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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/258

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der innern Glückseligkeit des göttlichen Menschenfreundes Jesu, heiliger als alles, was die Dogmatiker aus dem neuen und alten Testamente herausgegrübelt und hinein spintisiret haben. Haltet Euch nur fest an unsers Heilandes Lehren, der dieses so oft wiederholte: Liebet und vertrauet Gott über Alles, Euern Nebenmenschen aber liebet, wie Euch selbst.

[Nr. 30 enthält Bestimmungen über Gewährung von Reisegeldern an die von auswärts kommenden Theilnehmer am Begräbniß u. a.]

Nr. 31. Meinem treuen Diener Pappermann mache ich es zur Pflicht, daß, so wie die Anordnung meiner Beerdigung in meiner Todesstunde verlesen worden ist, er durch einen Chäsenträger seinen beiden Söhnen die Nachricht meines Todes melden und es fordern soll, mit der Eilpost nach Dresden zu kommen, um der Beerdigung meines Leichnams beizuwohnen, und wenn sie dann die entseelte Hülle ihrer Pflegemutter zum letzten male sehen, der Mund dieser Todtengestalt nicht mehr zu ihnen sprechen kann: da gelobe es August und Theodor, daß sie sich, so lange sie leben, täglich prüfen wollen, ob sie auch nach denen ihnen seit ihrer zartesten Kindsheit eingeflößten Grundsätzen ihr Gemüth immer mehr zu veredeln suchten, nach nützlichen Kenntnissen strebten, diese für das Wohl ihrer Mitmenschen ohne Dünkel und Eigensucht anwendeten? Wenn meine Hülle in die Erde versenkt ist, die Augen aller meiner geliebten Pflegekinder meine Gestalt nicht mehr sehen können, mögen diese, mögen meine Freunde und selbst meine Dienerschaft auch dann sich meiner liebend erinnern und nachdenken, ob mein Wandel mit den Belehrungen, die ich denen gab, welche meiner Sorgfalt anvertraut waren, auch übereinstimmten. Mögen alle meine Lieben meine letzte Bitte erfüllen und den Rest ihres Erdenlebens nicht freudenleer dahin wallen, weil die Vorsehung mich ihnen für diese Welt entnommen hat.

Nr. 32. Mein Testament machte ich mit Zuziehung eines geschickten, redlichen Advocaten; aber in diesem meinem eigenhändig niedergeschriebenen Codezille zog ich bloß mein Herz und mein Gefühl von Recht und Billigkeit zu Rathe. Doch wiederhole ich die Bitte, daß mein verehrter Freund und Curator Hofrath von Langenn als Executor meines letzten Willens nach meinem Begräbniß alle meine hierbestimmten Vermächtnisse auszahle.

Sollte dieser mein Freund abwesend seyn, dann tritt mein Freund Hofrath Hase an unsers edeln Langenns Stelle, erbricht und liest gleich nach meinem Tode, neben meiner entseelten Hülle, in Gegenwart meiner geliebten Pflegetochter Mathilde Haupt und meinen guten Pappermanns die meinem Codezille beigefügte Verordnung, wie ich will, daß es mit meiner entseelten Hülle gehalten werden soll.

Ich weiß es, daß mein Codezill nur als ein Gespräch zu betrachten ist, in welchem ich meinen Freunden meine letzten Wünsche und letzten Willen bekannt mache. Wüßten meine Lieben es, wie wohl mir in meiner Seele wurde, als ich in meiner sehr kranken, schwerleidenden Hülle diese meine Verordnungen niederschrieb, sie würden es mir verzeihn, daß meine Anordnungen so weitläufig geworden sind.. . .

Und nun noch eine Bitte, an alle meine innigstgeliebten Verwandten und Freunde, keiner lege ein Trauerkleid an, wenn mein Geist von seiner leidenden Hülle entfesselt seyn wird.

     Dresden, den 28. Februar 1832

(L. S.)      Charlotte Elisabeth Constanzia von der Recke geborene Reichsgräfin von Medem.

(L. S.) Dieser zweite Siegel hat die Inschrift: Je me porte bien et vous aime, und ist auf einem goldnen Etuie mit einer Urne gestochen. Dies Etuie habe ich von Holtey[1] aus Saticken zum Geschenk und es stets bei mir getragen. Nach meinem Tode erhält Holtey’s Sohn, mein Pathe Carl, dies Geschenk seines edeln Vaters zurück.

Elisa.

Dresden, den 4. August 1832. Am Sterbetage meines im Jahre 1785 mir und meinem geliebten Geschwister durch den Tod uns entnommenen hochverehrten seligen Vaters. An diesem Tage prüfe ich mich stets, ob ich im verflossenen Jahre so gehandelt habe, daß ich mich fortdauernd des Segens dieses Edeln freuen kann? ob ich meinem Geschwister und deren mir so lieben Kindern Beweise treuer Liebe gegeben habe?

Bei Errichtung meines Testaments und Niederschreibung meines Codezills handelte ich auch nach dem Zwecke, meinem Geschwister und deren Kindern Beweise meiner Liebe und Hochachtung zu geben. Da alle Nachkommen meines edeln Vaters sehr wohlhabend sind, so konnte ich diesen keinen größeren Beweis geben, daß ich sie liebe und ehre, als indem ich ihnen nur Andenken hinterlasse, die mir im Leben so lieb waren, und mein größtentheils wohlerworbenes Vermögen unter denen vertheile, die mir treue Liebe bewiesen, die bedürftig sind und für die ich Pflichten übernommen habe. Mein nun einziger innigst geliebter Bruder, der mit so vielen verwickelten sehr großen Geschäften belastet ist, diesem meinem geliebten Johann[2] konnte ich es um so weniger übertragen, der Spender meiner Legate zu werden, da es bei diesem bald 70 jährigen edlen Greise ein langes fortgesetzt schmerzhaftes Gefühl geworden wäre, sich dessen zu erinnern, daß der Tod ihm 4 geliebte Geschwister


  1. Ueber ihren Jugendfreund Dietrich von Holtey siehe Elisa von der Recke, Bd. I, S. 453.
  2. Graf Johann von Medem, geb. 1763, Stifter der Linie Elley, starb 1838.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/258&oldid=- (Version vom 20.10.2024)