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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/286

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Der Brückenamtsverwalter Bürgermeister Bormann verfügte deshalb im Jahre 1770, daß in Zukunft nur das für den eigenen Verbrauch der Fleischer, aber nicht das zur gewerbsmäßigen Verwerthung bestimmte Vieh die Brücke zollfrei sollte passieren dürfen. Mit ihrem Widerspruche erreichten die Fleischer nichts weiter, als daß man sich dazu verstand, ihnen ein Firum zu bewilligen. Sie boten 10 Thaler jährlich, das Firum wurde aber auf 15 Thaler und, als es sich nach einigen Jahren als zu niedrig bemessen erwies, auf 20 Thaler festgesetzt[1].

Zur Erhebung des Brückengeldes diente das auf der Brücke ungefähr in der Mitte, an der mittelsten Zug brücke befindliche Zollhaus. In den aus dem 17. Jahrhundert stammenden Akten wird es in der Regel als „Hutterhaus“ bezeichnet, und zwar weil der Zöllner regelmäßig ein Hutmacher war, für den im Zollhause eine Werkstatt eingerichtet war. Als Grund wird angegeben, daß der Zöllner von seinem Lohn, der in früheren Zeiten 6 Groschen 2 Pfennig, im 17. Jahrhundert 11 Groschen 8 Pfennig wöchentlich betrug, sich nicht erhalten könne, weshalb von langen Zeiten ein Hütter dazu gebraucht worden sei, der neben seinem Handwerke auf die Durchfahrenden und Treibenden am füglichsten achten könne[2]. Aus dem Jahre 1619 ist uns überliefert, daß ein Bürger und Hutmacher Hans Penzell das Amt bekleidete; im Jahre 1651 wird das Amt dem „Hütter“ David Fischer übertragen und nach dessen im Jahre 1660 erfolgten Tode bewarb sich ein Hutmachermeister Christian Eckart um das Amt, indem er als Beweis seiner Tauglichkeit anführte, er habe bei dem verstorbenen Meister Fischer nicht allein über ein ganzes Jahr lang gearbeitet und daher, wie es mit Abwartung der Zolleinnahme gehalten werde, gute Wissenschaft, sondern auch dessen Vorgängers Matthes Zschiederichs Hutmachers Tochter geheirathet[3]. Hiergegen ließ sich nichts einwenden und so erhielt Eckart das Amt, mußte es aber 1684 wieder aufgeben, weil auf kurfürstlichen Befehl das Hütterhaus weggerissen und dafür eine steinerne Batterie gebaut wurde, die zwar auch Räumlichkeiten für den Zöllner, aber augenscheinlich keine Hutmacherwerkstatt mehr enthielt. Der Nachfolger Eckarts war ein Barettmacher Christian Dietrich, der wohl seinem Handwerke in den neuen Räumen nachgehen konnte. Bezüglich seiner Nachfolger Kaspar Truz, 1721, Johann Bechlin, 1751 und Johann Christoph Grahl, 1760, geben die Akten keinen Aufschluß, ob sie außer der Brückenzolleinnahme noch ein Nebengeschäft trieben, bez. welches. Als Grahl im Jahre 1787 verstorben war, wählte der Rath zum Brückenzolleinnehmer den Wagenpfennigeinnehmer Karl Friedrich Günther, und zwar unter Belassung seines bisherigen Amtes, indem die Brückenzolleinnahme mit der Niederlags- und Wagenpfenniggelder. Einnahme zu Neustadt verbunden wurde; nur das Elbgetreidemessen, wozu sich Günther infolge eines Bruchs nicht mehr fähig fühlte, wurde ihm abgenommen. Die späteren Brückenzolleinnehmer, von denen noch die Rede sein wird, find sämmtlich aus anderen städtischen Aemtern in jene Stellung gekommen.

Das Zollhaus auf der Brücke wurde bei dem großen Umbau in den Jahren 1727–1731, wie alle übrigen auf der Brücke befindlichen Baulichkeiten, beseitigt. 1728 wurde es abgetragen und der Rath miethete in dem Eckhause am Neustädter Markt, jetzt An der Augustusbrücke 2, eine Unterstube für 12 Thaler jährlich. Später, während der Amitierung des Einnehmers Grahl, wurde noch eine kleine Wohnung in demselben Hause zur Einnahme genommen, und zwar für den Miethzins von 40 Thaler, der 1780 auf 44 Thaler erhöht wurde. Letzterer, im Verhältniß zu dem wenigen und engen Gelaß ganz ansehnliche Miethzins wurde aber nur mit der Maßgabe bewilligt, daß der Miethvertrag für den jeweiligen Brückenzolleinnehmer beim Hause beständig und fortwährend verbleiben und nicht nur ohne des Brückenamtes ausdrückliche Einwilligung niemals aufgehoben, sondern auch künftigen Besitzern zur Bedingung gemacht und zu dessen Versicherung dem Brückenamte ein dingliches Recht an dem Hause eingeräumt, auch im gerichtlichen Konsensbuche angemerkt und gerichtlich konfirmiert wurde. Nachdem das Haus 1819 durch Zwangsversteigerung an einen anderen Besitzer, den Drechslermeister Johann Gottfried Knepper, übergegangen war, wurde die eingetragene Dienstbarkeit 1824 ausdrücklich erneuert. Der Brückenzolleinnehmer ist denn auch in dem Erdgeschoß des Hauses An der Augustusbrücke 2 geblieben bis zum Jahre 1872, und zwar gegen Zahlung des 1780 vereinbarten Miethzinses von jährlich 44 Thaler. Das Verlassen des anscheinend sehr geeigneten Lokals war fein freiwilliges. Das Haus, das bei der 3wangsversteigerung im Jahre 1819 für 9005 Thaler losgeschlagen worden war, war im Werthe ganz bedeutend gestiegen und man wird es dem Tapetenfabrikanten Johann Georg Knepper, der sich 1864 im Eigenthum des Hauses befand, nicht verdenken, daß er bestrebt war, für das dem Rathe überlassene Lokal einen dem Zeitwerthe entsprechenden Miethzins zu erlangen. Er forderte 200 Thaler jährlich; der Rath weigerte sich aber hierauf einzugehen, unter Bezugnahme auf die unzweifelhaft klare Rechtslage und den Umstand, daß die auf das Grundstück eingetragene Dienstbarkeit und die dadurch verursachte Werthsminderung bei den bisher vorgekommenen

Besitzwechseln unzweifelhaft in Rücksicht gezogen


  1. A. XVIII. 45.
  2. A. VI. 84b, Bl. 42 b.
  3. Ebenda Bl. 38.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 266. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/286&oldid=- (Version vom 19.10.2024)