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abgeliefert: von den ursprünglichen 300 Bildern waren freilich, nach der im Jahre 1760 erfolgten Plünderung des Schlosses, nur 14 übrig geblieben.

Für die Erhaltung der nach dem Königstein geflüchteten Bilder sorgte Riedel nach voller Kraft. Mehrmals im Jahre revidirte er sie, wie bereits gesagt, ließ die aufgerollten an die Luft bringen, suchte die Feuchtigkeit nach Möglichkeit abzuhalten, kämpfte energisch gegen das Umsichgreifen des Holzwurmes an, spannte Bilder, die sich zu werfen begannen, von neuem auf.

Endlich am 12. März 1763 konnte er melden, daß am 10. der erste Transport der Bilder vom Königstein wieder zurück nach Dresden gebracht worden sei – nach 31/2jähriger Abwesenheit! – und daß er hoffe, auch die übrigen Bilder bald herüberschaffen zu können. Diesmal endlich war der Umzug ein endgiltiger. Daß aber die unschätzbare Galerie all diese Fährlichkeiten mit verhältnismäßig so geringen Einbußen hat ertragen können, ist ausschließlich das Verdienst ihres tapfern und sorgsamen Inspektors Johann Anton Riedel.


Eine Dresdner Liebhaberbühne
vor hundert Jahren.
Vortrag, gehalten am 20. Februar 1895
von
Geh. Rath a. D. Dr. W. Frhr. von Biedermann.

Vor einiger Zeit übergab unser Herr Vorsitzender mir einen handschriftlichen Band aus der Stadtbibliothek mit Nachrichten von einem hiesigen Liebhabertheater im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts mit dem Wunsche, davon Anlaß zu einem Vortrag im Geschichtsverein zu nehmen. Bei Durchsicht der Handschrift fand ich einen alten Bekannten; denn sie war schon über hundert Jahre gedruckt. Hiermit fiel eigentlich der Grund weg, der sie als zu einem Vortrage geeignet erscheinen ließ, nämlich der, Ihnen etwas bisher Unveröffentlichtes mitzutheilen, aber dem ungeachtet meinte der Herr Vorsitzende, daß sich denn doch über den Gegenstand ein Vortrag halten lasse, namentlich wenn die Liebhaberbühne in ihren Beziehungen zu den damaligen hiesigen Bühnenzuständen betrachtet werde. In diesem Sinne habe ich nun mehr als ein halbes Hundert Bände von Druckschriften durchmustert; der gedachte Handschriftenband gab dabei insofern einige Ausbeute, als sich darin mehrere Einzeldrucke von Festgedichten befanden, die zum Theil nur hier erhalten sind und geschichtlich benutzt werden konnten. Auch archivalische Nachrichten waren zu benutzen. Wenn ich nun aus der unendlichen Masse für unsere Zwecke gleichgiltigen Stoffes das heraushebe, was die Theilnahme des Dresdner Geschichtsvereins beanspruchen darf und wenigstens als etwas in dieser Zusammenstellung Unbekanntes anzusehen ist, so hoffe ich, Sie die übliche Vortragszeit mit Wissenswürdigem unterhalten zu können.

Vermeiden kann ich nicht, einiges über die deutschen und insbesondere die hiesigen Bühnenzustände zu Ende des verflossenen Jahrhunderts zu sagen; darf ich auch voraussetzen, daß diese genügend bekannt sind, so muß ich doch das vorausschicken, woran ich anknüpfen will. Ich beschränke mich hierbei auf das redende Schauspiel, da die Oper ihre Geschichte für sich hat – allerdings nicht ganz. Denn das damals beliebte Singspiel wurde meistens sowohl im Repertoire als betreffs der Darstellung zum Schauspiel gerechnet.

In Deutschland gab es noch bis gegen Ausgang des vorigen Jahrhunderts für das Schauspiel keine stehenden Hof- oder Stadtbühnen; den Bühnengenuß befriedigten Schauspielergesellschaften, die von bedeutenderen Schauspielern oder Schauspielerinnen zusammengebracht wurden und das Reich, gewöhnlich gewisse beschränktere Landbezirke, durchzogen, wie es uns in der Januarversammlung des Dresdner Geschichtsvereins hinsichtlich des Schauspielunternehmers Velten ausführlich vorgetragen worden ist. Dergleichen Schauspielergesellschaften nahmen dann auch einige Fürsten, wie es mit der Veltenschen der Fall war, zeitweilig in ihren Dienst und zwar so, daß sie einen Bauschbetrag für das Spielen auf der Hofbühne gewährten. In Kursachsen besaßen seit Mitte des vorigen Jahrhunderts nacheinander die Schauspieler und Schauspielunternehmer Koch, Döbbelin, Seyler, Bondini und Seconda das Privileg als kurfürstliche Hofschauspieler, kraft dessen sie im Winter in Dresden, im Sommer in Leipzig spielten. Eine ausgezeichnete Stellung nimmt jedoch Dresden in dieser älteren Geschichte des Schauspiels nicht ein. Während es den Vorzug genoß, daß hier seit 1719 mit kürzeren oder längeren Unterbrechungen eine treffliche italienische Oper bestand, so hatte sich dagegen das deutsche Schauspiel in anderen Orten, namentlich Leipzig, Hamburg, Mannheim, Gotha, Weimar, Berlin, auf einen bedeutenderen Stand erhoben infolge des regeren Antheils, der ihm dort von den Stadtbevölkerungen oder von den Höfen zugewandt wurde.

Um die Zeit nun, die jetzt Gegenstand unserer Aufmerksamkeit sein soll, erhielt Bondini das kursächsische Privileg. Der Beginn des bayerischen Erbfolgekriegs hatte 1778 den Kurfürsten bewogen, zu Verminderung des Aufwandes beim Hofstaat die hohe Unterstützung, die dem Unternehmen der italienischen Oper, eben Bondini, zufloß, einzuschränken, und zur Entschädigung wurde ihm das Privileg der Hofschauspieler ertheilt.

Bondini spielte auf der Hofbühne wöchentlich dreimal; späterhin gab während des Sommers eine andere

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/198&oldid=- (Version vom 24.4.2024)