31.7.2018)