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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/200

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... Im Kupferstich-Kabinet bitte ich mir Cranachsche und Burgkmayrsche Holzschnitte, welche mir bei meiner Luther-Komposition etwa dienen könnten, herauszulegen. In der Arnoldschen Kunsthandlung lasse ich mir einiges dahin Einschlagende zeigen und nehme mir ein Blatt von Schwerdgeburth[1], das den Reichstag von Worms darstellt, mit nach Haus. Die ersten Linien zu meiner Komposition werden dann bald gezogen, und nach dem Mittagessen, welches ich heute bei Graf Bose einnahm, einige Gestalten in feste Formen gebracht. Bei viel Bedeutungs- und Charaktervollem, das gegeben ist durch den Gegenstand, fehlt es auch nicht an Dingen, die eine freie eigenthümliche Gestaltung in der Anordnung hindern. Die Formen müssen hier und da unter die Formalitäten sich beugen ...

5) Samstag ... Indem ich die gestern hingeworfene Skizze aufnehme, beginne ich nun heute in der Frühe einen größeren Entwurf, in welchem ich die Gestalten feststelle und die Vertheilung derselben nach Maßgabe des vorgeschriebenen Raumes vertheile [so!]. Die Darstellung muß eine reiche werden, wenn man nur nothdürftig die Personen unterbringen will, die geschichtlich bedeutend sind, und den „Reichstag“ zu charakterisieren beabsichtigt, der eben unter einer kleinen Versammlung sich nicht anschaulich machen läßt ... 12 Uhr Galerie-Kommission ... Außerdem findet eine lebhafte Unterhaltung statt über die Prinzipien, welche uns bei der Bilderauswahl zum Verkauf geleitet haben, wobei ich Gelegenheit nehme, darauf hinzuweisen, daß ich bei dem Antritt meines Amtes das konservative Prinzip mir zur Richtschnur genommen (worüber unter meinen Schriften in den Akten Belege sich befinden). Meine verehrten Kollegen maßten sich manchmal ein Richteramt an, und Quandt und Bendemann verurtheilten ein Drittheil der Galerie etwa zur Ausweisung. Aber auch Hübner, der jetzt eine starke Schwenkung zur konservativen Richtung gemacht hat, neigte nach jener Sekte und meinte noch vor Jahr und Tag, man solle auch einige bessere Bilder weggeben, um die Kauflustigen zu reizen ... Dann kommen noch einige Besprechungen über die Waagen-Schäferschen Entdeckungen vor, und Hübner giebt zu, daß das bisher als Holbeins Werk angegebene weibliche Portrait, das in die neue Aufstellung der Madonna übergegangen, kein Werk dieses Meisters sein dürfte. – Der heutige Anzeiger bringt einen kurzen, aber den Nagel recht auf den Kopf treffenden Artikel gegen das Hübnersche Projekt zur Ausmalung der Treppenhalle und des Korridors des Museums. Der Artikel muß von einem ganz Kundigen geschrieben sein und wird Hübner ärgern ...

6) Sonntag ... Zum Thee sind sämmtliche Mittagsgenossen vereinigt. Ludwig war vorher im Theater ... Nach dem Thee nimmt Gey das Wort, um gegen Richard Wagner in die Schranken zu treten. Ludwig begegnet ihm mit großer Ueberlegenheit, dabei mit Ruhe und liebenswürdiger Mäßigung.

7) Montag. Großes Gesuch um Verlängerung seines Stipendiums liegt mir vor. Ich lese es mit größter Befriedigung. Auch er hat in Italien den richtigen Weg gefunden und bekennt sich entschieden zu der Richtung, welche die Genossen des Cornelius und Overbeck eingeschlagen haben. Bei seinem großen Talent wird es nicht an trefflichen Leistungen fehlen. Bis jetzt hat er die Zumpesche Arbeit „Christi Einzug“ noch lange nicht erreicht ... Da dieses nicht der Fall [daß meine Gegenwart im Museum nöthig ist], wende ich mich nach der Stadt, um im Arnoldschen Kunstladen die Komposition Jacobs[2] (Luther vor Karl V.) zu sehen. Es ist ein fades Bild[3], es fehlt nur der Tisch mit Chokolade. Der Kaiser ist, was ich eigentlich nur wissen wollte, hier im vollen Kaiserornate dargestellt, während ich in diesem Stück Schwerdgeburth gefolgt bin, welcher den Kaiser in seinem gewöhnlichen Galakleid dargestellt hat ...

8) Dienstag ... Im Dresdner Journal ist ein langer Artikel von Clauß über das Hähnelsche Projekt für die Ausschmückung der Loggia des Museums[4]. Die Erfindung ist höchst geistreich, der Schmuck hat zunächst einen dekorativen Zweck, obwohl die Darstellungen, die in die Kuppeln verlegt sind, gewiß den höchsten Anforderungen künstlerischer Bedeutsamkeit genügen würden. Die von Deutsch ausgeführten Kompositionen berechtigen zu solchen Erwartungen ...

11) Freitag ... Museum. Herr Schulgen aus Paris. Derselbe versorgt 800 Abnehmer meiner Bibel mit den bestellten Exemplaren und ist sehr dabei interessiert, daß das Werk rasch beendigt werde. Er theilt mir dieses mit, jedoch als ein Mann, der Einsicht hat, und läßt sich durch meine Erklärung über die Führung des Werks beruhigen. – Nachmittag. Sitzung des Akademischen Raths ... Auch das Gepräge der neu herzustellenden Zweithalerstücke kam zur Besprechung in Folge einer Eröffnung seiten des Finanzministeriums. Es wird Professor Hähnel ermächtigt, den an ihn zu verweisenden Medailleur zu instruieren ...

12) Samstag. Brief von Stadtrath Carl Lampe. Ich werde, obwohl in zarter Weise, dennoch gemahnt

an die versprochene Lieferung der Zeichnungen zum


  1. Karl August Schwerdgeburth, Kupferstecher, geb. 1785 in Dresden, gest. 1878 in Weimar.
  2. Paul Emil Jacobs, Historien- und Bildnißmaler, geb. 1802 in Gotha, gest. daselbst 1866.
  3. Im Stralsunder Rathhause.
  4. Dresdner Journal Nr. 105 u. 106 vom 6. u. 8. Mai 1860.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/200&oldid=- (Version vom 11.9.2024)