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aufschlug, jedoch ganz blieb, ließ der Kommandant Graf Maquire abfordern und ertheilte gleichzeitig Befehl, die Galerie Tag und Nacht offen zu halten, da man preußische Transporte mit frischer Munition erwartete und daher besorgte, daß der Galerie große Gefahr drohe; Nachts waren dazu zwei Kompagnien Grenadiere vom Regiment Pallavicini beordert. Beschädigt wurden durch das Springen der Geschosse die folgenden Gemälde: 1) ein Blumenstück von Mignon, 2) ein Konversationsstück von Lancret, 3) ein Haase von Weenix (hatte am Fenster gehangen), 4) das Altarblatt von Torelli, das sieben Löcher bekam, 5) die Entrevue bei Neuhaus, die schon im Holländischen Palais einen Riß erhalten hatte, welcher nun durch ein eingeschlagenes Stück Granate noch vergrößert worden war.

Obwohl die Preußen erst am 24. Juli das Bombardement aufhoben, hatten Riedel schon am 21. nach Pirna gehen und den Weg erforschen können, ob es wohl möglich sei, darauf weiter zu kommen. Am 23. war er zurückgekehrt, hatte einige Bilder, die theils wegen Reparatur, theils wegen der auf dem Königstein herrschenden Feuchtigkeit nach Dresden zurückgebracht worden waren, wie die Nacht von Rubens [1], die Magdalena von Correggio, den heil. Sebastian von Parmeggiano[2], Maria aus Aegypten (h. Agnes) von Spagnoletto, eingepackt und brachte sie nun nebst allen Schriften und Belegen, sowie dem Inventar auf einem Schiffe nach Königstein, von wo er sofort wieder zurückkehrte, um über das inzwischen Vorgefallene nach Warschau und München zu berichten. (Hiermit enden die Riedelschen Tagebuchnotizen.)

Im September 1760 konnte dann endlich wieder an die Zurückbringung der Bilder nach Dresden gedacht werden: am 20. langte auch thatsächlich der erste Transport, bestehend aus sechzehn Kisten, dort an; in der folgenden Woche sollte der zweite Transport von Königstein abgehen. Doch ist es dazu nicht mehr gekommen. Denn unterm 4. Oktober meldet Riedel bereits, er sei „mit der Galerie nunmehro so weit gekommen, daß er künftige Woche alle und jede in der Galerie befindlich gewesenen Bilder zufolge der aufs neue von Sr. Excellenz (dem Grafen Brühl) erhaltenen Ordre (vom 17. Sept.) aufn Königstein wiederum transportiren werde“, was denn auch geschehen ist. Unterm 18. Oktober berichtet er vom Königstein aus an den Grafen Brühl, daß er nunmehro alles, was in der Bildergalerie aufgehangen gewesen, wiederum herauf auf die Festung gebracht habe. In dem Johannis-Saale sei die Einrichtung getroffen worden, daß alle, sowohl die Königlichen wie die dem Grafen gehörenden Bilder beisammen und von den übrigen Effekten durch einen aus zusammengesetzten Kisten gemachten Verschlag abgesondert seien; auch werde in der Mitte des Saales eine Stellage errichtet werden, damit die Bilder inwendig und auswendig daran gesetzt werden könnten. Dieser Transport hatte in 35 Kisten, die 444 Bilder enthielten, bestanden: es waren nämlich die Bilder des sogenannten guten und mittlern Vorrathes (wozu z. B. die Canalettoschen Prospekte gehörten, die der König nicht in der eigentlichen Galerie hatte aufgestellt wissen wollen) jetzt mit hinausgebracht worden, während der sogenannte schlechte Vorrath in Dresden gelassen worden war.

In Dresden waren übrigens auch noch die Pastelle verblieben, da Riedel es mit Recht nicht gewagt hatte, sie wieder zurück zu transportiren, bevor nicht erst besondere Kisten, in denen sie fest ruhen konnten, für sie angefertigt worden waren. Nachdem er zu Anfang des Januar 1761 aus Warschau die erbetene Ordre erhalten hatte, solche Kisten zu bestellen, machte er sich sofort aus Werk und konnte endlich im Mai desselben Jahres melden, daß er nun mit dem Festschrauben dieser 171 Bilder in den Kisten beschäftigt sei, was wohl noch vier Wochen dauern könne, da diese Arbeit große Sorgfalt erfordere. Solcherweise in den Kisten verpackt, deren Deckel jedoch abgenommen blieben, um dem Licht und der Luft Zutritt zu gestatten, wurden die Pastelle auch fernerhin in Dresden belassen, um erst im Augenblick äußerster Gefahr nach dem Königstein verschifft werden zu brauchen. Im Mai 1762 glaubte man auch wirklich einen solchen Zeitpunkt gekommen; ein Schiffer wurde angenommen, um jederzeit für den Transport bereit zu sein; doch verzog sich die Gefahr. Die Bilder scheinen auch fernerhin ruhig in Dresden geblieben zu sein.

Bis Ende März 1761 waren sämmtliche Fenster der Galerie wieder verglast worden; im Juli war auch der Fußboden reparirt. Im Mai waren, aus Anlaß von Bauten im Königlichen Schloß, 41 Bilder, die in der Kapelle der verstorbenen Königin gestanden, auch die aus dem Kabinet der Königin und aus dem geheimen Kabinet auf die Galerie gebracht worden. Am 15. September besuchten der Feldmarschall Daun, der General Odonel, der Kommandant Guasco und andere die Galerie. Im Februar 1762 brachte Riedel Correggios Magdalena wieder nach Dresden, da er der Ansicht war, daß das Bild im dortigen Galeriegebäude, wohl im Hinblick auf die auf dem Königstein herrschende Feuchtigkeit, besser aufgehoben sei, auch jederzeit von dort leicht wieder auf die Festung geschafft werden könne. Gleichzeitig wurde dem Bildhauer Neue aufgetragen, die während der Belagerung beschädigten Bilderrahmen wieder herzustellen. Im April wurden die aus Hubertusburg geretteten Bilder des Vorraths auf die Galerie


  1. Wahrscheinlich die „Alte mit dem Kohlenbecken“.
  2. Es läßt sich nicht feststellen, welches Bild damit gemeint ist.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/197&oldid=- (Version vom 23.4.2024)