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stehen kamen. Die „Lumagen, welches fürnehme Händler in Italien waren“, hatten sie in Frankfurt auf der Messe abgeliefert und nicht weniger als 13 Kronen dafür verlangt. – Natürlich lag dem Vorstande der Geheimkanzlei die Heranziehung junger Schreiber ob. So gewann er einen Knaben, der bisher bei dem Stadtschreiber Burkhard Reiche gearbeitet hatte und nun vom deutschen Schreiber noch besonderen Unterricht im Schreiben und Rechnen empfing.

Selbstverständlich war es, daß der Geheimsekretär von den verschiedensten Leuten angegangen wurde, die mit Gesuchen an den Kurfürsten kamen. Hatte er doch über die Supplikationen Vortrag zu halten und [WS 1] auf die Art und Weise seiner Darstellung, wie seine Befürwortung kam viel an. Da erschienen zunächst die Beamten, die ihre Berichte und Anträge einreichten und baten, daß ihre Anliegen ihrem Wunsche gemäß entschieden würden. Besonders deutlich können wir dies im Briefwechsel des Kammermeisters verfolgen. Dieser hatte zwar täglich Vortrag beim Kurfürsten. Wenn er aber in Geschäften längere Zeit abwesend war und die schnelle Erledigung seiner Anliegen wünschte, so wendete er sich an Jenitz. So war er im Jahre 1579 als Mitglied in den Ausschuß des „Tiefen Stollens“ in Altenberg gewählt worden und sollte eine Musterung des Bergwerks vornehmen. Da bat er um Auswirkung eines viertägigen Urlaubs; einen Tag brauchte er zur Reise hin, einen zurück; zwei Tage rechnete er auf die Revision. Dann wieder handelte es sich um Geldsachen. Harrer hatte von Rudolf von Bünau auf Teuchern gegen 12 000 fl. zu fordern, die Hälfte als Betrag des ihm vorgestreckten Kapitals, die andere Hälfte wegen einer Bürgschaft, die Rudolf von Bünau für den zahlungsunfähig gewordenen David von Ponickau übernommen hatte. Trotz wiederholter Mahnungen konnte der Kammermeister nicht zu seinem Gelde kommen. Dazu meldeten sich andere Gläubiger, die ihm zuvorzukommen drohten. Da faßte er den Entschluß, das Gut Teuchern als Pfand zu fordern, und stellte Jenitz die Dringlichkeit der Lage vor, da zur Einnahme des Gutes, weil einem Schriftsassen gehörig, ein kurfürstlicher Befehl gehörte.

Dann aber schickte Harrer die Gesuche anderer Bittsteller, in der Regel mit einer sachlichen Begründung. Lorenz Winkelmanns, Dieners in der Kantorei, Supplikation um Ueberlassung eines Strafgeldes wird zur Berücksichtigung empfohlen, weil er viele Kinder hat. Als der Münzdrucker Heinrich Würgler 1573 von dem Kurfürsten entlassen wurde, übergab dessen Gehilfe das Inventar. Da dieser drei Jahre auf ihn gewartet und das Werk hatte anrichten helfen, ohne etwas zu bekommen, wurde er zu einer Entschädigung empfohlen. Bisweilen trug die Empfehlung einen sehr persönlichen Charakter. Johann von Embden hatte von Merten von Miltitz auf Scharfenberg das Gut Riesa gekauft und bat den Kurfürst um Erlaß der Steuern. Jenitz wurde von Harrer ersucht, ihm möglichste Förderung zu Theil werden zu lassen. Zur Begründung fügte dieser hinzu, daß der Bittsteller „sein alter Zechgenosse sei, den er einstmals in Pfaff Jorgens Hause gesoffen, daß er die Stiegen heruntergefallen“. Als Caspar Hauptmann in Altenberg in Gefahr war, wegen eines Verbrechens das kurfürstliche Gebiet räumen zu müssen, milderte Jenitz die Strafe und empfing den Dank des Kammermeisters. Bisweilen freilich wurde auch eine abweisende Bemerkung hinzugefügt mit der Nachricht, er überschicke die Supplikation nur, um den aufdringlichen Quäler los zu werden.

Namentlich spielte eine wichtige Rolle das Auswirken der kurfürstlichen Privilegien und Freiheiten, die in einer Zeit wirthschaftlicher Regsamkeit und Unternehmungslust von großer Bedeutung waren. Sie wurden meist von dem Landrentmeister und dem Kammermeister als Sachverständigen vom technischen und finanziellen Gesichtspunkte begutachtet und Jenitz behufs Herbeiführung kurfürstlicher Entscheidung und Bestätigung übersandt. Mehrfach beschäftigte ihn z. B. die Ausfuhr der Mühlsteine aus Pirna, für die der Leipziger Großkaufmann Hans Fuchs der Jüngere eine besondere Begnadigung erlangt hatte, die dann mehrfacher Erneuerung bedurfte. Beinahe scheint es, als ob Jenitz diesem Handel nicht besonders hold war, da er selbst einen eigenen Steinbruch besaß und nun Unbequemlichkeiten und Schwierigkeiten fürchtete. Wenigstens geht dies auch aus dem Tone des Schreibens hervor, mit dem Harrer den neuen Vertrag übersendet. Er bemerkt nämlich im Gegensatz zu seiner sonstigen Entschiedenheit, ihm könne die Sache ziemlich gleich sein, er habe keinen Vortheil davon. Jenitz wußte es beim Kurfürsten durchzusetzen, daß die Verschiffung der Sandsteine insofern eine Beschränkung erfuhr, als nur denen die Ausfuhr von Mühlsteinen nach Hamburg gestattet wurde, die sich verpflichteten, auf der Rückfahrt die Schiffe mit Boysalz zu befrachten.

Eine besondere Rolle spielt ferner die Vermittelung über freien Eintritt und Austritt der Waaren. Wohl waren mehrfach Versuche gemacht worden, auch von kaiserlicher Seite, die Zölle an den Landesgrenzen, z. B. auf der Elbe zu beseitigen, aber Kurfürst August hielt starr an seinem Rechte fest. Dies hinderte ihn nicht, auf dem Gnadenwege für einzelne Fälle Ausnahmen zu gestatten und, da es sich oft um große Summen handelte, so sind die zahlreichen Gesuche um dergleichen Erlasse und freie Paßbriefe wohl erklärlich. Lieferungen für Fürsten wurden ohne Weiteres vom Zoll befreit; so konnte Herzog Ulrich von Mecklenburg Steine und Holz

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: doppeltes und
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/102&oldid=- (Version vom 18.4.2024)