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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/257

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lesen“. So erhält diese Bibliothek auch nach Tiedges Tode zu meinem Andenken die Briefe unsers hochverehrten seeligen Präpositus Neanders[1]. Diese geistreichen Briefe des edeln Greises stellen es dar, wie hell der Verehrte über alle Zweige der Litteratur dachte und wie wohlthätig dieser erhabene Gottesgelehrte auf mein damals schwärmerisches Gemüth wirkte. Könnte Freund Tiedge sich noch während seines Lebens von unsers Neanders Briefen trennen, so würde es mir lieb seyn, daß die Bibliothek der Kurländischen literärischen Gesellschaft früher zum Besitze der Briefe unsers Neanders käme.

Nr. 25. Im Paragraph Nr.21 habe ich den Wunsch geäußert, falls meine Freunde Falkenstein und Chalibäus aus den Bruchstücken, die sich unter meinen Papieren über den schädlichen Einfluß der Jesuiten vorzüglich auf geheime Gesellschaften finden, diese Freunde, auch durch ihre Erfahrungen, einen warnenden Aufsatz für unsre Zeitgenossen könnten drucken lassen, diese Freunde alle meine Briefschaften benutzen können. Dann aber wünsche ich, daß Freund Hase, wenn diese Papiere benutzt sind und auch er sie durchblättert hat, alle Briefe der Gelehrten zu meinem Andenken der Mitau’schen Bibliothek der literärischen Gesellschaft zustellen möge.

Nr. 26. Meines Freundes, Geheimerath von Feuerbachs Briefe[2] erhält meine geliebte Pflegetochter Mathilde Haupt sogleich nach meinem Tode als ihr Eigenthum.

Nr. 27. Die unter meinen Briefschaften vorhandenen Briefe meines Freundes Pleißner, Prediger auf Löbichau, erhalten Pleißners Söhne zum Andenken ihres höchst verehrungswürdigen Vaters mit dem Wunsche: werdet wie Euer Vater ist.

Nr. 28. Noch sind in den in Pappdeckeln gehefteten Briefen mehrer Gelehrten auch Briefe von meinem nun auch verstorbenen Freunde Hofrath Parthey[3] vorhanden, deren manche höchst interessant sind, vorzüglich die Briefe, welche Parthey mir auf seiner Reise durch die Schweiz und Frankreich nach dem Tode meines unvergeßlichen Bruders Friedrich geschrieben hat. . . .

Hat Tiedge keine Briefe von Alxinger[4], von Cajetan Weiller[5], von Jean Paul, von Trapp[6] und anderen Gelehrten drucken lassen, so kann Freund Hase vielleicht eine Sammlung dieser Briefe in einem Bändchen drucken lassen, weil sie den Stand unserer Literatur vom vorigen Jahrhundert darstellen und zeigen, wie der Geist der Wahrheit auch da gegen Wahn und Irrthum zu kämpfen hatte. Parthey's Briefe verbrennt Freund Hase, wenn er sie gelesen hat, weil diese Briefe oft Familien-Verhältnisse berühren, von welchen ich wünsche, daß sie vergessen werden. Alle andere Originalbriefe von Gelehrten, auch die wenigen Briefe vom verehrten Bischof von Tarent[7], der so väterlich gegen mich gesinnt war, erhält die literärische Gesellschaft zu Mitau zu meinem Andenken.

Nr. 29. Zwei meiner beinah gleichlautenden Gedankenbücher[8], in welchen ich von Zeit zu Zeit meine Gedanken niederschrieb, hinterlasse ich meinen geliebten Zöglingen August und Theodor Pappermann, als Wegweiser, die es ihnen zeigen, was sie im Leben zu vermeiden haben und welche Eigenschaften zu erlangen sie sich bestreben müssen, wenn sie einen edeln, sichern Gang durch das wandelbare Leben gehen wollen. . . . So bekommt August auch noch ein sehr altes Buch, in welchem ich seit mehr als 50 Jahren Auszüge aus fremden Schriften hineinschrieb, und in späteren Jahren von andern Händen Stellen, die mir gefielen, abschreiben ließ. Theodor erhält das neue Testament in kleinem Formate, welches auf meinem Schreibetische liegt und welches mich auf meinen Reisen begleitet. Manche Stellen habe ich in dieser kleinen Bibel angestrichen und hinterlasse meinen beiden Zöglingen hiermit den Rath, stets nach hellen Religionsbegriffen zu streben und die Lehre des Apostels zu befolgen: prüfet Alles und das Beste behaltet. Heilig sey Euch, meine geliebten Zöglinge, die so einfache Lehre


  1. Chr. Fr. Neander, Pastor in Kurland, ein Freund Elisas, von dessen Leben sie 1804 mit Tiedge zusammen eine Skizze herausgegeben hat.
  2. Tiedge und Elisa hatten im Jahre 1815 Anselm Ritter von Feuerbach, den berühmten Kriminalisten (geb. 1775 bei Jena, gest. 29. Mai 1853 in Frankfurt am Main) in Karlsbad kennen gelernt und waren mit ihm in lebhaften Briefwechsel getreten Auch später trafen sie in böhmischen Bädern und Löbichau mit ihm zusammen. Feuerbachs Briefe sind in seinem von Ludwig F. herausgegebenen biographischen Nachlaß, Bd. I und II, Leipzig 1855 abgedruckt.
  3. Ueber Elisas Freundschaftsverhältniß zu Friedrich Parthey in Berlin, Inhaber der Nicolaischen Buchhandlung daselbst, handelt ein größerer Abschnitt in Elisa von der Recke, Bd. II.
  4. Joh. Bapt. von Alxinger, geb. 24.Jan. 1744 in Wien, Sekretär des k. k. Theaters, gest. 1. Mai 1797, dichtete in Wielandischer Art zahlreiche Ritterepen.
  5. Ein liberalgesinnter katholischer Geistlicher, geb. 2. Aug. 1761, gest. 1826 zu München, der durch zahlreiche theologische, philosophische und pädagogische Schriften vermittelnd wirkte.
  6. F. Chr. Trapp, geb. 1745, gest. 1818, ein philanthropinischer Pädagoge, Freund Campes, erst in Hamburg, dann in Wolfenbüttel. Elisa hat mit ihm viel persönlich, lange schriftlich verkehrt.
  7. Um 29. Mai 1805 war Elisa auf ihrer italienischen Reise zu Neapel das erste Mal mit Monsignore Capece-Latro, Erzbischof von Tarent, zusammengekommen. Er war äußerst liberalgesinnt, hatte sogar die Ehelosigkeit der Priester kräftig, eindringend und gründlich überzengend bekämpft. Auch Herder, der mit ihm in Neapel zusammengekommen war, blieb mit ihm in Verbindung; er nannte ihn einen „geborenen Protestanten“. Siehe über ihn: Elisa von der Recke, Tagebuch einer Reise durch einen Theil Deutschlands und durch Italien. Berlin 1815, Theil III, 55 f.
  8. Eins dieser Gedankenbücher wird im Körner-Museum aufbewahrt.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/257&oldid=- (Version vom 20.10.2024)