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Außer den etwa 20 000 Mann Linientruppen, die auf diese Weise zusammengebracht wurden, sollte Sachsen gleichviel Landwehr stellen; außerdem erwartete man den Eintritt vieler Freiwilliger in einen Banner (so hieß es damals statt das Banner). Ja, es wurde auch ein Landsturm in Aussicht genommen, über den aber nie eine Verordnung erlassen worden ist.

Schon am 31. Oktober verkündigte Repnin noch von Leipzig aus, daß sich dies Alles in den Formen entwickeln sollte, welche sich in den benachbarten Staaten als zweckmäßig bewährt hätten, jedoch mit Rücksicht auf die Eigenthümlichkeit des Landes und seiner Bewohner. Generalmajor von Carlowitz auf Großhartmannsdorf, der Chef der Landesbewaffnung, sollte zugleich der Anführer des Banners der freiwilligen Sachsen sein. In diesen wünschte man sonst befreite, gebildete, wohlhabende Männer eintreten zu sehen. Sie sollten geschickte Offiziere und Unteroffiziere werden. Der Banner sollte der Landwehr, sogar den Truppen des stehendes Heeres (jedenfalls nicht schmeichelhaft für dieses!) als ein lebendiges Muster der Tapferkeit und Kriegszucht, des rastlosesten Eifers und der tüchtigsten Gesinnungen vor Augen stehen. Leute im Banner galten als Gefreite, wurden Sie genannt und waren körperlichen Strafen nicht unterworfen. Sie sollten, erst durch die Bestimmung des Generalgouverneurs, später nach freier Wahl, der Landwehr die Offiziere geben. Befreiung von Schildwachstehen, Transportkommandos und Garnisonsdienst, Sold wie im aktiven Heere, Gehaltszahlung und Beförderung der Civilbeamten, Versorgung von Wittwen und Waisen wurden zugesichert.

Dieser Banner, in den zu treten körperliche Gebrechen oder schlimme Verbrechen verhinderten, sollte 1 Regiment Kavallerie, 2 Regimenter Jäger, 1 Kompagnie Sappeurs, Artilleristen, Handwerker, Chirurgen und Verpflegsleute umfassen.

Die Bestimmungen über das Waffenkleid zeigen Anschluß an das russische Heerwesen: dunkelgrüne Röcke, mit ponceaurothem Stehkragen und schwedischen Aufschlägen. Die besonders prächtige Uniformirung der Husaren (schwarzverbrämte dunkelgrüne Pelze mit goldenen Schnüren) spricht dafür, daß man gewillt war, eine sogenannte „Elitetruppe“ aus dem Banner[1] zu machen.

Schon am 29. November wurde auch in Dresden ein Organisationsbureau für den Banner der freiwilligen Sachsen eröffnet. Am 6. Dezember verkündete dies, daß schon viele sich gemeldet hätten, daß man aber noch mehr erwarte: die Ehre der sächsischen Nation ruhe in ihren Händen.

Sehr umfänglich waren die Bestimmungen, die Repnins Regierung traf, um im Königreiche eine Landwehr aufzustellen. Zu Grunde liegt der Gedanke: es werden in den einzelnen Kreisen Ausschüsse durch den Generalgouverneur und die Gouvernementsräthe gewählt; in diesen müssen sein ein adliger Gutsbesitzer, ein aktiver oder inaktiver Militär, ein Gelehrter oder Geschäftsmann, ein Mitglied der städtischen Korporation. Diese können sich noch vertrauenswürdige Männer hinzuwählen. Hierbei werden Dresden und Leipzig ihre eigenen Ausschüsse haben und ihre eigene Landwehr stellen.

Schon am 27. November (10 Tage nach dem Abzuge der Franzosen) wendete sich der in Dresden gebildete Ausschuß für die Dresdner Landwehr, der Kreishauptmann von Zezschwitz, der Geheimreferendar von Zeschau, Grahl, Hartmann, Zimmermann und Leonhardt, an die Bürger der Stadt und forderte zum Eintritte auf; von Zezschwitz und der Besitzer der Salomonisapotheke Dr. Struve machten sich anheischig, Geldbeiträge anzunehmen; an Advokat Kuhn in der Zahnsgasse sollten Pretiosen, Silbergeräthe, Tuche, Leinwand, Sättel, Waffen abgegeben werden. Außerdem war der Ausschuß selbst, der im Landhause zwei Treppen hoch seine Geschäftsstelle hatte, zur Entgegennahme von allerhand Mittheilungen bereit.

In sehr gesunder Beurtheilung der Verhältnisse war vom Gouvernement verkündet worden, daß die Eile, mit der dies Werk in Gang zu setzen sei, und das wenig Zunftmäßige, was in ein so umfangreiches Geschäft gebracht werden könne, genaue Instruktionen unmöglich mache. Das Wichtigste sei, daß man einsichtige Männer in die Ausschüsse wähle; wer ihnen Hindernisse bereite, müsse als ein Feind des Vaterlandes betrachtet werden. Dagegen sollte jeder, der sich auszeichne, den hohen verbündeten Mächten rühmlichst genannt werden. Alle 14 Tage war an das Gouvernement ein Bericht abzugeben, der, wenn nöthig, gedruckt werden sollte. Alle Reklamationen der Pflichtigen hatte der Ausschuß mündlich anzunehmen und zu entscheiden. Nach 8 Tagen sollten Alle ausgeloost, nach 3 Wochen bekleidet und bewaffnet, nach 6 Wochen eingeübt sein.

Man sieht: Einfachheit und Schnelligkeit des Verfahrens wurden angestrebt.

Die Forderungen, die der Ausschuß zu Bildung der Landwehr zu Dresden an die Bevölkerung stellte, waren etwa folgende:

Jeder, der den Schutz des Staates genießt, hat ohne allen Unterschied des Standes und Ranges die hohe Pflicht der Vertheidigung. Alle männlichen Einwohner vom erreichten 18. bis zum zurückgelegten 45. Jahre haben sich der Loosung zu unterwerfen. Doch werden schon am 16. Dezember, mehr noch am 21. allerhand


  1. Im Körnermuseum zeigt ein von Emma Körner gemaltes Bild Bannerfreiwillige.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/26&oldid=- (Version vom 17.4.2024)