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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/273

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später wegen Erblindung sein Amt niederlegen mußte. An der Schule in Altendresden wird bis 1603 Johann Schindler, ein ungeschickter lateinischer Dichter, dann bis 1616 Gregor Müsbach erwähnt.

Einigermaßen hervorragende Geister waren nur Simon und Füger. Simon[1] stammte aus Dresden, studirte in Leipzig Theologie, kehrte dann in seine Vaterstadt zurück, heirathete die Tochter des später noch zu erwähnenden Buchdruckers Matthes Stöckel und wurde als Lehrer an der Kreuzschule angestellt. 1591 ernannte ihn der Rath zum Nachfolger des Rektors Caspar Panicius, der während der damals ausgebrochenen Kalvinistenverfolgung in den Verdacht gerieth, unrichtige Ansichten über die Ubiquität des Leibes Christi zu hegen, und deshalb aus der Stadt weichen mußte. Simon hat sein Amt 33 Jahre lang mit Treue und Gewissenhaftigkeit versehen und wird als Mann von Würde, Sittenstrenge und ausgebreiteter Bildung gerühmt. Von seinen Schriften sind zwei noch heute von Interesse: ein Beitrag zur Geschichte der Kreuzschule[2] und eine Lobrede auf seine Vaterstadt[3]. Diese Rede wurde in der Schule in Anwesenheit der Rathsherren gehalten. Der Verfasser schildert zunächst kurz die Lage der Stadt, ergeht sich dann in Vermuthungen über den Ursprung des Namens, handelt hierauf nicht ohne erhebliche Irrthümer von der Gründung und allmählichen Entwicklung des Gemeinwesens, von den regierenden Fürsten und Bürgermeistern, von der Bauweise und Befestigung, von den Thoren und den wichtigsten Bauwerken, beschreibt weiterhin die Elbe und die Weißeritz, die er Albua nennt, und lobt endlich in höflichen Worten den Charakter der Bürger, die Stadtverwaltung und das Kirchenwesen.

Sein Kollege Caspar Füger, der ebenfalls aus Dresden stammte, war ein Sohn des oft mit ihm verwechselten gleichnamigen Hofpredigers der Herzogin Katharina von Sachsen, der Mutter der Kurfürsten Moritz und August, der als Dichter einen gewissen Ruf genoß und dessen Kirchenlied „Wir Christenleut“ noch jetzt im Landesgesangbuch steht. Der Sohn besuchte die Fürstenschule zu Meißen, wo der Kantor Wolfgang Figulus seine Begabung für Musik erkannte und ihn ausbildete. Nachdem er in Leipzig Theologie studirt hatte, erhielt er 1585 die Kantorstelle an der Kreuzschule, doch wurde ihm bereits im folgenden Jahre gekündigt, da er die unterdeß zu maßgebendem Einfluß gelangte Philippistenpartei durch unvorsichtige Schmähungen gereizt hatte. Nach dem Sturz der Kalvinisten rief man ihn 1591 zurück und übertrug ihm das Konrektorat. 1605 ging er ins geistliche Amt über und wirkte bis zu seinem Tode als Diakonus an der Kreuzkirche. Man hat von ihm noch einige Kompositionen, die er als Student in Gemeinschaft mit seinem Vater herausgab[4].

Neben der großen Zahl von Theologen lebten in Dresden zu Anfang des 17. Jahrhunderts nur wenige einigermaßen namhafte Vertreter der übrigen Wissenschaften. Unter den Juristen werden erwähnt Burkhard Reich aus Meißen, der 1568–1603 Oberstadtschreiber war und im Rathe saß, auch 1589 zum Bürgermeister gewählt, aber vom Kurfürsten nicht bestätigt wurde, dann Jonas Möstel aus Weida in Thüringen, der seit 1585 als Unterstadtschreiber diente und seit 1599 dreimal das Amt des Bürgermeisters bekleidete, endlich Hans Blansdorff aus Jahna, der seit 1579 im Rathe saß, 1589 von Christian I. an Stelle des eben genannten Reich willkürlich als Bürgermeister eingesetzt wurde und diese Würde auch später noch wiederholt bekleidete.

Unter den Medizinern ragt hervor Caspar Kegler[5], der 1594 als Stadtphysikus von Weißenfels nach Dresden berufen und später auch zum Hofmedikus ernannt wurde. Seine Hauptthätigkeit fällt in die Zeit der großen Pest des Jahres 1607, doch erwarb er sich so wenig das Vertrauen seiner Mitbürger, daß man ihm bereits 1608 einen Substituten in der Person seines Kollegen Matthias Stein an die Seite stellte und ihn 1612 entließ. In der Geschichte der Medizin hat er einen gewissen Ruf erlangt durch sein für jene Zeit äußerst charakteristisches Pestbüchlein[6], das eine seltsame Mischung von ärztlicher Wissenschaft und Charlatanerie bietet. In der Einleitung stellt er zunächst die Pest als eine Strafe Gottes für die von Tag zu Tag zunehmende Sündhaftigkeit der Menschen hin, dann schildert er die Vorzeichen und den Verlauf der Krankheit. Als Vorbeugungsmittel empfiehlt er nächst wahrer Reue und Buße zur Besänftigung des göttlichen Zornes hauptsächlich Räucherungen zur Verbesserung der Luft, Purgirungen zur Abführung der verdorbenen Säfte und Aderlässe oder Schröpfköpfe zur Ausscheidung des vergifteten, zur Entzündung geneigten Geblüts. Zum Purgiren preist er in marktschreierischer Weise die von ihm selbst erfundenen und verkauften Pestilenzpillen an. Wer an der Pest

Anmerkungen

  1. Daniel Traugott Müller, De rectoribus scholae nostrae Crucianae, Dresdae [1770], S. 13f.
  2. Oratio de praecipuis beneficiis, huc usque in scholam Dresdensem a Deo collatis, Dresdae 1619.
  3. Vgl. Anm. 3.
  4. Christliche Verß vnd Gesenge Lateinisch vnd deudsch ... Auff Fünff Stimmen Componirt, Dresden 1580.
  5. Lebensnachrichten über ihn finden sich in der Schrift von Paul Laurentius, Eine Leichpredigt, Bey dem ... Begrebnüs ... Magdalenen ... Caspari Keglers ... Haußfrawen [Dresden 1612].
  6. Ein Regiment, durch Doctorem Casparum Kegeler gemacht, darinnen angezeiget, wie man sich für der erschrecklichen seuche der Pestilentz praeseruieren vnd bewaren, vnd do eins dardurch inficieret oder vergifftet wurden, wie man dem mit außerlesenen Medelen vnd Ertzneyen zn hülff kommen und vermittelst Göttlicher Hülffe zu seiner vorigen gesundheit wiederbringen vnd ihn retten soll ... Dresden 1607.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/273&oldid=- (Version vom 10.10.2024)