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heer also nahe, das Sie auch meindten mitt Ihrer Wagenburgk vber den Bach. Vnd das wart Ihnen nicht gestattet, sondern dieser Mennlich herre Graff Heinrich von Schwartzburg ließ frolich auffposaunen vnd pfeiffen, und erbeytte sich mit gueten schutzen mitt Ihnen, also das Ehr zu den feindten ynn Ihre Wagenburgk sprengete, das Sie die flucht namen, vnd fingk vnd erschlugk Sie alle. Davon diesen Fursten grosse schatzunge wart.“ Nach einer andern Quelle soll die Zahl der Getödteten 3000, die der Gefangenen 2000 betragen haben. (Vgl. Menckenii Scriptores rer. Germanicar. T. III, p. 9 u. 1326.)

Der erfochtene Sieg ist für den Kurfürsten und die übrigen Anführer, unter denen sich auch ein brandenburgischer Prinz mit einer Truppenabtheilung befand, um so ruhmvoller, als er überwiegend ihr persönliches Verdienst war. Denn die Stimmung im Heere war nach dem nothgedrungenen Abzuge von Tabor jedenfalls nicht die beste. In Erinnerung an die früheren Niederlagen hatte man die Heerfahrt wohl schon nicht mit großer Zuversicht angetreten. Die Kurfürstin hatte deshalb im Lande kirchliche Fürbitten, daß die Gnade Gottes das Unternehmen zu einem guten und glückseligen Ende führen möge, angeordnet, wie dies aus einem an den Rath zu Dresden gerichteten Schreiben vom 29. Juli 1438 hervorgeht. Sehr bedenklich aber klingt der Inhalt eines Schreibens, das der Kurfürst selbst aus dem Feldlager vor Tabor unterm 18. August an den Rath abgehen ließ. Während er mit dem auserlesenen Kern seiner Leute um des gemeinen Friedens und Nutzens willen Leib und Leben einsetze, würden ihm viele von den Trabanten und Reisigen, auch aus den Städten, abtrünnig und machten sich heimlich davon, weswegen er von den Böhmen schon manche „gämliche“, d. i. spöttische Reden habe hören müssen. Er befiehlt dem Rathe, alle, die aus dem Heere ohne Auftrag von ihm durch die Stadt kämen, festzunehmen und bis zu seiner Rückkehr gefangen zu halten, damit sie dann ihre gebührende Strafe empfingen.

Hiernach hatte offenbar die Desertion im meißnischen Heere bereits lange vor Beginn des Rückzugs einen bedenklichen Umfang erreicht, und es ist deshalb nicht anzunehmen, daß das Heer auf dem Rückzuge selbst von großem Kampfesmuthe beseelt gewesen ist.

Die erwähnten beiden Schreiben (im Dresdner Rathsarchive) lauten:

Margaretha von gots gnaden herczogynne zcu
Sachsen etc
.
Lieben getruwen. Nach deme als uch wol wissintlichin ist, das unsir liber herre und gemaheln mit etwiewil sinen graven, herren, rittern, knechten und steten ins land zcu Behemen zcu wederstehin den vordampten ketezern geczogen ist, begern wir von uch mit unserm grosten vliße, in uwer pfarre, clostern und cappellen mit den pristern alsbalde zcu bestellin, vor yn und alle die sinen uff sollichin wege und zcoge flissiclich zcu bitten, messin zcu singen and got den almechtigen dorynne zcu vormanen, das sine gnade alle unsirs libin hern und gemaheln sachen iczunt zcuvorhanden zcu einem guten und gelugseligin ende fugen und schicken wolle, und haldit des nicht andirs, daran irczeigit ir sin und uns groß wolgefallen. Gegebin zcu Missin am dinstage noch Jacobi undir Thamme Losers unsers hofemeisters insigel, unsers nuczumal gebrochins halbin anno dom. etc. XXXVIIIo.


Friderich von gots gnaden herczoge zcu Sachssen etc.
Liben getruwen. Wir sind itczunt gote dem almechtigin zcu lobe, der ganczin cristenheit zcu troste, unserm gnedigstin herren dem Romischin konige zcu dinste, uns, unsern landen und luten zcu heile, nutcze und fromen in das land gein Behemen geczogen und besundern umb gemeynes friedes und nutcis willen, und setczin nicht alleyne dar unsir lieb und leben, sundern den ußerlesin kern unser lande und lute, und wanne nu sich vaste der unsern von drabanten und reisigin und auch der stete von uns ane wissen flissen und zcu huse gedencken, das uch billich leit sin solle, begern wir mit ernstem flisse, das ir bestellit in uwer stat, wer in sollichirmasse von uns komet und nicht in unserm gewerbe .....[1] durch uwer stat zcuhet, wer der sie nymandes ußgeslossin, das ir.....[1], und festiclich biß an uns in uwer beheltniß setczet und darynne.. frunde noch fremde bie unseren hulden sparet, wanne wir durch derselbin abetrunnygen wege hie von den Behemen manichfeldige gemeliche rede mussen dulden, der wir uns an in wil got mit straffungen wollen widermutigin. Haldet des nicht anders, daran tut ir uns wol zcudancke. Gebin im felde bie der stat Thabar am mantage nach assumpcionis Marie anno etc. tricesimo VIIIo.
Aufschrift: Dem rate zcu Dresden unsern liben getruwen.
Dr. O. Richter. 


Naturalbezüge der Rathsherren.

In älterer Zeit genossen die Dresdner Rathsherren außer dem baaren Gehalte noch manche kleine Naturalbezüge. Während des 16. Jahrhunderts erhielten sie unentgeltlich einen Theil der im Rathskeller von dem eingeführten fremden Wein und Bier übrig bleibenden leeren Fässer, und zwar der regierende Bürgermeister 15, die beiden anderen je 10, die vier ältesten Rathsherren je 6 und die sechs jüngsten sowie der Oberstadtschreiber je 5 Fässer jährlich. An Abnehmern für diese Fässer fehlte es ihnen, soweit sie sie nicht selbst brauchten, damals gewiß nicht, denn jeder Hausbesitzer brante Bier zu eigenem Bedarfe wie zum Verkaufe und jeder vermögende Mann hatte seinen Weinberg in der Lößnitz oder in den Tatzbergen. Ferner bekam der Bürgermeister jährlich 11/2 Schragen, jedes Rathsmitglied 1/2 Schragen freies Holz. Von alter Zeit her war ihnen das Grummet auf der Bürgerwiese überlassen, während das Heu für die Marstallpferde verwendet wurde.

Im Anfange des 17. Jahrhunderts wurden den Rathsherren auch noch gewisse Festspenden zu Theil. Zu Weihnachten erhielt jeder 2 Siebenlehnische Strietzel oder Stollen, die zu jener Zeit, wo auch viel Semmel ans Siebenlehn in Dresden eingeführt wurde, als die besten galten; die erforderlichen 48 Stollen kosteten gegen 12 Gulden. Zu Ostern wurde jedem Rathsmitgliede ein Westfälischer


  1. a b Loch im Original
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/160&oldid=- (Version vom 20.4.2024)