Seite:Dresdner Geschichtsblätter Erster Band.pdf/155

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

1790 mit 1000 Thalern Gehalt übertragen worden war. Im Jahre 1798 ward er Geh. Referendar im Geh. Konsilium mit 1200, seit 1801 mit 1500 Thalern Gehalt, im Jahre 1811 ließ er sich an das Appellationsgericht zurückversetzen. Das Jahr 1814 brachte eine Wendung, indem er unter General von Miltitz Beamter des russischen Gouvernements ward mit der gerade für ihn sehr passenden Aufgabe, über die Kunstinstitute, die Hofkapelle, die italienische Oper und das bis dahin nur subventionirte deutsche Theater zu wachen. Daß sein Wirken höheren Ortes anerkannt wurde, beweist die Verleihung des Annenordens II. und des rothen Adlerordens III. Klasse.

Längst hatte Körner den Wunsch gehabt, von Sachsen zu scheiden. Als seinem Sohne auch die Tochter im Tode gefolgt war, da riß er sich von der alten Heimath los und übernahm eine Stellung im preußischen Staatsdienste, die er durch seines Freundes Wilhelm von Humboldts Vermittelung gewonnen hatte. Am 3. Mai 1815 ward er zum kgl. preußischen Staatsrathe mit einem Gehalte von 2400 Thalern ernannt, ein Titel, der später in den eines Geheimen Oberregierungsrathes verwandelt ward. Bis an sein Lebensende in seinem Amte treu und eifrig thätig, ernst gestimmt durch den Verlust seiner beiden Kinder, doch gehoben von der Liebe des Weibes seiner Jugend und der Freundschaft auserlesener Geister – so lebte er in Berlin noch sechzehn Jahre bis zum 13. Mai 1831, während ihn seine Gattin noch um 12 Jahre überlebte. Sie ruhen beide neben ihren Kindern unter der Körnereiche zu Wöbbelin.

Auch nach dem Scheiden von Dresden blieben Körners noch lange Jahre mit Dresden verbunden, da sie bei ihrem Weggange ihre Besitzungen in der sächsischen Residenz nicht hatten verkaufen können. Ein Blick in die Geschichte der Körnerschen Grundstücke gewährt zugleich interessante Aufschlüsse über das Körnersche Vermögen. Im Jahre 1785 hatte Körner, der mit seinem jungen Weibe in der heutigen Körnerstraße, wo Theodor geboren ist, zur Miethe wohnte, den Loschwitzer Weinberg für 1100 Thaler gekauft, 1798 kaufte er für 10 000 Thaler das heute noch stehende Haus in der Schloßstraße und 1801 für 15 060 Thaler das beim Bau der König-Johannstraße gefallene palaisartige Haus in der Moritzstraße. Verkauft wurde von Körner selbst im Jahre 1823 das Haus in der Schloßstraße für 13 000 Thaler und 1826 der Weinberg für 1900 Thaler, während die Wittwe erst 1834 das Grundstück in der Moritzstraße für 21 500 Thaler veräußerte. Daß Körners über ein so beträchtliches Vermögen verfügten, rührt z. Th. von dem Umstande her, daß sie wiederholt namhafte Erbschaften gemacht hatten. So hatten sie z. B. nach dem Tode der Tante Ayrer in Zerbst im Jahre 1808 auf einmal nicht weniger als 18 042 Thaler geerbt.

Werfen wir zum Schlusse auf Theodor Körners Vorfahren einen Rückblick, so können wir es unterschreiben, was ein deutscher Gelehrter, Karl von Hase, von seiner Familie gesagt hat: „Es ist auch eine Gottesgabe, einer Familie anzugehören und ihre Geschlechter zu übersehen, welche seit Jahrhunderten in ihrer bürgerlichen Einfachheit sich ehrlich durchgeschlagen hat“. Der Gewerbtreibende, der Handwerksmann, welcher die Ahnenreihe eröffnet, bestätigt nur, was wir schon bemerkt haben, daß die Wurzeln unserer hervorragendsten Männer in Kunst und Wissenschaft im Volke liegen. Die beiden Theologen, der Diakonus in Weimar und der Superintendent in Leipzig, belegen von neuem das bekannte Wort Gustav Freytags: „In Deutschland ist seit der Reformation selten ein bedeutender Mann aufgestanden, der nicht unter seinen Vorfahren einen Geistlichen zählt.“ Und wenn der eine dieser beiden Geistlichen nur eine bescheidene Stellung einnahm und keiner von beiden neue Bahnen in der Wissenschaft einschlug, so sind sie doch beide treue Diener der Kirche gewesen, Musterbilder der Frömmigkeit, Gelehrsamkeit und Charaktertüchtigkeit. Was aber Christian Gottfried Körner betrifft, den Juristen, so würde er eine Stelle in der Geschichte des deutschen Geisteslebens einnehmen für alle Zeiten, auch wenn er nicht Theodor Körners Vater geworden wäre. Er war der Busenfreund Schillers, das sagt genug, und hat auf den jungen Dichter in der Zeit seiner Entwickelung einen tiefen und nachhaltigen, auf alle Fälle höchst segensreichen Einfluß ausgeübt. Eine Natur wie Wilhelm von Humboldt, ist er ein hervorragender Beamter gewesen und hat durch sein Beispiel gezeigt, daß man ein vorzüglicher Oberkonsistorialrath, Appellationsrath und Staatsrath und zugleich ein vorzüglicher Kenner der Kunst und Wissenschaft sein kann. Sein Charakter ist über allen Tadel erhaben. Man kann über ihn kein besseres Urtheil fällen, als wie es der evangelische Bischof Neander, sein Freund, an seinem Grabe gefällt hat: Jedem von uns ist er bisweilen erschienen wie ein ehrwürdiger Mann des Alterthums, beseelt, gehoben und getragen vom christlichen Geiste.

Zu höchsten Ehren freilich hat den Namen Körner unser Theodor gebracht, der deutsche Tyrtäus, „zugleich ein Sänger und ein Held“. Ueber ihn zu sprechen, ist hier nicht meine Aufgabe. Ohnehin ist Theodor Körner eine der populärsten Gestalten der deutschen Dichterwelt. Das Bild des Heldenjünglings steht nicht nur, in Erz gegossen, dort vor der altberühmten Gelehrtenschule unserer Stadt, sein Bild lebt im Herzen eines jeden Dresdners und eines jeden Sachsen, ja in jedem deutschen Herzen.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/155&oldid=- (Version vom 20.4.2024)