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es in Emaille auf der linken Schulter tragen.[1] Allmählich wurde es wohl angesehen als ein Beweis vaterländischer Gesinnung überhaupt, und Tausende, gewiß auch oft unwürdige Personen, erhielten es; kein Wunder, daß die Gegner dieser deutschen Bewegung in Sachsen es spöttisch Patriotenkreuz nannten. Der Chef der Landesbewaffnung, nach dem Abmarsche des Generalmajors von Carlowitz der Generalmajor von Vieth, erhielt es; desgleichen Repnin, dem es Alexander in den für ihn und die Sachsen schmeichelhaftesten Ausdrücken zu tragen gestattete.

Auch an Strafandrohungen und -ausführungen durfte es nicht fehlen. Nach dem Gouvernementsblatt gab es sehr viele Deserteure der Landwehr. Man forderte sie auf, sich zu stellen, und bedrohte sie, wenn sie nach 3 Tagen nicht gekommen seien, mit dem Tode. Drei Mann, die man eingefangen, sollten vor versammelter Front das Todesurtheil verlesen bekommen, jedoch, da sie bethört worden seien, 24 Stunden später Begnadigung erfahren und als Soldaten zweiter Klasse eingereiht werden. Ein Landwehrmann hatte sich für 100 Thaler an Stelle eines anderen einreihen lassen und war entflohen. Bei seiner Haftnahme stellte es sich heraus, daß er 48 Jahre alt, also fälschlich angenommen worden war. Deshalb sollte er nicht getödtet werden, sondern in der Kreisstadt zwei Tage je zwei Stunden am Schandpfahle stehen. Wegen Betrugs und Entweichung galt er als ehrlos und erhielt eine Zuchthausstrafe von zehn Jahren.

Ehe wir nun auf die Leistungen der Bürgerschaft Dresdens und auf die Vollendung der Rüstungen blicken, wollen wir den Widerstand besprechen, der vom meißnischen Kreise, vom Rathe zu Dresden und von Einzelnen in gewissen Ständen geleistet, versucht oder angedeutet wurde. Denn wenn auch zuzugeben ist, daß bei dem damaligen Nothstande viel für die allgemeine Sache geleistet worden ist, so gab es in der Hauptstadt, im Lande manche Widerstrebende, wie dies Verfügungen im Generalgouvernementsblatt, Berichte in den Dresdner Landwehrblättern und in den Brockhausischen Deutschen Blättern, etliche Aktenstücke im Dresdner Rathsarchiv und die „Briefe aus Sachsens unglücklichster Periode“ beweisen.

Als der Centralausschuß für die Landesbewaffnung im Anfange Februar 1814 62 Thaler auf jedes Ritterpferd, 2 Thaler 16 Groschen auf jede Hufe und 18 Quatember und 21 Pfennige auf jedes Steuerschock auf den Meißner Kreis ausgeschrieben hatte, beeilte sich der Direktor der Stände des Meißner Kreises, der Kammerherr und Landjägermeister von Hopfgarten, dem Rathe zu Meißen, Dresden, Pirna und Großenhain das Außergewöhnliche des Falles mitzutheilen: es fehle jede Autorisation; doch wolle man es diesmal bei dem Unternehmen aus patriotischem Eifer für die Sache bewenden lassen; man solle aber verlangen: genaue Abrechnung; vom Ueberschuß 20 000 Thaler für die Kasse der Landgendarmerie zur Deckung eines älteren Defizits; der Rest sei hilfsbedürftigen Ortschaften und Individuen des Kreises zuzuweisen. Die Rathsgenossenschaften der vier Städte antworteten bejahend; der Rath zu Großenhain weist noch darauf hin, daß bei den traurigen Zuständen kaum etwas Erhebliches einkommen werde. Der Torgauer Rath findet die Ansätze zu hoch, außerdem die Vertheilung so, daß wie gewöhnlich die steuerbaren Unterthanen am härtesten getroffen seien, worüber man schon so oft geklagt habe.

Die übereinstimmenden Antworten ermuthigten Herrn von Hopfgarten zu einem Schreiben an den Centralausschuß der Landesbewaffnung, das alle jene Forderungen enthielt. Bereits am 9. März erging von Herrn von Schönberg im Namen der Königlich Sächsischen Landeskommission an den vorsitzenden Stand im Meißner Kreise, Herrn von Hopfgarten auf Forsthof bei Colditz, ein Schreiben mit dem Bedeuten, daß sie bereits genaue Abrechnung von dem Centralausschusse verlangt habe; den Ueberschuß wolle man der Landgendarmerie zu gute kommen lassen. Man lehnte also das Ansinnen der Meißner Stände ab, eine genaue Abrechnung der Gelder zu erhalten. (G. XXXIV. 49.)

Aus einem Bericht der Mitglieder des Ausschusses des Wittenberger Kreises links der Elbe zur Organisirung der Landwehr geht hervor, daß es dem Kreise bei der dünnen Bevölkerung schwer fiel, die geforderten 347 Mann zur Landwehr sogleich zu stellen. Sieben Jahre lang sei zu höchst verhaßten Kämpfen die Blüthe der Jugend weggeführt worden; nun seien die besten Leute in den Banner getreten. Um die nöthige Anzahl für die Landwehr zu beschaffen, hätten Reklamationen einziger Söhne, verheiratheter Männer mit einem Kinde zu Hause und schwer entbehrlicher kleinerer Landwirthe nicht berücksichtigt werden können.

Diese Frage der Reklamationen gab ganz besondere Gelegenheit zu Meinungsverschiedenheiten, Reibereien und Streitigkeiten. Am 3. Januar 1814 berichtete der Chef des Generalstabes der Landesbewaffnung, Generalmajor von Vieth, an den Landwehrausschuß, daß in den 4 Wochen seit Beendigung der Loosung viele Reklamationen eingetroffen seien, besonders aus dem Erzgebirge; an einem Posttage 41. Diese wurden, wie es schien, fabrikmäßig von einem Advokaten Reymann zu Wolkenburg verfaßt. Er erhielt einen ernstlichen Verweis und mußte das Geld an die betreffenden Reklamanten zurückgeben, sowie eine Summe in die


  1. Im Stadtmuseum eins von Emaille, im Körnermuseum ein seidenes vorhanden.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/28&oldid=- (Version vom 17.4.2024)