Seite:Dresdner Geschichtsblätter Erster Band.pdf/218

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

(bei Wolf Seiffert in Dresden) gedruckten Lobspruch, worin Johann Georg in Form eines Akrostichons, freilich recht nüchtern, als Beschützer der Exulanten gefeiert wird. Gumprecht wird aufgenommen und tritt schon 1631 in den Rath ein[1]. – Weniger zart als er, weiß der Schlosser Georg Preußler aus Prag beim Kurfürsten sich einzuschmeicheln, indem er ihm zwei prächtige Schlösser, sein Meisterstück, als Geschenk überreicht. – Noch schlauer fängt es Herr Wenzel Kapler von Sulewiz an. Er erinnert sich an Johann Georgs Jagdliebe und schickt ihm ein rothes Windspiel und zwei Hühnerhunde. Infolgedessen wird er (1628) mit Frau und Kind aufgenommen. Er kehrt aber bald nach Böhmen zurück und schwört seinen Glauben ab.

Endlich bleiben noch die Exulanten zu erwähnen übrig, welche bereit waren, das Bürgerrecht zu erwerben oder gar sich anzukaufen. Die Letzteren werden selten zurückgewiesen; brachten sie doch Geld mit und boten, wie auch die ersteren, Gewähr, daß sie dauernd hier zu bleiben gedachten. Auch die Erwerbung des Bürgerrechts brachte der Stadt eine Einnahme, wovon weiter unten noch die Rede sein wird. Es wird darum bei vielen Handwerkern die Aufnahme mit ihrer Bereitwilligkeit begründet, Bürger und Innungsmitglied zu werden, was eng mit einander zusammenhing.

Der Ankauf wird besonders vom Rathe gern gesehen, weil viele Häuser feil, die Käufer aber selten waren und auf diese Weise Geld unter die Leute kam. Indessen giebt auch der Kurfürst öfter aus diesem Grunde seine Einwilligung zur Aufnahme, so bei dem Hutschmücker Albrecht Karges aus Prag (1628). Ihn hatte der Rath auch noch deshalb empfohlen, weil es keine Hutschmückerinnung in Dresden gab und darum keinerlei Zänkereien, wie in anderen Fällen, zu erwarten wären, ferner weil Karges ein lediger und stattlicher Mann wäre, zur Aufwartung – gemeint ist bei Hofe – gut zu gebrauchen.

Es fehlt überhaupt nicht an Kauflustigen unter den Exulanten, aber der Kurfürst ist eben auch bei der Genehmigung von Hauskäufen sehr vorsichtig, ohne daß die besonderen Gründe immer zu erkennen wären. In einem Falle allerdings wird deutlich gesagt, warum die Genehmigung versagt wird. Es handelt sich da um den Ankauf eines Exulanten, der im Verdachte stand, heimlicher Kalvinist zu sein. Die Furcht vor dem Kalvinismus ist in Sachsen ja bezeichnend für jene Zeit und erklärt sich aus den kirchlichen und politischen Verhältnissen. Es wurden daher Exulanten, die sich nicht zur ersten ungeänderten Augsburgischen Konfession bekannten, weder aufgenommen noch geduldet, und wiederholt richtet Johann Georg Ermahnungen an das Oberkonsistorium, es ja nicht an gehöriger Ueberwachung der Exulanten in Sachen des Bekenntnisses fehlen zu lassen.

Einen weiteren besonderen Grund, einen oder den anderen Exulanten von der Hauptstadt fernzuhalten, müssen wir in der persönlichen Abneigung des Kurfürsten oder in politischen Rücksichten suchen. In solchen Fällen – es kann sich dabei natürlich nur um bedeutendere Persönlichkeiten handeln, die man auch nicht gern verletzen wollte[2] – wird die Abweisung begründet, und zwar in der Regel damit, daß die Hauptstadt überfüllt wäre, obgleich zur selben Zeit andere Exulanten in ziemlicher Zahl aufgenommen werden. Ein besonders interessantes Beispiel hierfür bietet das Verhalten gegen den Oberstjägermeister Wilhelm von Kinsky, Freiherr von Chiniz und Tettau, den bekannten Parteigänger Wallensteins, der 1618-19 einer der 30 Direktoren in Böhmen gewesen war, aber nach der Schlacht am Weißen Berge durch schlaue Verstellung sich im Besitze seiner großen Güter zu erhalten wußte, trotzdem er Protestant blieb. Dreimal (1626-28) versucht er durch Vermittelung des kursächsischen Agenten in Prag, Friedrich Lebzelter, sich in Dresden anzukaufen, indem er sich auf ähnliche Fälle beruft. Aber vergebens; der Kurfürst kann sich nicht besinnen; nur den in Sachsen ansässigen Lehensleuten wäre der Ankauf stets gestattet worden. Kinsky wird nach einer anderen Stadt gewiesen mit dem Bemerken, daß ihm jedoch der Zutritt bei Hofe nicht verwehrt sein soll. Er kauft sich nun in Pirna an, ohne da ständig zu wohnen. Es war ihm offenbar nur darum zu thun, für sich und seine Familie einen gelegentlichen Zufluchtsort zu haben, und Dresden schien ihm dafür besonders erwünscht, weil er hier an dem diplomatischen Ränkespiel Antheil gewinnen konnte. Sein Wunsch sollte sich endlich erfüllen, als er durch Wallensteins Einfluß 1628 (2. Juli) in den erblichen Grafenstand erhoben worden war und damit einen unzweifelhaften Beweis kaiserlicher Huld erhalten hatte. Nun zauderte Johann Georg nicht mehr, ihn nach Dresden zu lassen. Noch in demselben Monat (19. Juli) erhält er die Erlaubniß, sich hier anzukaufen. Er erwirbt das Haus des kurfürstlichen Kammersekretärs Moser in der Moritzstraße, das später den Rechenbergs gehörte und an dessen Stelle heute das Palais de Saxe steht. Er mußte, wie alle Adligen auf ihren städtischen Grundstücken, einen


  1. Vergl. Richters Verfassungsgeschichte von Dresden, S. 430
  2. Ueber die politischen Umtriebe der adligen Exulanten, deren Erörterung nicht hierher gehört, vergl. Irmers Biographie des sächsischen Generalleutnants H. G. v. Arnim, besonders S. 146-153 und 218-220, und desselben Verfassers Verhandlungen Schwedens u. s. w., ferner Gaedeke, Die Eroberung Nordböhmens 1631, im Archiv f. d. sächs. Gesch. 9. Bd., S. 232 ff. – Von Exulanten, die in Dresden lebten, spielte hierbei nur der gleich noch zu erwähnende Graf Kinsky eine wichtige Rolle.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/218&oldid=- (Version vom 6.4.2024)