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Seite nicht viel Bemerkenswerthes, und ich möchte mich daher mit der Hervorhebung weniger Einzelheiten begnügen. Von wesentlichem Einfluß auf die Lage und Entwicklung der älteren vorstädtischen Gassen waren die Gewässer, welche die Umgebung der Stadt durchzogen, theils Seen oder Teiche, theils die Kaitzbach und der Weißeritzmühlgraben. Zu den Seen, von denen die größeren, der Ober- und Untersee, bereits früher erwähnt wurden, gehörte auch der Jüdenteich. Sein Name mag wohl daher rühren, daß im Mittelalter die Juden vielleicht ihren Begräbnißplatz hier gehabt haben. Der Jüdenteich wurde erst Ende der 1840er Jahre zugeschüttet und in einen Platz umgewandelt, der seit 1871 Georgplatz heißt. Die angrenzende Bürgerwiese war in früherer Zeit dazu bestimmt, den Heubedarf für die städtischen Marstallpferde zu liefern. Sie war wohl ursprünglich auch mit Wasser bedeckt; noch in unserm Jahrhundert lag sie viel tiefer als das sie umgebende Land, war auch mit einer Mauer eingefriedigt. Es ist ein großer Gewinn für die Verschönerung unserer Stadt gewesen, daß dieses Stück öffentlicher Besitz nicht, wie der größte Theil des durch die Niederlegung der Festungswerke gewonnenen Landes, zu Baustellen vergeudet, sondern in Anlagen umgewandelt worden ist, die die Stadt mit dem Großen Garten, einer der kostbarsten Schöpfungen unseres Fürstenhauses, in unmittelbare Verbindung bringen. So wurde an dieser Stelle der feste und breite Gürtel, zu dem die Vorstädte allmählich sich ausgewachsen hatten, durchbrochen und die freie Natur bis dicht an das Herz der Stadt herangeführt.

Eine Anzahl kleinere Teiche befanden sich auf der Westseite, in der späteren Wilsdruffer Vorstadt. Der letzte Rest davon war die Entenpfütze auf dem jetzigen Freiberger Platze. Im Mittelalter aber zogen sich von da an noch eine Anzahl solcher „Pfützen“, wie man sie nannte, über die ganze städtische Viehweide herüber, über den jetzigen Schützenplatz hinweg, dem der Name Viehweide noch bis zum Jahre 1851 geblieben war, bis an die Elbe herab. Hier unten an der Elbe, etwa in der Gegend des kleinen Ostrageheges, hatte in alter Zeit ein von wenigen Fischern bewohntes Dörfchen, Fischersdorf mit Namen, gelegen, dessen Bewohner es aber bereits im 13. oder 14. Jahrhundert, vielleicht der Ueberschwemmungsgefahr wegen, aufgegeben und sich landeinwärts am anderen Ende der städtischen Viehweide angebaut hatten, wo ihnen der Fischreichthum der erwähnten Teiche ebenfalls auskömmliche Nahrung bot. Der Name Fischersdorf wurde hierbei auf die neue Ansiedelung übertragen. Als mit der fortschreitenden Bebauung jener Vorstadtgegend die Teiche allmählich verschwanden, gingen die Fischersdorfer Einwohner von der Fischerei zum bloßen Fischhandel über und haben diesen bis auf die neuere Zeit betrieben; auch behielt der eigentliche Kern ihrer Gemeinde den Namen Fischersdorf, bis er im Jahre 1855 in Fischhofplatz umgetauft ward. Dieses Fischersdorf ward mit dem dicht daneben liegenden Dorfe Poppitz im Jahre 1550 der Stadt Dresden einverleibt, ebenso auch das jenseits der Elbe liegende Städtchen Altendresden. Diesem haben wir noch einige Worte zu widmen.

Altendresden war in seiner Entwicklung durch die gegenüberliegende Stadt sehr beeinträchtigt worden und bis zum Anfange des 15. Jahrhunderts ein armseliges Dorf geblieben. Markgraf Wilhelm I. suchte es zu heben, indem er es im Jahre 1403 zur Stadt machte und ein Augustinerkloster drüben stiftete, aber der Erfolg hiervon war gering. Es blieb ein unbedeutender Ort, der bei der Einverleibung in die Stadt Dresden nicht viel zu verlieren hatte, aber auch wenig gewann, weil der Rath zu Dresden ihn seitdem auch nur als Vorstadt behandelte. Nachdem Altendresden 1685 fast vollständig niedergebrannt war, wurde es durch die Fürsorge Augusts des Starken in größerem Stile wieder aufgebaut und erhielt durch ihn den Namen Neustadt bei Dresden. Im Gegensatze hierzu wurde das bisherige Neudresden, die Residenz, als Altstadt bezeichnet, es fand also geradezu eine Namenvertauschung statt. Damals erst wurde die Hauptstraße und die Königstraße angelegt und zwar in Größenverhältnissen, die dem geringen Verkehr im Orte nicht entfernt entsprachen und jenen neuen Straßen einen Anstrich der Langweiligkeit verliehen, den sich die Königstraße bis auf den heutigen Tag bewahrt hat. In älterer Zeit hatte das Städtchen nur die wenigen vom Markte ausgehenden Gassen aufzuweisen gehabt: die Badergasse, jetzt Blockhausgäßchen, die Meißnische Gasse, den Kohlmarkt, im Mittelalter Verkaufsplatz für die vielgebrauchten Holzkohlen, jetzt Körnerstraße genannt, die Rhänitzgasse, die Breitegasse, jetzt Kasernenstraße, und die Klostergasse, sowie einige Verbindungsgäßchen. Den vorderen Theil der Hauptstraße nahm bis zum Brande die Kirche mit dem sie umgebenden Kirchhofe ein, das kleine Rathhaus stand, wie eine der schönen Canalettoschen Ansichten es zeigt, rechts vom Eingange in die Hauptstraße. Die lebhafte Entwicklung der Neustadt seit dem vorigen Jahrhundert hat die ursprüngliche Anlage fast unverändert fortbestehen lassen und in einer bloßen Angliederung neuer Straßen und ganzer Stadttheile bestanden. Diese im Einzelnen durchzusprechen müssen wir uns hier versagen.

Endlich ist noch der Friedrichstadt jenseits der Weißeritz zu gedenken, die im Jahre 1670 vom Kurfürsten Johann Georg II. planmäßig angelegt und dazu bestimmt ward, der damals emporkommenden

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/14&oldid=- (Version vom 26.4.2024)