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nach alter deutscher Sitte die Hausgenossen täglich zu gemeinschaftlichen Morgen- und Abendandachten, und die Kirche wurde regelmäßig besucht. Heinrich von Friesen liebte es, über religiöse Gegenstände zu sprechen, und war in den Schriften Luthers und der Kirchenväter äußerst bewandert, namentlich hatte er es bei der Mittagsmahlzeit, zu welcher oft Geistliche und Gelehrte zugezogen wurden, sehr gern, wenn die Unterhaltung auf einen religiösen Gegenstand fiel. – Seine Töchter müssen sehr schön gewesen sein, denn das Haus hieß in Dresden allgemein das Haus mit den schönen Töchtern; alle acht haben sich sehr günstig verheirathet; die Schwiegersöhne waren: von Reichenbach, von Malzahn, von Schellendorf, Graf Callenberg, Graf Stolberg, Marquis von Montbrun, Graf Reuß von Plauen und Graf Solms.

Nach seinem Tode 1680 wurde er in seinem geliebten Schönfeld begraben, in der noch heute unter dem Altarplatz befindlichen Familiengruft, welche er erst 1676 erbaut hatte. Das Haus an der Kreuzkirche ging an seine Gemahlin geb. von Lützelburg über.

Die verwittwete Frau von Friesen geb. von Lützelburg wird als eine besonders wirthschaftliche Frau geschildert, da sie bei den vielen dienstlichen Geschäften ihres Gemahls das Hauswesen vorzüglich geleitet, Armen und Nothleidenden stets beigestanden und auch im Wittwenstande ihre Hausgeschäfte exemplarisch geführt habe. Ueber ihren echt christlichen Sinn, ihre Liebe zur Familie, sowie auch über die Einrichtung des Hauses an der Kreuzkirche giebt ihr Testament reichlichen Aufschluß.

Das Testament beginnt, nachdem sie ihre Seele Gott befohlen hat, damit, daß sie ihre Hinterbliebenen auf das Eindringlichste ermahnt, der reinen evangelisch–lutherischen Lehre stets treu zu bleiben und niemals von derselben[WS 1] abzulassen. Darauf folgen Legate an die Kinder, Enkel und andere ihr nahestehende Personen; hervorzuheben ist ein Legat an ihre Enkelin, die Tochter der in Frankreich verheiratheten Marquise von Montbrun, abhängig von der Bedingung, daß die Enkelin in Deutschland deutsch erzogen werde. Außerdem sind Legate ausgesetzt zu einer noch heute bestehenden Armenstiftung in Schönfeld und für die Armen und den Kirchenbau in Putzkau. Die Summe der Legate, bei denen ihre Dienerschaft reichlich bedacht ist, beträgt allein über 80 000 Thaler.

Die Einrichtung des Hauses vermachte sie den einzelnen Töchtern. Besonders aufgeführt sind: Familienbilder, zwei silberne Geridons, 4 große silberne Wandleuchter, ein großer silberner Spiegel, das silberne Apothekchen, die neue aus Holland bezogene Kutsche, marmorsteinerne Tische, Tapeten von güldenem Leder u. s. w. Das Gut Räckelwitz in der Oberlausitz, welches sie um 34 000 Thaler gekauft hatte, vermachte sie zwei Töchtern.

Auch auf dem Gute Schönfeld hatte sich ihr christlicher Sinn bethätigt, denn außer der bereits erwähnten Stiftung hatte sie u. a. eine silberne Hostienschachtel vermacht, welche heute noch beim Abendmahl daselbst in Gebrauch ist und ihr Wappen und ihren Namenszug trägt.

Nach ihren 1689 erfolgten Tode erbte ihr einziger Sohn Julius Heinrich, der bereits 1680 mit dem Tode des Vaters in den Genuß der ansehnlichen Güter Schönfeld, Graupa, Jessen, Pratzschwitz etc. getreten war, das Haus an der Kreuzkirche.

Julius Heinrich wurde 1656 in Dresden geboren und im elterlichen Hause durch Hauslehrer erzogen, worauf er, jedenfalls in sehr frühem Alter, die Universität Leyden bezog: denn schon 1672 nahm er an den holländischen Kriegszügen des Grafen Wilhelm von Oranien, des späteren Königs von England, theil, mit dem er während seiner Studienzeit innige Freundschaft geschlossen hatte. Darauf trat er die in damaliger Zeit für einen jungen Herrn von adeliger Herkunft unerläßliche Reise nach Frankreich, Italien und der Schweiz an und kehrte nach Dresden zurück, wo er kurfürstlicher Kammerherr und Hof- und Justizienrath wurde. 1680 heirathete er eine Gräfin von Dohna. Im folgenden Jahre wurde er mit einer Gesandtschaft nach Wien betraut, welche um deswillen Aufsehen erregte und ihm Neider verschaffte, weil er einer der jüngsten Hofräthe war. Vielleicht war dies auch der Grund, daß er seinen Titel als Hof- und Justizienrath nach seiner Zurückkunft nach Dresden 1682 niederlegte und sich wieder nach dem Haag begab, wo er dem Grafen Wilhelm von Oranien nahe war. Dieser, zum Statthalter der Generalstaaten ernannt, schickte ihn 1688 nach Dresden mit besonderen Aufträgen an den Kurfürsten; er wollte denselben zum Kriege gegen Frankreich begeistern. Der Kurfürst aber empfing ihn sehr ungnädig, da ihm mitgetheilt worden war, daß Friesen, obgleich noch in sächsischen Diensten stehend, holländische Dienste angenommen hätte. Friesen rechtfertigte sich vollständig, erbat aber seinen Abschied als Kammerherr und trat nun thatsächlich als Oberstlieutenant in ein holländisches Regiment ein. Nach der Thronbesteigung des Oraniers in England wurde er englischer Generalmajor und blieb in London, bis er im folgenden Jahre 1690 als englischer Gesandter an die Höfe von Kassel, Berlin, Wien und Hannover geschickt wurde, um zum Kriege gegen Frankreich zu schüren.

1691 begab er sich im Auftrage des Königs von England zur Armee des Kurfürsten Johann Georg III. an den Rhein, und als dieser dort starb, kehrte er mit dem nunmehrigen Kurfürsten Johann Georg IV. nach

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: derseben
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/143&oldid=- (Version vom 8.4.2024)