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Verschiedene: Die zehnte Muse

Da hat sich einer aufgemacht,

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Ein Knappe keck und munter,

Der stieg beherzt vor Mitternacht
Ins Gruftgewölb’ hinunter,

Und stellte einen – Spuknapf hin.
Da endete das Grausen,

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Der Raubgraf blieb von nun ab drin

Und spukte nicht mehr draussen …


Otto Sommerstorff.




Die Gänsehüterin.

Fette Gänse, gross und klein,
Watscheln auf der Wiese,
Einwärts trippelt hinterdrein
Die Zigeunerliese.

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Ach, sie weint gar bitterlich,

Senkt den Kopf zur Erde!
Ja, was hilft’s auch, wenn man sich
Abplagt mit der Herde!

Als sie an der grünen Heck’

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Ihre Gänse zählte,

Merkte sie – o grosser Schreck! –
Dass die schönste fehlte.

»Weshalb weinst Du!« fragt sie dort
Mild der Herr des Schlosses.

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»Hu! – ein – Gäns – chen ist – mir fort,

Hu ein schönes grosses!

Welch ein Braten fest und fein,
Wäre draus zu rösten!« –
»Nun, so will ich Dir verzeihn,

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Magst Dich, Kleine, trösten!« –


»Nutzt nichts! Vater wird mich hau’n,
Denn er that befehlen,
Grad’ dies Gänschen sollt’ ich schau’n
Für uns wegzustehlen!« –


Marie von Ernest.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 344. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/350&oldid=- (Version vom 1.12.2022)