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die Preußen bei Annäherung der österreichischen Armee das dort befindliche Magazin in Brand setzen wollten. Im selben Monat hat er denn, gleichfalls auf hohen Befehl, nachts gegen 1 Uhr sämmtliche Bilder, die im Kabinet des Königs im Schloß sich befanden (sie waren 1750 für diesen Zweck vom König selbst ausgewählt worden), über die Gewehrgalerie nach der Gemäldegalerie schaffen müssen, wo sie im Pastell-Kabinet untergebracht wurden. Am 30. August, bei der Annäherung der preußischen Armee, hat er endlich auf hohen Befehl die dem Grafen Brühl gehörenden Bilder aus dessen Palais und dessen Galeriegebäude bringen lassen müssen, was in vier Nächten ausgeführt wurde, denn das Brühlsche Palais sollte als Lazareth, dessen Galerie aber zum Exerziren verwendet werden.

Im September, als der König von Preußen nach Dresden kam und sein Hauptquartier im Schlosse aufschlug, mußte Riedel sämmtliche Schlüssel zum Pastell-Kabinet abgeben und während der Dauer von Friedrichs Aufenthalt in Dresden nebst den Galeriebedienten über Nacht in der Gemäldegalerie bleiben. „Am 18. September ist der König von Preußen nebst Prinz Heinrich um 10 Uhr auf die Galerie ganz allein gekommen; auch mußten alle Galeriebediente außer(halb) der Galerie während dessen Dasein sich befinden, und ist bis nach 12 Uhr dageblieben.“

In das Jahr 1759 fiel die Ueberführung der Galerie auf den Königstein, wo sie dann bis zur Beendigung des Krieges im Jahre 1763 verblieb. Bereits im August 1759, als die österreichische und die Reichsarmee zum Entsatz von Dresden heranrückten und die Stadt einfaßten, mußte Riedel nebst den Galeriebedienten sowohl des Tages als des Nachts auf der Galerie verbleiben, da man eine Belagerung erwartete. Nachdem am 4. September gegen 5 Uhr die Stadt kapitulirt hatte, wurde ihm Abends um 7 Uhr anbefohlen, sämmtliche Gemälde einzupacken, womit am 5. Morgens angefangen wurde, nachdem die Kisten für den Raphael und den Correggio angefertigt worden waren. Am 6. mußte nach erhaltenem Befehle mit dem Einpacken Anstand genommen werden, am 7. aber kam wieder Ordre, mit dem Einpacken fortzufahren. Am 8., als die preußische Garnison ausmarschirte, wurde damit Einhalt gethan, am 9. aber kam schleunige Ordre, fortzufahren und die Bilder auf die Festung Königstein zu transportiren. Am 10. September, früh 6 Uhr, ging der erste Transport auf sieben großen Kähnen dorthin ab; am 16. folgte der zweite Transport, am 29. der dritte; doch blieben noch drei Bilder an den Pfeilern hängen. Die Rahmen der Bilder waren in der Galerie gelassen worden.

Im Oktober wurde mit den Auspacken der Bilder auf dem Königstein angefangen, weil viele derselben wegen der Feuchtigkeit angelaufen waren; die kleinen Bilder wurden auf einer Stellage rangirt; die Bilder von Correggio und Raphael aber sowie mehrere andere wurden so gestellt, daß man sie sehen konnte. In demselben Monat noch mußten die besten der Pastelle wieder nach Dresden geschafft werden, da sie auf der Festung zu feucht standen und Schaden litten; das geschah auf einem Lastschiff.

Während der Jahre 1759 bis 1763 wurde monatlich zwei- auch dreimal nach den Bildern nachgesehen; die gerollten wurden alle Frühjahr und Herbst aufgerollt und abgestäubt.

Ende Juni 1760 traf freilich vom Premierminister Grafen Brühl aus Warschau der Befehl ein, die Gemälde wieder nach Dresden in die Galerie zu schaffen. Riedel begab sich auch, nachdem er den „alten Vorrath“ von über 700 Bildern, sowie die alten Rahmen, welches beides im Jahre vorher aus dem Japanischen Palais nach der Galerie geschafft worden war, auf den Boden hatte bringen lassen, am 3. Juli nach Königstein, ließ die beschädigten Kisten repariren und begann sofort das Einpacken zu leiten. Aufs späteste den 15. hoffte er den ersten Transport nach Dresden gelangen lassen zu können. Wegen der Brühlschen Galerie, die gleichfalls auf den Königstein geschafft worden war, erwartete er noch besondere Ordre. Bereits am 9. wurde angefangen, den Transport zu formiren; da langte jedoch am 10. eine Stafette vom Hadeckschen Korps mit der Nachricht an, daß die preußische Armee nach Dresden marschire und die Bilder deshalb nicht transportirt werden möchten. Sie wurden daher wieder auf die Festung hinauf geschafft, während Riedel am 11. nach Dresden zurückkehrte.

Am 12. Abends gegen 5 Uhr hatten die Preußen Dresden umschlossen und begannen am 13. früh 6 Uhr die Beschießung der Stadt von der Batterie vor dem Pirnaischen Thore aus. Nur zwei Frotteure und zwei Feuerwächter hatten sich neben Riedel auf der Galerie eingefunden, da die vor dem Thore wohnenden Beamten nicht herein kommen konnten. Riedel ließ sofort Wasser hinaufschaffen. Eine Haubitze flog in die Galerie, beschädigte jedoch nur das Fenster im Pastell-Kabinet. Gegen 11 Uhr hörte das Feuern auf. Während der folgenden Tage bis zum 18. fielen mehrfach Haubitzgranaten in die Galerie; zwei davon zündeten, wurden jedoch sofort gelöscht; die Fenster wurden sämmtlich zertrümmert, die Decken und der Fußboden litten arg Schaden. Am 19. fielen Stücke von Bomben, die auf die Frauenkirche geworfen und an deren Kuppel zerschellt waren, in die Galerie; eine Bombe traf die Freitreppe, machte jedoch nur eine große Oeffnung in den Stein, ohne weitere Beschädigungen anzurichten. Eine andere, die auf der Elbgasse unter den Fenstern

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/196&oldid=- (Version vom 23.4.2024)