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kann diese Ansicht kaum erschüttern. – Der hier genannte Rath ist der von 1404, von dem uns bisher nur 6 Mitglieder bekannt waren (Richter, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte I, S. 405); das Buch wurde also 1404 und zwar im Anfange dieses Jahres angelegt, da der erste Eintrag vom 20. Februar 1404 datirt. Die Dresdner Rathslinie, die gerade in den Jahren 1404-1409 mehrere Lücken zeigte, wird auch für die Jahre 1405, 1408, 1409 durch unser Buch ergänzt, da der Stadtschreiber vielfach an die Spitze der Eintragungen eines neuen Amtsjahres den Namen des Bürgermeisters und der Rathsmitglieder gesetzt hat. Wir fügen hinzu, daß der Umschlag uns die Namen der Innungsmeister für die Jahre 1433 und 1437 überliefert und daß auch eine Lücke in der Stadtschreiberliste (s. Richter a. a. O. 5. 378) sich aus unserem Buch ausfüllen läßt: im Jahre 1434 war Paul Koppel Stadtschreiber (fol. 43b), derselbe, der 1440 uns als Rektor der Stadtschule begegnet (vgl. Meltzer, Die Kreuzschule zu Dresden bis zur Reformation S. 35). Was die übrigen, ihrem Namen nach bekannten Stadtschreiber anlangt, so können wir ihre wechselnden Handschriften ziemlich genau in dem Buche verfolgen; übrigens deutet das Vorkommen einzelner abweichender Hände darauf hin, daß schon damals der Stadtschreiber zuweilen sich durch einen Gehilfen vertreten ließ (während ein eigentlicher Unterstadtschreiber erst im Anfange des 16. Jahrhunderts angestellt wurde). Nicht ohne Interesse ist auch, was uns die Einleitung über das Honorar der Stadtschreiber für Eintragungen mittheilt.

Das Stadtbuch wurde bis zum Ende des Jahres 1436 (fol. 50b) fortgeführt. Die letzten 6 Blätter wie der Umschlag wurden vom Stadtschreiber für die Eintragung besonders wichtiger Notizen und Abschriften benutzt, auf deren Inhalt wir noch eingehen werden. Im Uebrigen ist, wie sich nach dem oben Gesagten leicht erklärt, der größte Theil des Buches den Verlautbarungen über Privatgeschäfte der Bürger gewidmet. Diese Einträge beschränken sich oft auf einen kurzen Vermerk der Thatsache; so lautet der älteste Eintrag (fol. 1):

Anno XIIII0 quarto seria IIII0[WS 1] ante Petri kathedra(=20.Febr. 1404). Heckard Botther hat gesaczt sinen wingarten, den her von Winand Norinberge hat, vor XI. schog der erbir frouwin Elisabeth von Thubinheim.

Oft aber wird auch erwähnt, daß die Handlung „in unserm Rath“ geschehen oder daß die Parteien „gekommen seien vor den Rath“ u. ä. Doch auch Handlungen, die vor Gericht, „vor gehegter Bank“, vorgenommen worden waren, wurden gelegentlich in das Stadtbuch eingetragen, z. B. (fol. 27b):

Wilde von Wigkerstete hat am dornstage vor gerichte und gehegitter bang yn der ratistuben geheigit das huß yn der kleynen brudirgassen gelegen mit dem rechte als is von synem bruder...an ym komen ist...dem Hans Noldener uffgelassen, dovon sal Noldener der jungen Schilynnen beczalen VII ß gr.....ern Niclause vom Luban VII guldin unde den burgern II schog groschin.

Vermutlich waren es diese Einzelbestimmungen über die Zahlungen, die in diesem Falle die Eintragung der vor Gericht erfolgten Auflassung ins Stadtbuch veranlaßt haben; in der Regel hat wohl die Auflassung vor Gericht und die Eintragung in das (uns nicht erhaltene) Gerichtsbuch genügt, und dies erklärt es, wenn gerade Käufe und Verkäufe von Immobilien u. dgl. nicht so häufig in unserem Buche vorkommen, als man erwarten sollte.

Sonst ist der Inhalt der Einträge privatrechtlicher Natur ein sehr bunter: es finden sich Pachtverträge, Verpfändungen („Satzungen“), Schuldbekenntnisse und Bekenntnisse über geleistete Zahlung, Abfindungen von Kindern, Erbtheilungsverträge, Erklärungen über die Wahl eines Vormunds, Rechenschaftsberichte der Vormünder, Veräußerungen auf den Todesfall, letztwillige Verordnungen aller Art u. s. w.; Beispiele zu geben gestattet uns der Raum nicht. Dem kirchlichen Sinne des ausgehenden Mittelalters, der durch gute Werke das Heil der Seele zu erwerben strebte, entsprechen die zahlreichen „Seelgeräthstiftungen“ und sonstigen Zuwendungen zu frommen oder milden Zwecken. So giebt (Bl. 2)

„Hempil Teygeburs wip ein halb firtil agkirs in das hus vor unser fronwin thore den armen luthin die darynne sin, das meister Petir Gerticz den armen luthin gebuwit hat,“

d. h. dem Maternihospital, dessen Gebäude bis zur Zerstörung durch die Hussiten vor dem Frauenthore lag, und (Bl. 38) Jocoff Boting auf den Todesfall ein Stück Acker bei der Weißeritz den „Siechen“, d. h. dem zur Aufnahme von Aussätzigen bestimmten Bartholomaeihospital. Im Jahre 1424

„am dinstage an allir gotis heiligen abende ist Claws Begker bei den burgern gewest unde mit wolbedachtem muthe bie gesundem liebe hat her gegebin eyn virtil wyns zcum heiligen cruczen, dovon man zcur capellen uff dem ratishuse wyn zcu messen gebin sal, unde ein virtil wyn zcu Barfussen von dem wynberge, den her von Pauel Roubetassche uff eynen wedirkouff gekoufft hat“ u. s. w. (Bl. 22).

Diese Stiftung für die Kreuzkirche bez. die 1407 erbaute Rathhauskapelle und das Franciskanerkloster wurde übrigens 1454 wieder abgelöst. Andere Stiftungen fallen Altären oder frommen Brüderschaften oder den „Seelhäusern“, in denen arme Frauen Gott dienten und für das Seelenheil der Wohlthäter beteten, zu; z. B. (Bl. 37b):

„Nota die Husschenynne hat am mittewochen nach dem sontage cantate [1432] yn guter vornumfft ymme rate benumet, bescheidin unde gegebin zcwey schock gr. den brudirschafften unser liebin frauwen unde des heiligen lichenams unde yn iczlichs selhuß 1 ß gr., das man das geld nach yrem tode uß yren gutern unde habe nemen sal.“-

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Zahl nicht eindeutig lesbar
  2. Empfohlene Zitierweise:
    Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/53&oldid=- (Version vom 31.3.2024)