Seite:Dresdner Geschichtsblätter Erster Band.pdf/145

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Kurfürst war. Von 1656 ab bis zu seinem Tod 1686 hielt er sich, mit wenig Unterbrechungen, in Dresden auf und hat meist in seinem Hause gewohnt.

Wir finden somit im Jahre 1656 drei Familien Friesen am Altmarkt wohnend, den Vater und zwei Brüder. – Karl war mit einem Fräulein von Raaben verheirathet und führte ein höchst glückliches und mit Kindern reich gesegnetes Familienleben. Wie sein Bruder Heinrich war er ein sehr gastfreier Herr. – Sein jüngster Sohn, Otto Heinrich, erbte das Haus Seestraße Nr. 1. 1654 in Rötha geboren, hatte er die Fürstenschule in Meißen und dann die Universität in Frankfurt a. O. besucht, trat in den Staatsdienst, wurde mehrfach zu diplomatischen Sendungen benutzt und 1695 zum Kanzler ernannt. Seine Wirksamkeit im Staatsdienste wurde in hohem Grade anerkannt, denn als er 1715 um seinen Abschied bat, wurde ihm derselbe zwar gewährt, allein sein Sitz als Kanzler im Geheimen Konsilium frei gehalten, damit er ihn jederzeit wieder einnehmen könnte, und sein voller Gehalt wurde ihm weiter gezahlt.

Ebenso ersprießlich wie für seinen Landesherrn war seine Thätigkeit für die Familie. Mit seiner Schwester Henriette Katharine von Gersdorf (der Großmutter des Grafen von Zinzendorf, des Gründers der Brüdergemeinde) stiftete er das noch heute in Altenburg bestehende freiadelige Magdalenenstift für Erziehung evangelischer Fräulein. Wiewohl zweimal verheirathet, hatte er keine Kinder. Doch war er Vormund mehrerer Neffen und Nichten und verwaltete das jedenfalls sehr bedeutende Familienvermögen vorzüglich. Heute noch sind Stiftungen von ihm vorhanden, die segensreich wirken. Nach seinem 1717 erfolgten Tode ging der Besitz von Rötha und auch des Hauses in Dresden an seinen Neffen Christian August, Sohn seines ältesten Bruders, über. Christian August, 1675 in Großenhain geboren, hatte als Stabsoffizier die Feldzüge in Polen 1715 und 1716 mitgemacht, 1725 war er bereits Generalmajor, kommandirte 1733 in Polen ein Korps, wurde, nachdem er 1735 am Rhein thätig gewesen war, als Generallieutenant mit dem neu gegründeten Heinrichsorden dekorirt, ging 1737 mit sächsischen Truppen nach Ungarn und starb im selben Jahre im Lazareth in Belgrad.

Christian August war ohne Testament gestorben. Eine von den Vormündern der Hinterbliebenen im Jahre 1738 vorgeschlagene Erbvergleichung stieß auf Schwierigkeiten, kam aber endlich 1745, also nach bald 8 Jahren, zu Stande; wir werden durch sie über das für damalige Zeiten bedeutende Vermögen unterrichtet. Der General hatte Schulden in der Höhe von 160 000 Thalern hinterlassen; nachdem dieselben bezahlt, ferner für die beiden Töchter und die Wittwe Kapitalien von zusammen 38 000 Thalern ausgezahlt und für letztere auch noch eine Leibrente von 2000 Thalern jährlich festgestellt waren, verblieb den beiden Söhnen noch immer ein Vermögen von 160 000 Thalern und außerdem die Rittergüter Rötha, Cotta, Rammelburg und das Haus in Dresden. Bei der Theilung wurde Rötha mit 100 000 Thalern, Cotta mit 24 000 Thalern und das Haus in Dresden mit 12 000 Thalern berechnet.

Die Geschoßregister von Dresden geben als Besitzerin des Hauses Seestraße 1 vom Jahre 1725 bis 1741 Frau Kossin geb. von Arnstedt an, dann aber wieder die beiden Söhne des Generals, Karl August und Johann Friedrich Ernst. Es ist daher wohl anzunehmen, daß der General das Haus nur verpfändet oder auf Widerruf verkauft und daß es die Vormundschaft für die beiden minderjährigen Söhne wieder erworben hat. 1746 erscheint der jüngere Bruder als Besitzer, der es indessen sofort wieder an seine Mutter verkauft zu haben scheint, denn sie ist im selben Jahre als Besitzerin wieder eingetragen. Nach ihrem Tode 1753 erwirbt es die Wittwe des genannten älteren Bruders Karl August als Vormünderin ihres Sohnes Karl August und verkauft es endlich 1769 an den Geheimen Kriegsrath Johann Georg Müller.

Nach dem Konsistorial-Präsidenten Karl ist das Haus wahrscheinlich nicht mehr von Mitgliedern der Familie von Friesen bewohnt gewesen.

Wir verlassen hiermit den Altmarkt und begeben uns nach dem Jüdenhof. Hier befindet sich an der Ecke der Galeriestraße das ehemalige sogenannte Regimentshaus, d. i. Stadtkommandantenhaus.

Dieses Haus, so schreibt General von Schimpff in seiner Monographie über den Grafen Friesen, war im Februar 1714 vom König dem Feldmarschall Grafen Flemming und dessen Gemahlin unter sehr vortheilhaften Bedingungen ad dies vitae überlassen worden. Aber schon im September desselben Jahres veranlaßte August den Feldmarschall, ihm das Haus gegen eine Entschädigungssumme von 12 000 Thalern wieder zur freien Verfügung zurückzugeben, und es wurde nun zur Dienstwohnung des damaligen Gouverneurs von Dresden, General Janus von Eberstädt, der bisher ein jährliches Quartiergeld von 1200 Goldgulden bezogen hatte, bestimmt. Eberstädts Nachfolger, Graf Wackerbarth, bewohnte als Obersthaus- und Landzeugmeister, welche Chargen er auch als Gouverneur behielt, ein Haus am Zeughause. In dem Hause am Jüdenhof Nr. 1 befanden sich seit 1721 die Bibliothek und das Münz-, Muschel-, Erz-, Naturalien-, Konchylien- und Etampes–Kabinet. 1629 aber verschenkte es der König wieder und zwar an den Gemahl seiner natürlichen Tochter, der jungen Gräfin Cosel, den Grafen von Friesen.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/145&oldid=- (Version vom 8.4.2024)