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Thürmen wird sich das Kirchlein mit seinem als Dachreiter aufgesetzten Glockenthürmchen recht dürftig ausgenommen haben. Und dieser Eindruck hatte sich wohl noch verstärkt, als gegen Ende des 16. Jahrhunderts an der Stelle, wo früher die Stadtmauer gestanden, das stattliche Gewandhaus und der prächtige Stallhof mit seiner reich geschmückten Außenseite entstanden war.

Seit Einführung der Reformation diente die Frauenkirche ausschließlich als Begräbnißkirche, besonders für Adelige, höhere Beamte und vornehme Bürger; vom Jahre 1559 an aber wurden auch wieder Sonntagspredigten und Kommunionen darin gehalten. Damals scheint die Frauenkirche manchen als Grabstätte nicht mehr vornehm genug gewesen und der Rath um Gestattung von Begräbnissen in der Kreuzkirche angegangen worden zu sein, er faßte aber 1551 den Beschluß, dies abzulehnen, da in der Frauenkirche von Alters her ein „herrlich Begräbniß für Edel und Unedel“ sei, da ferner die Kreuzkirche als allgemeiner Versammlungsort rein erhalten werden müsse und die Seichtigkeit der Pfeiler die Anlegung von Gräbern gar nicht gestatte. Als später mit dem Wachsthume der Bevölkerung eine zweite Begräbnißkirche nöthig wurde, nahm der Rath bekanntlich im Jahre 1602 noch die Sophienkirche dazu in Gebrauch. Inzwischen hatte er aber schon 1565 eine Vermehrung der Grabstätten für vermögende Leute dadurch erzielt, daß er die Räume rund um die Frauenkirche und an den Kirchhofmauern entlang zu Erbbegräbnissen an die Bürger verkaufte. Jeder Raum in der Länge und Breite von 6 Ellen kostete 4 Gulden. Unter den ersten Besitzern der damals eingerichteten 112 Erbbegräbnisse, die man als Schwibbögen bezeichnete, befinden sich viele bekannte Namen: der kurfürstliche Oberfeldzeugmeister Caspar Vogt von Wierand (in dessen Gruft später auch der am 9. Oktober 1601 auf dem Jüdenhofe hingerichtete Kanzler Krell seine Ruhestätte fand), der Feldhauptmann Melchior Hauffe, der Kammermeister Hans Harrer, der Geheimsekretär Hans Jenitz (dieser selbst liegt in der Thomaskirche zu Leipzig begraben, wo sein schönes Grabdenkmal noch erhalten ist), der Schösser Ambrosius Erich (nach dem die Schössergasse benannt ist), die Bürgermeister Hans Hase und Hans Walther (letzterer der berühmte Bildhauer), die Maler Christoph Walther und Andreas Bretschneider, der Papiermühlenbesitzer Schaffhirt, der Buchdrucker Stöckel, der Apotheker unter der Linden, Franz Friese (der Erbauer der Friesengasse) u. a. m. Die kurfürstliche Münzergesellschaft hatte einen Begräbnißplatz außen an der Sakristei angewiesen erhalten, bei dem sie ein großes Kruzifix unter einer Verdachung aufrichten ließ.

Nach einer älteren Nachricht soll der Kirchhof, dessen Umfassungsmauer 629 Ellen maß, ursprünglich viel größer gewesen und erst im 17. Jahrhundert durch die Erbauung der Häuser von der Töpfergasse bis an den Lindenbergschen Gasthof (jetzt Stadt Berlin) eingeengt worden sein. Dies ist durchaus unrichtig. Mit der erwähnten Vergebung von Erbbegräbnissen im Jahre 1565 war die Umfassung des Kirchhofs für immer festgelegt. Daß sein Umfang aber vor dieser Zeit größer gewesen sei, ist nicht anzunehmen, denn bei der geringen Einwohnerzahl der Stadt wäre dies über das Bedürfniß hinausgegangen.

Der Mangel an Platz machte schon 1572 weitere Einschränkungen nöthig. Auf Befehl des Kurfürsten August wurde festgesetzt, daß fortan eine Begräbnißstelle in der Kirche 15 Thaler, eine solche auf dem Kirchhofe 3 Thaler, für Kinder halb so viel, kosten solle und daß alle, die dies nicht zahlen könnten oder wollten, auf dem damals neu angelegten Johanniskirchhofe beerdigt würden. Wieder ein Jahrhundert später machte sich die Enge des Kirchhofs natürlich noch fühlbarer. Bei der Kirchenvisitation von 1671 drang die Kommission darauf, man solle keine geringen Hofdiener, Bürger und Gesinde mehr dahin begraben lassen, sondern sie auf den Johanniskirchhof verweisen, auch die Grabstellengebühr, die damals schon 6 Thaler betrug, noch weiter erhöhen und keine Leichensteine von ungewöhnlich großer Form, außer für Respektspersonen, dulden. Alles dies wurde dann im Jahre 1679 durch kurfürstlichen Befehl angeordnet.[1]

Aus dieser Zeit ist uns eine Aeußerung des trefflichen Chronisten Weck aufbewahrt, die den Frauenkirchhof zum ersten Male nach einer andern als der kirchlichen Seite, nämlich der ästhetischen und geschichtlichen, betrachtet. Er meint, die vielen in und um die Kirche vorhandenen schönen Monumente von Bildhauerarbeit und Gemälden wären würdig, wie sie zum Andenken aufgestellt seien, so auch der Nachwelt zum Besten beschrieben zu werden. Sein Wunsch sollte sich schon wenige Jahrzehnte später erfüllen. Der Frauenkirchner Johann Gottfried Michaelis war es, der eine Beschreibung aller Grabmonumente und Inschriften bearbeitete und im Jahre 1714 unter dem Titel veröffentlichte: „Dreßdnische Inscriptiones und Epitaphia, welche auf denen Monumentis derer in Gott ruhenden, so allhier in und außer der Kirche zu unser Lieben Frauen begraben liegen, zu finden.“ Das höchst verdienstliche Werk übertrifft an Sorgfalt und Verständniß bei weitem eine fünf Jahre vorher für die Sophienkirche erschienene gleiche Arbeit des Kirchners Gottlob Oettrich und setzt uns in den Stand, uns ein genaues Bild von dieser ältesten Begräbnißstätte unsrer Stadt zu entwerfen. Es war ein eignes Zusammentreffen,


  1. Rathsakten A. II. 69 Bl. 255 b.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/133&oldid=- (Version vom 10.4.2024)