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an Arbeitskräften die Ausrüstung im ganzen langsam ging. Das zweite Landwehrregiment mußte zur Vervollständigung der Bewaffnung des ersten Flinten abgeben, das dritte und vierte hatte im Februar noch gar keine. Am 7. Februar 1814 rückte Thielmann mit seinen Truppen, darunter das erste und zweite Landwehrregiment, von Langensalza ab. Der Marsch wurde sehr bald durch eine Kolonne des Heeres unter dem Befehle des Kronprinzen von Schweden gekreuzt und dadurch aufgehalten. In Elberfeld folgte ein längerer Aufenthalt, während dessen die Gewehre in besseren Stand gesetzt wurden. Nachdem man am 26. und 27. Februar den Rhein bei Köln überschritten hatte, zog man gegen Lüttich, wo die Gewehre noch vollständig ausgebessert wurden. Waren nun auch die tüchtigsten sächsischen Leute im Banner, dessen Ausbleiben Carl August schmerzlich empfand, und hatten auch die vermögenden jungen Landwehrleute, die sich hatten beritten machen können, als Landwehrdragoner einen Theil dieses Banners bilden helfen, so scheint Thielmann von seinen Landwehrregimentern doch eine gute Meinung gehabt zu haben. (Bucher S. 99.) Nachdem sie am 18. März in Tournay vom Herzog in Augenschein genommen worden waren, wurden sie dem detachirten Korps des Generallieutenants von Thielmann zugewiesen. Das erste Regiment bestand aus 2160 Gemeinen, überhaupt 2496 Mann (Auszüge aus den Monatstabellen der Königlich Sächsischen Armee 1813 bis 1815, handschriftlich im Besitz der Königl. Kommandantur in Dresden). Das erste (Dresdner) Bataillon hatte also ungefähr 800 Mann. Die Offiziere waren: Oberstlieutenant W. von der Mosel, Adjutant L. H. Verlohren; Hauptleute W. L. F. von Kiesewetter, A. Fr. Henningk, C. A. Alter, Chr. Fr. Abendroth; Premierlieutenants C. Heimann, Fr. von Zezschwitz, Joh. Chr. Fricke, Fr. Gerbing; Souslieutenants Q. R. St. Canzler, L. von Döring, Fr. A. Kröhne, C. W. Kreßner (Kaufmann), C. H. A. Schüfermeier (Kaufmann).

Das dritte deutsche Armeekorps stand in Flandern, den Festungen Maubeuge, Condé, Valenciennes, Lille gegenüber, und sollte verhindern, daß der französische Kommandant der dort stehenden Truppen, General Maison, mit Gent und Antwerpen in Verbindung trete und den rechten Flügel der Verbündeten umgehe. Von besonderer Wichtigkeit war daher den Verbündeten die Stellung bei Tournay und Oudenarde. Gerade hier bei Tournay stand Thielmann. Von hier aus unternahm er am 21. März ein Rekognoscirungsgefecht gegen Lille, wobei sich die Landwehrregimenter ganz tüchtig erwiesen. General Maison wußte sich, indem er die Aufmerksamkeit seines Gegners auf andere Stellen lenkte, am 24. März der Stadt Courtray zu bemächtigen, die sich an der Straße nach Gent zu befindet. Von da aus bedrohte er Tournay und Oudenarde. Thielmann rückte gegen Courtray vor, sah sich aber durch die Uebermacht am 27. veranlaßt, nach Tournay zurückzugehen. Von da aus sollte er nördlich nach Oudenarde rücken, um, vom Grafen von Wallmoden unterstützt, das ganze Korps des Herzogs von Weimar zu decken. Da hörte Thielmann, daß Maison Gent bereits wieder verlassen habe und südlich über Courtray wieder auf Lille zu marschire. Er glaubte nun den Nachtrab seines Gegners bei Courtray überfallen zu können und beschloß, seinen Weisungen und den Vereinbarungen entgegen, am 30. März einen Angriff gegen die Stadt. Er sollte sich sehr täuschen und argen Mißerfolg haben, denn Maison befand sich noch mit seiner ganzen Macht – 15 000 Mann – in Courtray, gegen das Thielmann mit etwa 7000 Mann, darunter vier Bataillone Landwehr und nur zwei Bataillone Linie, vorrückte.

Am 31. März, an demselben Tage, da sich Paris den Verbündeten ergab, ward dieser Angriff unternommen. Früh um 3 Uhr war unser Dresdner Landwehrbataillon aus seinem nassen Nachtquartier aufgebrochen und drei Stunden bis gegen Courtray marschirt. Gegen 7 Uhr tiraillirte das Bataillon, das bestimmt war, die rechte Flanke zu decken. Während die Landwehrleute in sehr buschichtem, von Gräben durchschnittenem Gelände standen, rückten gegen sie allein vier Bataillone mit Geschütz und Kavallerie. Der Angriff war ein so überwältigender, daß Thielmann sofort den Rückzug befahl. Der Oberstlieutenant von der Mosel that das Möglichste, die Leute, die sich im Anfange noch sehr standhaft zeigten, zusammenzuhalten. Am tüchtigsten hielt sich das 2. (Wittenberger) Bataillon des 1. Landwehrregiments unter Major von François. Schon weniger fest stand das Dresdner; fast völlige Auflösung traf aber das 3. (Niederlausitzer) Bataillon. Die zu wenig geschulten Offiziere konnten die Leute, die ja zum ersten Male ins Feuer kamen und leichtsinnig einer unvermutheten Ueberzahl entgegengeführt waren, nicht halten. Das Heransprengen der kleinsten Reiterschaar genügte, die dünne Vertheidigungslinie auf jedem beliebigen Punkte zu sprengen. Zu diesem Bericht stimmen die persönlichen Erinnerungen des damaligen Souslieutenants Ernst Fr. Harz (später Bürgermeister in Bautzen) im 3. Landwehrregiment, 3. Bataillon: Mit Thränen der Wuth und Scham in den Augen hätten die Offiziere Alles aufgeboten, die fliehende Truppe zum Stehen zu bringen, aber vergeblich.[1]

Dieses dritte Landwehrregiment, das auf dem linken Flügel noch viel unglücklicher als das erste auf dem rechten focht, hatte 146 Todte, aber 794 Gefangene


  1. Nach mündlichen Mittheilungen.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/33&oldid=- (Version vom 18.4.2024)