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die im Maternihospitale aufbewahrt wurden, und die im vorigen Jahre in der Frauenkirche aufgefundenen Reliefs und Figuren scheinen dasjenige zu sein, was von Kunstwerken auf dem Kirchhofe herrenlos zurückblieb und vom Rathe in nothdürftige Verwahrung genommen wurde.

Der Verlust so vieler Werke aus einer Zeit höchster Blüthe der heimischen Kunst ist gewiß bedauerlich, aber man wird kaum jemand eine Schuld daran beimessen und namentlich nicht behaupten können, daß es dem damaligen Rathe an Pietät und geschichtlichem Sinn gefehlt habe. Er hat sich im Gegentheil in seinen Berichten von vornherein dieser Denkmäler der Vorzeit warm angenommen; daß er es aber ablehnen mußte, die bedeutenden Kosten ihrer Wiederaufstellung zu tragen, begreift man, wenn man sich die unsäglichen Schwierigkeiten vor Augen hält, die der Stadt die Aufbringung der großen Mittel für den Frauenkirchenbau bereitete.

Nun wuchs auf dem alten Gottesacker ein neues Gotteshaus empor, ein Meisterwerk des protestantischen Kirchenbaues, das mit seiner mächtigen Kuppel dem ganzen Stadtbilde das Gepräge giebt – würdig dieser geweihten Stätte, wo zuerst auf dem Boden unserer Stadt Christenthum und Kultur sich niederließ. Und an der Stelle, wo einst die Grabmonumente der Männer des alten Glaubens sich erhoben, hat auch unsere Zeit wieder ein Denkmal aufgerichtet, aber nicht ein Mal des Todes, sondern ein Zeichen, daß er, der gewaltige Reformator, mit seinem Geiste in Dresdens Bürgerschaft lebendig ist!


Die Friesen als Hausbesitzer in Dresden.
Von
Generalmajor z. D. E. G. M. Freiherr von Friesen.

Name und Wappen des Geschlechtes derer von Friesen kommt zuerst in der Schweiz vor. Zu welcher Zeit die Auswanderung von dort erfolgte, ist vor der Hand noch nicht aufgeklärt. Jedenfalls erscheint bereits im Jahre 1272 ein Heinrich von Friesen als Dienstmann am Brandenburgischen Hofe. Von Anfang des 14. Jahrhunderts an finden wir Verschiedene dieses Namens in der Gegend von Ronneburg und Gera angesessen. In Dresden aber taucht das Geschlecht zum ersten Male 1409 auf, in der Person eines Heinrich von Friesen, Vogts in Dresden, der mit dem Gute Köttewitz bei Dohna belehnt wurde. – 1592 kaufte Karl von Friesen Schloß und Stadt Rötha, das bis heute im Besitz der Familie geblieben ist, von den Pflugs für den Preis von 28 400 Gulden. Karl hatte als einfacher Landedelmann auf seinem älteren Gute Kauern gelebt, als ihn 1588 Kurfürst Christian I., wohl wegen seiner hervorragenden wirthschaftlichen Befähigung, als Hofküchenmeister nach Dresden berief. Er bildet den Anfang einer langen Reihe seiner Geschlechtsgenossen im kursächsischen Hof- und Staatsdienst mit dem Sitze in Dresden. Sein Aufenthalt hier hat indessen nicht lange gewährt, denn bereits 1591 nach des Kurfürsten Tode berief ihn der Herzog Johann von Altenburg an seinen Hof und machte ihn zum Geheimen Rath, Hofmarschall und Amtshauptmann. Karl starb 1599 auf dem Schlosse zu Altenburg. Sein Sohn Heinrich von Friesen war am 24. April 1578 zu Kauern geboren. Wie Christian Grobern schreibt, hielt der Vater seine Söhne fleißig zum Studiren an, „weil er an seinem Exempel, da er nicht studirt gehabt, wohl verstanden, wie nothwendig die studia artium, linguarum und juris seien.“ Heinrich kam daher, was damals bei unserm Adel etwas Ungewöhnliches war, auf das Gymnasium zu Gera. 1594, mit 16 Jahren, bezog er die Universität Jena. Nachdem er 1599 von dort nach Altenburg zurückgekehrt, sollte er auf Reisen gehen, allein da sein Vater in diesem Jahre starb, blieb er zu Hause, übernahm das väterliche Gut Rötha und bewirthschaftete dasselbe zugleich als Vormund seiner Geschwister. 1613 wurde er, nachdem er schon öfter in Kommissionssachen verwendet worden war, zum kursächsischen Appellationsrath ernannt und hatte speziell die Beaufsichtigung der Landesschule Grimma unter sich. 1626 wurde er Amtshauptmann von Colditz, Rochlitz, Borna und Leisnig. Er stieg immer höher, bis er endlich 1640 nach dem Tode des Kanzlers von Lüttichau kurfürstlicher Kanzler wurde. 1653 ging er mit seinen beiden Söhnen auf den Reichstag nach Regensburg und hier wurde er vom Kaiser in den Reichsfreiherrnstand erhoben. Das Dokument hierüber, der Original-Freiherrnbrief, der in Rötha noch vorhanden, ist deswegen besonders interessant, weil erstens nicht Heinrich von Friesen allein, sondern beide Söhne gleichzeitig mit ihm und alle drei ohne vorhergegangene Ansuchung ernannt wurden, was damals fast gar nicht vorkam. Heinrich war verheirathet mit Katharina von Einsiedel aus dem Hause Schweinsburg und führte mit ihr eine überaus glückliche Ehe. Da ihn seine Aemter sehr an Dresden fesselten, kaufte er 1641 vom Geheimen Rath Kaspar von Schönberg das Haus, das heute Schreibergasse Nr. 1 (Ecke des Altmarktes) bezeichnet ist – somit der erste Friesen, der Hausbesitzer in Dresden war. In diesem Hause hat er einen großen Theil seines Lebens zugebracht, da die Wirren des dreißigjährigen Krieges einen längeren Aufenthalt in seinem geliebten Rötha nicht ermöglichten. Doch that er für dieses Gut, was in seinen Kräften stand, und legte den Grund zu

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/141&oldid=- (Version vom 8.4.2024)