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Freude gehabt habe. Größere Reisen mochten noch größere Unbequemlichkeiten bieten. Im September 1579 folgte der Kurfürst einer Einladung zu Jagden des Kurfürsten von Brandenburg und hielt sich längere Zeit in Küstrin auf. Da klagte denn Jenitz auch, „daß sich auf den Jagtlegern in der Mark der Ungelegenheiten halber die Herbergen dermaßen zutrugen, daß einer lieber dafür daheim zu Haus sein wollte.“

Jedenfalls war der Geheimsekretär durch seinen Dienst völlig in Anspruch genommen. Täglich, mit Ausnahme der hohen Festtage, oder, wenn fürstlicher Besuch da war, hatte er beim Kurfürsten Vortrag und fertigte daraufhin die Beschlüsse aus. Außerdem mußte er den Tag über dem Kurfürsten zur Verfügung stehen, der ihn bei wichtigen Fällen zu jeder Tageszeit zu sich berief. Wurden doch gerade in jenen Jahrzehnten, in denen Jenitz an der Spitze der Geheimkanzlei stand, eine Reihe wichtiger Reformen geschaffen, die eingehende Erwägungen und umfangreiche Erörterungen nöthig machten. Für die Rechtspflege war die Begründung des Leipziger Schöppenstuhls eine wichtige Maßregel; die Finanzverwaltung und die Organisation der Landeskirche wurde durch eine Reihe tiefeinschneidender Ordnungen neu geregelt. Es wäre von Interesse, die persönliche Stellung und den Einfluß des Geheimsekretärs im Einzelnen festzustellen. Aber dafür fehlen uns die schriftlichen Quellen, da Jenitz nur mündlich mit dem Kurfürsten verhandelte. Wir haben nur außerordentlich wenige Schreiben, die zwischen beiden gewechselt wurden. Sie stammen nur aus solchen Zeiten, wenn Jenitz durch Geschäfte oder Familienangelegenheiten oder durch Krankheit vom Hofe fern gehalten wurde und zeigen, auf wie vertrautem Fuße er mit seinem Herrn stand. Oft wurden ihm Aufträge zu Theil, die in der Regel nur wirklichen Räthen zukamen, was dann Jenitz mit gebührendem Danke als besondere Auszeichnung anerkannte. So hatte er 1577 auf Befehl des Kurfürsten der Hochzeit der Tochter des Hofapothekers Johann unter der Linden beigewohnt. In dem Schreiben, in dem er den Dank der Eltern und des jungen Paares meldete, bedankte er sich für die ihm zu Theil gewordene Ehre und fügte hinzu: „Und wiewohl E. K. f. G. diese Beschickung durch derselben Räthe einen ansehnlicher und stattlicher hätten bestellen können, so vorhoffe ich iedoch, ich habe die Sache also vorrichtet, daß Euer Chur- und fürstliche Gnaden dessen keinen Schimpf haben werden“. Bei Trauerfällen hatte er wohl den Auftrag, die Theilnahme des Kurfürsten und der Kurfürstin auszusprechen. Als Christoph von Ragwitz gestorben war, überbrachte er der Wittwe im Auftrage seiner gnädigsten Herrschaft „Gruß und Gnade“ und hatte ihr mitzutheilen, daß der Kurfürst bereit sei für sie und die Kinder zu thun, was in seiner Macht stünde.

Zu seinen besonderen Amtsverrichtungen gehörte die Ordnung und Verwaltung des Geheimarchivs. Wie ein solches am kurfürstlichen Hofe zu Wittenberg bereits seit Georg Spalatins Bemühungen bestand, so ordnete Kurfürst August in seiner Geheimkanzlei eine Sammlung wichtiger Aktenstücke an. Er selbst führte den Schlüssel dazu und es war ein Zeichen seines Vertrauens zu dem Geheimsekretär, wenn er ihm Einlaß zu dem Archiv gewährte. Als der kurfürstliche Hof im September 1577 die Vorbereitungen zu dem Regensburger Reichstag traf, verlangte Kurfürst August von Mühlberg aus die Akten über die Reichstage und die Abmachungen zwischen den Kurfürsten und dem Kaiser. Jenitz schrieb ihm, die Reichstagsakten habe er nicht in Verwahrung; die andern lägen im Geheimarchiv: er wolle sie aus demselben nehmen, wenn der Kurfürst ihm die Schlüssel schicke. Dies geschah und kurz darauf sandte Jenitz ihm die betreffenden, genau auf einem Lieferscheine bezeichnete Akten, z. B. über die Religionsverhandlungen im Jahre 1560, über ein Gespräch zwischen dem Kaiser und Kurfürsten zu Augsburg im Jahre 1566 u. a. m. Von Mühlberg aus sandte der Kurfürst die Akten behufs Anfertigung eines Auszugs an den Kanzler Dr. Peifer nach Dresden.

Ein anderes Mal handelt es sich um den Verbleib eines hochwichtigen Aktenstückes über die Augsburgische Konfession. Es war zum Zwecke der Abfassung des Konkordienbuches mit anderen Schriftstücken Dr. Jakob Andreä zugeschickt worden. Als diese dem Tübinger Kanzler bei einer wichtigen Veranlassung im Januar 1580 wieder abverlangt wurden, erklärte dieser, die Handschrift der Augsburgischen Konfession sei von ihm mit den andern Akten bereits früher zurückgestellt worden. Weitere Nachforschungen darüber sind nicht bekannt. Leider ist das Aktenstück auch heute noch nicht wieder gefunden worden.

Im Jahre 1578 hatte der Kammersekretär eine Neuordnung des Geheimarchivs vorgeschlagen. Der Kurfürst lehnte sie als zu umständlich und weitläufig ab; auch würde, wenn die Aktenstücke zerschnitten und aufs Neue ordentlich zusammengebracht werden sollten, große Unordnung entstehen und viel Zeit bis zur Beendigung der neuen Aufstellung gehören. Er befahl, ihm erst die Magdeburgischen und die andern Händel „entzelich“ (d. i. einzeln), ein oder zwei Bücher auf einmal, zuzuschicken (Cop. 440, 148bf).

Eine wichtige Seite von Jenitz Thätigkeit war die Besorgung und das Vorlegen von Zeitungen, auf deren Kenntniß der Kurfürst großen Werth legte. Er übergab sie entweder vollständig oder gab daraus Auszüge z. B. wenn sie, wie es bei einem Briefe aus Krakau der Fall war und auch sonst häufig vorkommen mochte, „von natürlichen Dingen etwas ziemlich grob

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/98&oldid=- (Version vom 18.4.2024)