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die Darstellung überspannenden Bogens sind Genien angeordnet. (Original im Stadtmuseum, Abbildung im „Sammler“ 1893 S. 229). – Das Kunstwerk ist durch Eigenartigkeit der Erfindung, Schönheit der Anordnung und Feinheit der Ausführung gleich ausgezeichnet. Reizend sind namentlich in ihrer Lebhaftigkeit die die Wolken bevölkernden Engelchen, besonders wirkungsvoll aber ist die den Ausdruck tiefster Frömmigkeit tragende Gestalt des Ritters. Interesse bietet auch die nur auf wenige Einzelheiten ausgedehnte Bemalung: die Ketten, sowie Haar und Bart der Figuren sind vergoldet, die Augen schwarz, der Mund roth behandelt, ebenso ist der Höllenrachen roth abgetönt. Die in den oberen Rand der Platte eingehauenen Buchstaben H. K. geben erfreulicherweise einen sicheren Anhalt zur Ermittelung des Künstlers: es ist ohne Zweifel Hans Kramer, der, seit 1556 kurfürstlicher Hofsteinmetz, damals unter Kaspar Vogt den Bau des Dresdner Schlosses führte und in demselben Jahre 1556 mit Hans Walther zusammen die Kanzel der Frauenkirche fertigte.

Eine ganz ähnliche Darstellung, wahrscheinlich von demselben bedeutenden Künstler herrührend, zeigte das Grabmonument des 1567 verstorbenen Nickel von Ende: Christus auf dem Triumphwagen sitzend, mit der Siegesfahne in der Hand und Tod, Teufel und Hölle an Ketten hinter sich her schleppend.

Eine bemerkenswerthe Bildhauerarbeit in Holz war das Denkmal des Stadtrichters Hans Müller (gest. 1598), das die eherne Schlange Mosis, die Opferung Isaaks und das Ringen Jakobs mit dem Engel und zu beiden Seiten wiederum den Verstorbenen und seine Frau knieend darstellte.

Von den Epitaphien außerhalb der Kirche sei nur das hervorragendste erwähnt, das des Kanzlers David Peifer (gest. 1602) im Schwibbogen Nr. 64 an der Kirchhofsmauer nach der Töpfergasse zu: ein Ecce homo in Lebensgröße auf einem Postament stehend, umgeben von reichem Zierrath und Schrifttafeln; die Halle des Begräbnisses war von einem kunstvollen Eisengitter abgeschlossen und mit Deckengemälden von der Geburt, Kreuzigung, Auferstehung, Himmelfahrt und Erscheinung Christi geschmückt. Michaelis, der über die von ihm beschriebenen Kunstwerke nur selten ein Urtheil abgiebt, rühmt es als ein besonders kostbares und damals vielbewundertes Begräbniß. Auch von ihm ist das hauptsächlichste Stück, die große Christusfigur, im vorigen Jahre wiederaufgefunden und am Altarplatze der Frauenkirche aufgestellt worden.

Sehr häufig war bei den Epitaphien die Verwendung verschiedenartigen Materials, die ihnen ein reicheres Aussehen verlieh. In Steinmonumenten fanden sich vielfach Reliefs von Alabaster oder Gemälde auf Holz eingesetzt, ebenso waren Bronzeumrahmungen für Holzgemälde üblich, auch Einfassungen von schwarzem Marmor oder Serpentinstein oder Holzschnitzwerk kommen bei Alabasterreliefs vor. Eine Seltenheit hinsichtlich des Materials ist die große gußeiserne Gedenktafel auf Kaspar Vogt von Wierand aus seinem Erbbegräbniß links am Kirchhofeingange, die nach dessen Abbruch im Jahre 1716 dem Kirchner Michaelis zur Aufbewahrung übergeben worden und dann in das benachbarte Maternihospital gelangt war.[1]

Endlich ist ein ganz eigenartiges Stück die ebenfalls durch das Maternihospital auf uns gekommene, früher bemalt gewesene Darstellung der Kreuzigung Christi aus Papierteig. Nach der Beschreibung von Michaelis war die Gruft des im Jahre 1578 verstorbenen Stadtrichters Hieronymus Schaffhirt mit einer Darstellung der Kreuzigung geschmückt; ganz ausnahmsweise giebt Michaelis das Material des Kunstwerks nicht an, doch wohl deshalb, weil er es nicht festzustellen vermochte. Dieser Hieronymus Schaffhirt besaß die bereits unter Herzog Albrecht errichtete Dresdner Papiermühle, die dann bis 1858 im Besitze seiner Nachkommen verblieben ist. Man wird mit der Vermuthung nicht fehlgehen, daß die Familie Schaffhirts jenes Relief für sein Grabmal, das sich im 24. Schwibbogen an der Kirchhofmauer befand, mittels einer in Holz geschnitzten Form in der eignen Papiermühle hat herstellen lassen. Die große Seltenheit solcher aus Papierteig gefertigten Werke deutet darauf hin, daß diese Technik damals keineswegs etwas allgemein Verbreitetes war; um so schätzbarer ist die treffliche und äußerst haltbare Ausführung unsers Kunstwerks. Es wird ebenso wie die erwähnte eiserne Platte im Stadtmuseum aufbewahrt.

Forschen wir nun nach den Schöpfern all dieser zahlreichen Kunstwerke, so ist die Ausbeute eine außerordentlich geringe. Daß Christoph Walther an dem als Altar dienenden Epitaphium seinen Namen eingemeißelt hatte, ist als eine durch die Größe des Werkes gerechtfertigte Ausnahme zu betrachten. Bei kleineren, wenn auch noch so gelungenen Arbeiten haben es die alten Bildhauer offenbar verschmäht, mit ihren Namen hervorzutreten; auch die Buchstaben Hans Kramers auf dem Bünauischen Relief waren, so lange sich dieses an seinem Platze befand, nicht sichtbar. Sonst erfahren wir nur noch den Namen eines einzigen Bildhauers, und zwar aus den Akten[2]: ein großes, in Holz geschnitztes Epitaphium für den 1672 verstorbenen Stadtprediger Daniel Schneider, mit zahlreichen


  1. B. XV. 159x.
  2. B. XV. 157a.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/136&oldid=- (Version vom 10.4.2024)