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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/215

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den Anfang einer Reihe von kleinen Zeichnungen, die ihn in seinen Hauptrollen darstellen sollen, bilden und sein Weihnachtsgeschenk sein werden ...

19) Mittwoch ... Dann Besuch bei Ludwig und Malvina ... Der Erstere hat heute sein Concert bei Herrn von Lüttichau, wo er den Beethovenschen Lieder-Cyklus „an die ferne Geliebte“ singt ... Heute war auch die Weihnachts-Generalversammlung des Kunstvereins, bei welcher vermuthlich einige Wahlkämpfe vorgekommen sein werden. Obwohl ich Baudissins Ansichten über die Zustände des Vereins theile, enthalte ich mich der Theilnahme an dem Kampfe, da ich mich von diesem Verein definitiv zurückgezogen habe und mich mit der Bezahlung meiner Actie begnüge.

20) Donnerstag. Ich widme mich einige Stunden dem Lutherbilde. Die Veränderungen, welche ich vorgenommen habe, thun sehr gut. Ich hoffe gleich nach Neujahr zu meiner Farbenskizze übergehen zu können ... Ludwig ist von seinem gestrigen Concert bei Herrn von Lüttichau nicht sehr erbaut. Die eingeladenen Künstler werden in ein Extrazimmer eingeführt, aus welchem die bei der Ausführung der Musikstücke Mitwirkenden jedesmal in den Saal einzutreten haben. Aus dem großen Saal, wo fast lauter Damen ... sich befinden, kommen einzelne Herren zur Unterhaltung in das Künstlerzimmer. Ludwig ist es von Karlsruhe her anders gewöhnt ...

21) Freitag ... Gegen 4 Uhr mache ich Rietschel einen Besuch. Ich finde ihn recht schwach und verfallen. – Um 5 Uhr haben wir Sitzung des Akademischen Rathes. Es kommen mehrere Gegenstände von Bedeutung vor, unter anderm die Wahl eines der Schillingschen Entwürfe zu dem Schmuck der Terrassentreppe, bei welcher der König mehr für die Darstellung der Tageszeiten zu sein scheint ...

22) Samstag. Meine Exemplare der letzten zwei Lieferungen meiner Bibel sind angekommen ... So ist denn die Bibel in Bildern fertig. Wie oft dachte ich beim Beginn der Arbeit mit Zagen an die Möglichkeit, daß ich wegen meines Augenleidens das Werk nicht werde beendigen können. Und nun ist’s doch zu Stande gekommen. Gott sei Preis und Dank dafür! Es macht mir nun große Freude, die letzten Lieferungen der Luxus-Ausgabe in das betreffende Exemplar einzuordnen. Die Abdrucke auf chinesischem Papier nehmen sich ungleich schöner aus als die ohnehin weniger sorgfältig gedruckten auf weißem Papier ...

23) Sonntag ... Ich bringe am Vormittag eine kleine Zeichnung für Ludwig zu Stande, welche die Reihe von Darstellungen eines Theater-Albums eröffnen soll. Ich will nämlich nach und nach Ludwig in jeder seiner Hauptrollen in einer entsprechenden Situation zeichnen Das erste Bild stellt ihn als Lohengrin dar, wie er von dem Schwane Abschied nimmt ...

24) Montag ... Ich beendige noch eine zweite Zeichnung zu dem für Ludwig bestimmten Theater-Album, in welchem er als Raoul (Hugenotten) dargestellt ist ... Wir trennen uns gegen 11 Uhr nach einem sehr glücklich durchlebten Tage. Gott erhalte uns unser Glück!

1861.

Januar.

1) Dienstag ... Ein Extrablatt des Dresdner Journals bringt die Nachricht, daß der König von Preußen im Sterben liegt ... Morgen wird Preußen einen neuen König haben. Seine nächste Aufgabe wird sein, Deutschlands „Schwert“ zu sein.

2) Mittwoch ... Napoleon hat die Begrüßungen des Diplomatischen Corps mit friedlichen Worten erwidert. Indessen ist es traurig genug, daß man auf die Worte eines einzigen – ohnehin fremden – Herrschers so viel Gewicht legen muß ...

3) Donnerstag. Die Schreibereien nehmen bei mir kein Ende ... Heute lasse ich mich aber nicht abhalten, an meiner Luther-Zeichnung zu arbeiten. Ich gebe die Schattenmassen, mithin die Lichtwirkung, mit Tusche an und vergegenwärtige mir auch mit etwas Farbe die malerische Haltung des Bildes. Ich bin im Zuge und freue mich auf die Arbeit ... Abends Kränzchen bei Langbein ... Andreä giebt uns einen Ueberblick über einen Theil des Grimmischen Buches über Michael Angelo, nachdem er seine eigene Ansicht über das Verhältniß der italienischen zur deutschen Kunst, die mit der von Grimm aufgestellten nicht übereinstimmt, in sehr ansprechender Weise aus einem Manuskript uns zur Einleitung giebt ...

6) Sonntag ... Es wird heute abermals die Hermann-Schlacht von Kleist aufgeführt ... Das Stück ist sehr interessant und wird vortrefflich gegeben. Dawison und die Bayer sind ausgezeichnet. Der Beifall des Publikums ist sehr warm und bei den Stellen, welche sich auf unsere vaterländischen Verhältnisse beziehen lassen, stürmisch ...

13) Sonntag ... Von [dem Landbaumeister] Hänel gehe ich zu Richter (Ludwig), um wegen der Ausstellung in Antwerpen in den Lokalitäten des Cercle artistique mit ihm zu reden. Richter ist ebenso wenig wie Rietschel im Stande, etwas Wesentliches für die Sache zu thun, und er ermächtiget mich, auch in seinem Namen zu schreiben und Fraustadt von der Unausführbarkeit der Sendung zu benachrichtigen ...

14) Montag ... Der Postbote bringt ein Schreiben nebst einem Packet aus Göttingen, durch welches eine ganz unerwartete Freude und Ehre mir bereitet ist.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/215&oldid=- (Version vom 13.9.2024)