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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Erster Band.pdf/241

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21) Dienstag ... Man sagt, der König sei gestern Abend gegen 12 Uhr ganz allein vom Schlosse aus auf die Terrasse gegangen, um unsere Transparents zu sehen.

22) Mittwoch. Da ich gestern nicht auf der Galerie war, gehe ich heute in den Morgenstunden hinauf. Ich finde Schulz und Gruner, welche die spanischen Bilder erwarten, die soeben vom Bahnhof herbeigebracht werden. Das erste Gemälde, das man bringt, ist ein Murillo, ein heiliger Rodrigo ... Wir haben also zwölf Bilder von spanischen Meistern acquirirt. Sie sind durchgehends sehr interessant, einige davon, z. B. der Murillo und der Zurbaran, sind sehr bedeutend. Die ausgegebene Summe übersteigt 2000 Thaler, kommt aber wirklich den erworbenen Schätze gegenüber nicht in Betracht. Gruner hat in London noch sieben andere spanische Bilder zur Disposition, die aus derselben Sammlung in die Hände von Kunsthändlern übergegangen sind unter der Bedingung, daß Gruner gegen eine Vergütung das Vorkaufsrecht auf eine noch kurze Zeit behält. Wir sind der Meinung, daß Gruner auch diese Bilder noch an sich nimmt. – Schulz bestätigt, daß der König unser Transparent gesehen und sich darüber gefreut hat.

23) Donnerstag. Da der bekannte Kunstfreund und Kunsthändler Woodburn in London gestorben ist und seine ausgezeichnete Sammlung verkauft wird, so mache ich durch einen Auszug aus meinen Londoner Notizen, im Einverständniß mit Schulz, Gruner auf diejenigen Gemälde der Sammlung aufmerksam, welche für unsere Galerie besonders wünschenswerth wären.

24) Freitag. St. Johannistag. Um 11 Uhr erfolgte die Uebergabe unseres Albums an Ihre Königlichen Hoheiten den Prinzen und die Prinzessin Albert. Die Deputation bestand aus den Herren Regierungsrath Dr.  Schulz, Rietschel, Nicolai, Hübner, Dahl sen., R. Kummer und mir. Das Album mochte gegen 50 Zeichnungen enthalten. Wir wurden empfangen in dem prinzlichen Palais in der Langen Gasse (Antons Garten). Die Gabe wurde sehr freundlich aufgenommen.

25) Samstag. Bei unserer Rückkehr gestern Abend fand ich einen Probedruck der nun von Gaber beendigten Platte „die Grablegung“. Die Arbeit ist zart und schön durchgeführt. Einzelnes bleibt fast immer zu wünschen übrig, namentlich bei einem Blatt, das so viele kleine zarte Köpfe enthält, wie dieses. – Längst hatte ich Rietschel eine Zeichnung zugedacht. Er hat uns seinen Goethe, seinen Lessing geschenkt, mein Porträt gemacht. Die beiden Gestalten, welche ich für das Transparent gezeichnet habe, die Saxonia und die Suecia, gefielen ihm; – ich führe nun diese Figuren, die auf einem Blatt gezeichnet sind, etwas weiter aus, um sie ihm als Erinnerungsblatt zu verehren.

Juli.

2) Samstag. Unseres Ludwig Geburtstag ... Er tritt nun in sein 18. Lebensjahr ... Herr Wieck, der bekannte Vater der berühmten Tochter Clara, jetzigen Schumann, der Ludwig für heute Abend zu sich geladen und seine Stimme erprobt hat, soll dieselbe für ausgezeichnet erklärt und den Rath gegeben haben, dem Gesang sich ganz zu widmen ...

4) Montag. Mit heute beginnt die Zeit, während welcher ich die akademischen Studien nach dem Akt und nach dem Gewand zu leiten habe. Deshalb wird um 5 Uhr aufgestanden. Vor 3/4 auf 7 bin ich auf dem Fleck, etwas vor 7 steht mein Akt. Es sind wenig Zeichnende. Ich fange mit nur vier an.

5) Dienstag. Ludwig war gestern Abend wieder bei Wieck. Er klagt, daß man ihm von verschiedenen Seiten zusetze, dem Gesang sich ganz zu widmen. Herr von Lüttichau habe erklärt, ihn für sein Leben versorgen zu wollen, wenn er sich ihm vertraue, d. h. wohl, sich der Bühne widme. Wir Aeltern wollen nicht unvernünftig einer Laufbahn entgegenstehen, die möglicherweise Beruf sein kann; erst soll Ludwig aber doch ein Musiker werden, ein vielseitig und gründlich unterrichteter Musiker, ehe er Sänger wird...

6) Mittwoch ... Nachmittag meldet sich wieder ein gewisser Kräger, der in Antwerpen studirt und schöne Studien ausgeführt hat und in mein Atelier eintreten möchte. Ich muß ihn ebenso wie Klemme abweisen, da die Einrichtung meines neuen Ateliers sich noch sehr in die Länge ziehen wird. Für mich ist es sehr empfindlich, so tüchtig vorbereitete junge Leute von mir weisen zu müssen... Die Nachrichten über Rethel sind sehr traurig. Er ist ein verlorner Mann.

7) Donnerstag. Beim Modell betheiligen sich heut acht Schüler, unter welchen sechs malen... Am späteren Nachmittag überrascht uns Direktor Heinrich Heß aus München nebst Frau und einem Sohn (August) durch einen Besuch... Wir bringen in unserm Garten eine recht trauliche halbe Stunde miteinander zu.

9) Samstag... Heß noch hier. Ich finde ihn auf der Galerie, aber angegriffen und mit so heiserer Stimme, daß man ihn kaum versteht. Wir kommen noch auf meinen Artikel gegen Kaulbach zu sprechen. Er erzählt mir, König Ludwig habe ihm unmittelbar nach dessen Erscheinen gesagt: er sei ganz einverstanden und er hätte nicht gedacht, daß der Julius so schön schreibe. Heß berichtet, die Wirkung meines Artikels sei eine große und nachhaltige, und ganz besonders äußere sich dieses in dem großen Publikum der Nichtkünstler. Er (Heß) ist aber nicht zufrieden, daß ich den Schritt gethan habe. Ich hätte ihnen (ihm und Genossen) die Stellung verdorben; der Schritt hätte von

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/241&oldid=- (Version vom 20.5.2024)