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wurde er vom Kurfürsten an den Landgrafen von Hessen an das Hoflager zu Marburg geschickt in der Angelegenheit des dänisch–schwedischen Krieges. Da aber der Landgraf nicht da war und längere Zeit bis zur Rückkehr verstrich, so beschloß er, ihm entgegen zu reisen und ihn in Butzbach aufzusuchen, trug aber, bevor er Marburg verließ, sein Anliegen dem Herzog Wilhelm vor. Ueber diese Audienz schickte er einen eingehenden Bericht nach Dresden, der uns erhalten ist. Aus der Auffassung und Darstellung der Angelegenheit geht deutlich hervor, welche Gewandtheit er in der Behandlung diplomatischer Fragen hatte.

Es würde uns wundern, wenn er nicht auch in den theologischen Wirren, die in jener Zeit am kursächsischen Hofe eine große Rolle spielten, seine Hand im Spiele gehabt hätte. Erwähnt wird er in den krypto-kalvinistischen Streitigkeiten. Mit größter Auszeichnung hatte der Kurfürst den Pirnaer Superintendenten Dr. Stößel behandelt. Um so größer war sein Grimm, als er erfuhr, daß dieser, ursprünglich, z. B. in der Disputation zu Heidelberg, ein eifriger Verfechter streng lutherischer Lehre, seinen früheren Standpunkt aufgegeben hatte. Er sandte Jenitz nach Pirna, wo Stößel seit längerer Zeit in seiner Wohnung bestrickt war. Ob und inwieweit die kurz darauf erfolgte Enthebung des ursprünglich noch durchaus zuversichtlichen Geistlichen von seinem Amte und seine Verbannung nach Mühlberg mit Jenitz’ Bericht zusammenhing, läßt sich nicht feststellen.

Auch in die Streitigkeiten mit Jakob Andreä, die dessen Stellung am kurfürstlichen Hofe mehr und mehr erschwerten und schließlich den plötzlichen Sturz herbeiführten, bekommen wir durch Jenitz’ Briefwechsel einen Einblick. Wie hoch man den Tübinger Kanzler am Hofe schätzte, geht aus den Berichten über dessen Thun und Leben hervor, die an den Kammersekretär ergehen. Aber bald erscheinen mehr oder minder schwere Verstimmungen. Im Dezember 1578 wurde in Dresden der Synodus gehalten, der die bei Gelegenheit der Visitationen hervortretenden Schwierigkeiten zu entscheiden hatte, und der Hofprediger, M. Georg Lysthenius, sollte demselben nicht als stimmberechtigtes Mitglied, sondern als Berichterstatter für den Kurfürsten und die Kurfürstin beiwohnen. Es kam aber zwischen ihm und dem Tübinger Kanzler zu einem heftigen Streite, über den nur ungewisse Andeutungen an das kurfürstliche Hoflager in Annaburg gelangten. Lysthenius wurde von den Festpredigten entbunden, die er in der Weihnachtszeit in Annaburg hatte halten sollen. Jenitz wurde aber zu vertraulicher Berichterstattung über den Zwist aufgefordert.

Die Gesuche der Gelehrten hatte der Kammersekretär auch zu erledigen. Sie waren zum Theil durchaus vertraulicher Natur. So war der Wittenberger Poet Stigelius einst in Ungnade gefallen und suchte nun durch ein lateinisches Gedicht sich das kurfürstliche Wohlwollen wieder zu erwerben. Jenitz legte es vor. Der Kurfürst lachte und äußerte, Stigelius habe ihm die Offension um Gotteswillen abgebeten.

Nicht so schnell ließ sich des Kurfürsten Zorn gegen einen Gelehrten zweideutiger Art, Valten Merbitz, besänftigen. Er hatte ihn in Berlin kennen gelernt, wo er in Gegenwart des Kurfürsten aus Merkur Silber bereitete. Als er ihn im Jahre darauf nach Dresden kommen und seinen Versuch in größerem Maßstabe wiederholen ließ, kam kein Silber zum Vorschein. Da der Kurfürst den Entschuldigungen des Mannes keinen Glauben schenkte, sondern annahm, daß ihm der Künstler sein Geheimniß nicht verrathen wolle, so ließ er ihn auf die Bergveste Hohnstein bringen und ihn peinlich fragen. Hans Jenitz, so schrieb der Kurfürst an Merbitz, hatte den Befehl, „solches aus Dir zu bringen durch den Mester, der die Leute höcher, als auff ihre Eide pflegt zu fragen, darnach wisse Dich zu richten“. Merbitz erklärte, er habe in Berlin betrüglicher Weise das Silber und Merkur in den Schmelztiegel gethan. Zweimal gefoltert, einmal sogar zwei Stunden lang, legte er kein anderes Geständniß ab. Schließlich erklärte der Scharfrichter, er müsse aufhören, wenn ihm Merbitz nicht unter den Händen sterben sollte.

Bei seiner Bekanntschaft mit den Gelehrten erhielt er die Vermittelung aller möglichen Aufträge. Landgraf Wilhelm hatte z. B. eine Anzahl Fragestücke, die astronomische und astrologische Gegenstände betrafen, an den Kurfürsten geschickt und ihn ersucht, dieselben durch Peucer beantworten zu lassen. Dieser wurde damals wegen seiner Betheiligung an den krypto–kalvinistischen Bestrebungen zu Leipzig in der Pleißenburg in strenger Haft gehalten und gab widerwillig, nur durch eine Drohung des Kurfürsten gezwungen, sein Judicium in lateinischer Sprache ab. Die Fragen nebst Antworten wünschte der Kurfürst ins Deutsche übersetzt zu haben. Er beauftragte daher Jenitz, eine geeignete zuverlässige Persönlichkeit in Dresden ausfindig zu machen. Dieser beauftragte damit den Rektor der Kreuzschule, M.  Friedrich Zörler, und band ihm aufs Gewissen, Tag und Nacht zu arbeiten, um den Auftrag des Kurfürsten möglichst schnell zu erfüllen. Schließlich handelte es sich noch um die Gewinnung eines guten Schreibers, der orthographice und leserlich schreiben könne. Da Daniel Fischer, der dazu besonders tüchtig war, nicht in Dresden weilte, so wurde der kurfürstliche Kanzleischreiber Georg Probst dazu bestimmt, der schon die Arbeiten des Mathematikers Joachim Heller kopirt hatte. Da dieser aber durch Krankheit abgehalten war, wurde es Peter Zorn übertragen. Schließlich bat er um ein Geschenk für den Uebersetzer und Abschreiber.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/100&oldid=- (Version vom 18.4.2024)