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in seiner Amtsbestallung deutlich hervor. Während diese bei den meisten Beamten ziemlich umfangreich war, die einzelnen Pflichten und Geschäfte genau aufzählte und für die einzelnen Fälle genaue Verhaltungsmaßregeln gab, war die des Kammersekretärs außerordentlich kurz und enthielt über die Thätigkeit und Stellung nur allgemeine Andeutungen. Merkwürdigerweise ist nicht einmal der Rang genau angegeben. Jenitz wird nur Kammersekretär, in der Bestallung seines Vertreters dagegen „Geheimbter Kammersekretär“ genannt.

In der im Jahre 1575 erneuerten Bestallung, die uns allein erhalten ist, wird dem Kammersekretär vorgeschrieben, daß er dem Kurfürsten getreu, hold und dienstgewärtig, auch schuldig sein soll, seines Herrn Nutzen und Frommen zu schaffen und zu befördern, dagegen aber Schaden, Nachtheil und Schimpf nach höchstem seinem Vermögen zu wählen, wenden und verneinen. Es folgt dann eine Stelle, die der Kurfürst eigenhändig hinzugefügt hat: „Insonderheit aber soll er auf unsere perschon und unsere geheymte sachen bestellt seyn, auff uns allein und sunst auff nymands sehen, sych an nymanden hengen, noch einigen respeckt haben, sondern was wyr im bestellen, gehorsämblich und treulich vorrichten und sich nymands freundschaft oder feindschaft davon wendigk oder irr machen lassen“. Er soll die Briefe, die zu des Kurfürsten eigenen Händen kommen, und was sonst einläuft, dem Kurfürsten vortragen und des Bescheides gewärtig sein, die Schreiben aber, die Justitiensachen betreffen, mit Vorwissen des Kurfürsten an die Regierung abgeben. Er soll ferner die Sachen, deren Geheimhaltung der Kurfürst wünscht, allein in seiner Verwahrung haben, fleißig und ordentlich registriren und Niemandem Meldung thun, sondern bis in sein Grab verschweigen, bei sich behalten und Alles thun, was einem getreuen Diener geziemt auch ohne besondere Namhaftmachung in der Bestallung. Als Gehalt erhält Jenitz 400 Gulden neben freier Kost am Hofe oder auf Reisen, dazu freie Fuhre für sich und seinen Gehülfen. In seiner Abwesenheit oder in Behinderungsfällen wird er durch den Kammersekretär Hans von Zschammer vertreten.

Dieser Anweisung gemäß finden wir Jenitz immer in der unmittelbaren Umgebung des Kurfürsten nicht nur in Dresden, sondern auch bei den zahlreichen Reisen, auf den kürzeren Jagdausflügen, wie dem oft monatelangen Aufenthalte in den eben erst entstandenen oder verschönerten Schlössern, der heute noch mit ihren Zinnen weithin leuchtenden Augustusburg, wie der mitten in der Lochauer Heide traulich versteckten Annaburg oder dem mit einem großen landwirthschaftlichen Betriebe umgebenen Mühlberg. Auch nach den kleinen Jagdschlössern im Lande hin und her begleitet er ihn, wie Sitzerode und Grillenburg. Die Einweihungsfeierlichkeit des letzteren begeisterte ihn zu einem uns erhaltenen dichterischen Versuche, der den Namen des Jagdhauses erklären sollte. Drei Verse zierten bis in unser Jahrhundert hinein das Tafelzimmer. Der erste Vers, in dem der Kurfürst redend eingeführt wurde, lautet:

Meines lieben Brudern kläglich End,
Der schwere Eingang zum Regiment,
Groß Widerwerttigkeit unnd Gfahr,
Mir schwere Sorg und Müh gebar.

Zur Vertreibung solcher Fantasey,
Fing Ich an dies neu Gebeu,
Die Grillenburg Ichs davon nennt,
In einem Jahr wards gar vollendt.

Die übrigen zwei Strophen führen den Gedanken nicht immer in sehr flüssiger Weise fort und schließen mit der Aufforderung zur Fröhlichkeit:

Wer nun hat Grillen, Mäus’ und Mucke,
Der laß sie hinnder sich zurucke.

Auch auf Reisen außerhalb Sachsens bis nach Wien und wieder bis nach Dänemark begleitete Jenitz seinen Herrn. Wir werden uns nicht wundern, wenn der kurfürstliche Sekretär trotz alles Diensteifers das Herumziehen manchmal recht überdrüssig bekam und seinen vertrauten Freunden gegenüber bittere Klagen laut werden ließ. Damit hing es zusammen, wenn ihm von einem Freunde nach Regensburg, wo er mit dem Kurfürsten im Herbste 1575 auf dem Reichstage weilte, ein herzlicher Glückwunsch zugesandt wurde, weil er die „Teiffel“ bald wieder in die Heimath umkehren könne. Dazu mochte die Umgebung des Kurfürsten wohl oft nicht gerade glänzend untergebracht sein, sogar an solchen Orten wie Annaburg. Wie sollte auch dort mitten in der Einöde, entfernt von großen Städten, die Bequemlichkeit und der Luxus beschafft werden, an die der auch persönlich vermögende Sekretär von der Hauptstadt her gewöhnt war. Namentlich im Winter ging es oft recht ungemüthlich her. Im Januar 1576 klagte Jenitz seinem Freunde Harrer, als er nach Annaburg gekommen sei, da habe er die Küche kalt und den Keller warm gefunden. Wohl antwortete der Kammermeister, so sei es ihm auch immer gegangen, an dergleichen Ueberraschungen sei er gewöhnt. Für nächste Zeit aber stellte er seine Ankunft auf dem Schlosse in Aussicht und dann lud er ihn ein, in dem von ihm mit großen Kosten gebauten Gasthofe an seiner Tafel sein Gast zu sein. Im nächsten Herbste scheint es nicht besser gewesen zu sein. Diesmal schickte Harrer z. B. an zwei Tagen hintereinander zehn Mandeln Leipziger Lerchen, vergaß auch den dazu gehörigen Wein nicht und freute sich zu hören, daß seine Sendungen der Tischgesellschaft gut geschmeckt und daß namentlich der kurfürstliche Leibarzt, Dr. Luther, an den Genüssen seine

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/97&oldid=- (Version vom 17.4.2024)