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Der Rath ward beim Kurfürsten mit Erfolg dagegen vorstellig; er erklärte es für bedenklich, wenn wieder ein Gasthof einginge, denn es werde immer schwerer, die Reisenden und namentlich fremde Gesandtschaften angemessen unterzubringen. Im Jahre 1676 wird dann David Decker, gegen Ende des Jahrhunderts der Handelsmann Christian Friedr. Gentz und nach ihm George Friedr. Kauderbach und Gottfried Matthes als Besitzer erwähnt.

Der Goldne Ring war infolge seiner Größe und seiner bevorzugten Lage im 17. Jahrhundert und noch zur Zeit Augusts des Starken der vornehmste Gasthof in Dresden; später ersetzten ihn das Hôtel de Pologne und das Hôtel de Bavière in der Schloßgasse. Eine Reihe hervorragender, ja berühmter Persönlichkeiten hat der Goldne Ring beherbergt. Vielfach kehrten fremde Gesandtschaften dort ein. So im September 1599 ein vom Zaren Brixius Feodorus an den Kaiser abgeschickter Gesandter „Ofonosius Jwanswiz Wlasgew“, der ein Bündniß zwischen Rußland, dem Kaiser und Persien vermitteln sollte und nach Dresden ein Schreiben des Zaren an den Kuradministrator Friedrich Wilhelm überbrachte. Er hatte drei Dolmetscher, drei Falkenträger, drei Sekretäre und dreißig Knechte bei sich. Die aus der kurfürstlichen Kammer bezahlte Gasthausrechnung betrug nebst dem Fuhrlohn nach Außig 800 Gulden. Am 21. Mai 1600 kam wieder eine moskowitische Gesandtschaft, 40 Personen stark, auf der Rückkehr vom kaiserlichen Hofe nach Dresden. Ihr Schiff ward an der Elbe von sechs Herren vom Adel empfangen; diese gingen der dem Gesandten zur Verfügung gestellten Kutsche voran und geleiteten ihn in den Goldnen Ring, wo er bis zu seiner Weiterreise nach Hamburg am 25. Mai mit Küche und Keller vom Hofe versorgt ward. Im Jahre 1602 wohnten im Goldnen Ringe Gesandte des Bischofs von Bamberg, in der Zeit vom 9. Mai bis 18. August 1606 die württembergischen Gesandten Georg Leopold von Landau und der Rath Ponacker. Diese beanspruchten dem Herkommen nach den Ersatz der dort aufgelaufenen 1773 Gulden vom Kurfürsten Christian II., der denn auch die Zehrung, obwohl er sie etwas hoch fand, aus der Rentkammer bezahlen ließ. Im Jahre 1673 beherbergte unser Gasthof wieder eine moskowitische Gesandtschaft.

Der berühmteste Gast im Goldnen Ringe ist aber der Zar Peter der Große gewesen. Während er bei seinem ersten Aufenthalte in Dresden vom 1. bis 4. Juni 1698 im Schlosse gewohnt hatte, kehrte er das nächste Mal, am 20. September 1711, im Gasthofe ein. In Abwesenheit des Kurfürsten von dem Oberstallmeister Grafen Friedrich Vitzthum von Eckstädt empfangen, begab er sich mit diesem sogleich zum Abendessen in dessen Haus auf der Scheffelgasse (das spätere Polizeihaus, jetzt Nr. 9), während seine Begleitung für ihn im Goldnen Ringe Quartier machte und den aus dem Hofkeller gesandten Tokaier in Empfang nahm, den er nachher selbst austrank. Nachdem er die Sehenswürdigkeiten der Stadt in Augenschein genommen, reiste er am 22. September nach Freiberg weiter. Bei der Abreise nahm er, wie ein amtlicher Bericht des Oberhofmarschalls von Pflugk meldet, einige Betttücher mit und war eben damit beschäftigt gewesen die grüntaffetnen Fenstervorhänge, die zur Ausstattung der Gasthofzimmer vom Hofe geliefert worden waren, eigenhändig einzupacken, als ein Stubenheizer, auch namens Peter, dieser eigenthümlichen Bethätigung seines Spartriebes entgegentrat und ihn zur Wiederherausgabe der Vorhänge veranlaßte.

Als der Zar auf der Rückreise von Karlsbad am 18. Oktober 1711 zum dritten Male nach Dresden kam, trat er wieder im Goldnen Ringe ab. Sein Lieblingsaufenthalt war die Hausknechtstube im Erdgeschoß hinten im Hofe, wo er in der ihm am meisten zusagenden Gesellschaft handfester Arbeitsleute frühstückte. Am 23. Oktober früh 9 Uhr fuhr er zu Schiff nach Torgau weiter. Während der Tage seiner Anwesenheit im September und Oktober wurde ihm zu Ehren die Wachparade statt auf dem Neumarkte vor dem Gasthofe auf dem Altmarkte abgehalten.

Im folgenden Jahre gebrauchte Peter der Große nochmals eine Kur in Karlsbad. Auf der Rückreise hielt er sich vom 17. bis 25. November wieder in Dresden auf, wohnte aber damals in dem viele Merkwürdigkeiten bietenden Hause des berühmten Goldschmieds Dinglinger auf der Frauengasse, jetzt Nr. 9. (Vergl. K. von Weber, die Besuche Peter des Großen in Dresden, im Archiv für die Sächs. Geschichte Bd. 11, 1873, S. 337 flg.)

Zur Zeit Augusts des Starken war der Goldne Ring einmal dazu ausersehen, als Rathhaus zu dienen. Nach dem Abbruche des alten, auf dem Markte freistehenden Rathhauses im Jahre 1707 hatte der Rath für seine Kanzleien das gräflich Taubesche Haus an der Ecke der Scheffelgasse eingerichtet. Aber schon 1729 war dieses so baufällig, daß er sich veranlaßt sah, den Goldnen Ring anzukaufen, um dahinein das Rathhaus zu verlegen. Der Kurfürst versagte aber seine Genehmigung dazu und der Kauf mußte rückgängig gemacht werden.

Im Jahre 1737 kaufte das Grundstück der Kommissionsrath Joh. Gottfr. Matthäi und ließ den Gasthofbetrieb eingehen. Es diente seitdem als Miethhaus; lange Zeit befand sich die Wohnung des Oberkonsistorialpräsidenten darin, auch der bekannte Vertraute der Kurfürstin Maria Antonia Walpurgis, Marquis

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/19&oldid=- (Version vom 27.4.2024)