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– es war der 21. Oktober – schon frisch war, versorgten sich die vorsichtigen Musensöhne mit – einem Ofen. Eine Winterreise zu Weihnachten von Wittenberg nach Dresden wagte damals der Bruder Studio wohl nicht leicht. Als Entschädigung sendete er seine Silhouette. Die Bescheerung an diesem Feste dürfen wir uns nur ganz einfach vorstellen. Es wird weder von einem Baume, noch von einer Pyramide gesprochen. Jedes Familienglied schenkte dem anderen einen nützlichen Gegenstand.

Der Winter 1808 zu 1809 hat Dresden mancherlei Unruhe durch Soldatenmärsche und Einquartierung gebracht. Sie hat für die französischen Truppen meist ein Wort der Bewunderung. Sie erwähnt ehrfurchtsvoll die großen Bärmützen und berichtet, wenn die in die Stadt eingezogenen Marschälle beim Könige speisen.

Das Jahr 1809 rief in Dresden ganz außergewöhnliche Bewegung hervor. Wenn nun auch leider für die Zeit, in der durch österreichische Besatzung viel Unruhe ausbrach[1], die Erlebnisse nicht aufgezeichnet vorliegen, so hören wir doch mancherlei über die Vorbereitungen zur Befestigung und Vertheidigung der Stadt Dresden.

Am 26. Februar ergeht in der Stadt das erste Geschrei, die Oesterreicher würden als Feinde kommen. Schon am 27. ist auf dem Wall mancherlei Bewegung bemerkbar, die Zugbrücke am Pirmaischen Thore wird probirt. Der Bau von Schanzen an der Elbe wird am 19. März erwähnt; am 20. lockt ein Besuch der Schiffbrücke bei Uebigau. Es gab ferner Gelegenheit, den Fürsten Bernadotte auf der Meißnischen Gasse mit zahlreichem Gefolge einreiten zu sehen. Er erschien ihr als ein sehr schöner Mann von sehr kriegerischem Ansehen. Der König aber, der am 31. März ganz wohl und munter aus Polen ankam, erhielt in der ersten Hälfte des April gar keine guten Nachrichten, wie der Minister dem Vater sagen ließ. Die Kriegsanstalten in der Stadt wurden stärker und stärker; viele Kanonen rasselten aus dem nahe gelegenen Zeughause; noch nie hatte sie so viele Leute auf dem Walle gesehen. Zu Ehren Bernadottes, des Fürsten von Pontecorvo, wurde dessen Absteigequartier, das Brühlsche Palais, glänzend illuminirt. Bald wird es ernster; es werden Staatsgelder aus Wittenberg über Dresden mit den Kassenbillets nach dem Königstein geschafft, von wo sie erstam 16. September zurückgebracht worden sind. Was die Familie selbst an Sorge und Angst durchgemacht bat, ist uns, wie schon oben erwähnt wurde, nicht überliefert. Wir hören erst wieder vom 23. Oktober ab über etliche Vorgänge in der Stadt. So wird am 29. Oktober die Stadt glänzend erleuchtet. Besonders gefällt ihr die Inschrift am Hause des französischen Kommandanten auf einem „Napolionssterne“: L’union éternelle entre la France et la Saxe.

Am 23. Dezember wird der zurückkehrende König feierlich empfangen; mitten in den Festlichkeiten verbreitet sich das Gerücht, daß sich der französische Kaiser von seiner Gemahlin habe scheiden lassen[2].

Wenn wir aus dem Jahre 1810 hören, daß auch sie mit ihrer Familie am 15. August hinaus nach Laubegast zu gegangen ist, um ein Napoleons Geburtstag zu Ehren abzubremmendes Feuerwerk zu sehen, so mahnt uns dies und jene oben erwähnte Inschrift an die bedauerlichen politischen Zustände des damaligen Sachsens und Dresdens. Man nimmt das angebliche Bündniß mit Frankreich als ganz naturgemäß hin, freut sich über die herrliche französische Armee, sucht aber möglichst um Einquartierung herumzukommen. Von der Trostlosigkeit des ganzen politischen Zustandes hatte man ja wohl am Hofe und in den Adelskreisen wenig Begriff; in den von der Regierung abhängigen Beamtenkreisen wird das kaum anders gewesen sein.

Unter den späteren Folgen der Politik Sachsens hat die Familie Winkler schwer zu leiden gehabt. Die Kriegsjahre 1813 und 1814 haben den Vater in solche Geldverlegenheiten gestürzt, daß er den Besitz des Hauses als schwere Last empfinden mußte. Nach seinem bald darauf erfolgten Tode hat sein Schwiegersohn, der spätere Kämmerer und Stadtrath H. W. Rachel, das Haus unter großen Schwierigkeiten übernommen, um es der Familie zu erhalten.

Zunächst in dem auf die Kriegsunruhen des Jahres 1809 folgenden Sommer konnte die Familie noch einmal in Ruhe das Bad Teplitz besuchen, wo sie schon 1804 gewesen war. Alle die vielen Pillen, Salben, Pülverchen u. a., die der Hausarzt Dr. Cauer[3] in einer uns in Erstaunen setzenden Menge der kränkelnden Mutter zu verordnen pflegte, hatten ihr nichts genützt. Um so besser wirkte der Besuch des Warmbades, aus dem die Tochter, von innigem Dank für alles Gute, was es ihr und der Familie gewährt hatte, erfüllt, im Juli 1810 nach der Vaterstadt zurückkehrte.

Und dies führt uns zum Schluß auf ihre kindlich fromme Gesinnung, auf ihr religiöses und kirchliches Leben. Sie ist im Grunde eine sehr ängstliche, zaghafte Natur. Krankheit, die sie an sich, an den lieben Ihrigen vermuthet oder erlebt, macht sie sehr leicht besorgt. Die Befragung des Arztes, die Befolgung seiner Rathschläge, der Dank für das, was er leistet, beschäftigen sie sehr. In solchen und anderen kleineren Nöthen ist


  1. Am 25. Juni 1810 findet sich – in Teplitz geschrieben – die Bemerkung: Heute war es ein Jahr, wie die Kaiserlichen in Dresden hausten.
  2. Die Scheidung war am 15. Dezember erfolgt.
  3. Für einen Besuch nahm er 10 Groschen.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/239&oldid=- (Version vom 26.4.2024)