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Segnen, und zu Sachsens Glück
Ihn so schön noch oft zurück
Wünschen. An Thaliens Hand
Können wir ins Vaterland
Freier unsern Jubel rufen,
Daß Augusten, als Er stand
An des offnen Grabes Stufen,
Sachsens Genius erschien,
Ihn vom Grabe rief und Ihn
Seinem Volke schenkte.

Lerch starb am 2. April 1801. Als Verfasser nur je eines als Handschrift bezeichneten Bühnenstücks sind noch folgende namhaft zu machen. Zuerst ein sonst nicht bekannter A. Weber, von dem 1777 das aus dem französischen übertragene Lustspiel „Die Originale“ im Societätstheater gegeben ward. – Sodann steuerte zu dessen Repertoire Johann Friedrich Adolf Pitschel 1790 das zweiaktige Lustspiel „Der Fremde“ bei. Pitschel war Kanzleibeamter beim Geheimen Konsilium, zuletzt Geheimer Registrator, prädicirt als Geheimer Sekretär, als welcher er am 26. April 1823 sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum beging. Er war seit Oktober 1782 mit einer Vereinsgenossin, Sophie Dober, der vorhin schon als treffliche Schauspielerin gerühmten, verheirathet; das Societätstheater betheiligte sich bei der Hochzeitsfeier durch eine Gesangaufführung, deren Text noch vorhanden ist. – Ferner ward 1777 der Einakter „Blinde Kuh“, nach Dancourt vom hiesigen Geheimen Kriegsrath Karl Franz Romanus bearbeitet, vorgestellt, ein unter dessen gedruckten Schriften in Goedekes „Grundriß“ nicht gefundenes Bühnenstück. – Ebenso wenig finde ich unter August Friedrich Ernst Langbeins Druckschriften sein 1786 hier aufgeführtes Lustspiel „Vergeben ist süßer, als strafen“. Langbein hatte sich, um dies noch einzuschalten, 1785 als Rechtsanwalt in Dresden niedergelassen und war im nächsten Jahre an Meißners Stelle in der Kanzlei des Geheimen Archivs angestellt worden.

Gedruckte Bühnenstücke von Dresdnern wurden aufgeführt: von dem am 18. Januar 1738 hier geborenen und ebenfalls hier am 30. Januar 1801 verstorbenen Hof- und Justitienrath, auch Geheimen Referendar Hans Ernst von Teubern 1777 „Der Philosoph ohne es zu wissen“, ein aus dem Französischen übersetztes Lustspiel von Sedaine; hiernächst von dem hier 1724 geborenen und 1785 verstorbenen Johann Christian Bock zwei Lustspiele.

Zu erwähnen ist überdies, daß auch von einem Auswärtigen, C. L. Schletter in Leipzig, Lustspiele zur Darstellung kamen, deren Druck ich nicht zu ermitteln vermochte, und zwar 1783 „Die Vormünder“ nach Goldoni und 1784 „Der englische Kaper“. Bei ersterem Stück ist bemerkt, daß der Verfasser es dem Societätstheater zugeeignet habe.

Hiermit mögen die bei den Leistungen des Societätstheaters auftauchenden literarischen Fragen, soweit sie der geheimen Literaturgeschichte Dresdens angehören – die allgemein literarischen beschäftigen uns hier nicht näher – abgethan sein. Betrachten wir nun diese Leistungen vom theatralischen Standpunkte aus. Da kennzeichnet es denn deutlich genug die Grenzen, welche sich das Societätstheater zog, daß man erst im sechsten Jahre seines Bestehens sich an ein Trauerspiel wagte. Das Brudermörderstück „Julius von Tarent“ von Leisewitz gab man 1781 und 1782 kurz hintereinander zweimal, ein Jahr darauf auch „Elfriede“, in Bertuchs Bearbeitung des englischen Trauerspiels von Mason. Dabei hatte es indessen bis 1798, soweit allein uns das Repertoire vollständig zugänglich ist, sein Bewenden. Einen fast komischen Eindruck macht Meißners Prolog für die erste Vorstellung des „Julius von Tarent“; sie wurde vom Darsteller des Guido, des Brudermörders – wie wir schon hörten Dr. Behling – gesprochen. In diesem Prolog legt sich der Schauspieler die Frage vor, ob er es wagen solle, die Rolle zu übernehmen, kommt über den Zweifel, ob er ihr gewachsen sei, noch hinweg; hat aber andere Bedenken:

Zumal des Guido Rolle? Guido’s Rolle!
Wer bebt nicht vor der Hand voll Bruderblut zurück?
Wer haßt nicht den, durch den der liebevolle
Entführer Blankens sinkt?
Wer, wenn mein Dolch der Rache blinkt,
Wer beut nicht jeden Scharfsinn der Kritik
Zu seinen Diensten auf, in Guido’s kleinster Silbe
In seinem Ton, in seinen Blick,
In seiner Kleidung selbst ein Fehlerchen zu spähn?
Sei’s noch so klein, sei’s klein wie eine Milbe,
Es wird dem Mann nicht übersehn,
Den jeder hassen muß, und dessen Grausamkeit
Selbst eh’r sein Vater und sein Richter,
Als das Parterre verzeiht.
Und ich, ich sollte diesen Tadel auf mich laden?
Fand ich ihn nicht schon g’nug auf minder schweren Pfaden?
Woher hätt’ ich den Muth
An Kaffeetischchen das Gespräch zu werden?
Der unberufnen Dramaturgen spöttische Geberden
Zu sehn? Und – ha! ich fühle stärkre Gluth
Auf meiner Wange glühn –
Sogar der Mädchen Haß auf mich zu ziehn,
Die ihren Liebling Julius –
Ein halbes Mädchen schier – bald Mitleid, Thränen zollen,
Und zornig gegen mich die schönen Augen rollen?
Der Mädchen Haß? Das woll’ der Himmel nicht!
Ihn reizen wäre gegen Männerpflicht,
Hinweg Prinz Guido’s Rolle!
Dich spiele, wer da wolle,
Ich sicher nicht!

Die Begründung des Entschlusses, den Guido doch noch zu spielen, anhören, möchte eine Zumuthung für Ihre Geduld sein. Das Angeführte genügt, das Urtheil, daß dieser Prolog sich komisch ausnehme, zu

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/204&oldid=- (Version vom 24.4.2024)