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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/57

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denn um des Holbein willen, der sonst auch so herrlich plazirt ist, den Saal für die Deutschen aufzugeben, scheint mir doch nicht gerathen. Wohin damit? Am Nachmittag studiren wir Galeriebeamte mehrere Stunden über diesem Thema, finden aber keine Auskunft und gründliche Abhilfe... Ich wollte heute etwas komponiren und bin an die Austreibung der Teufel, von der Matthäus cap. 8 v. 28-33 erzählt, gerathen. Ich verwickelte mich, denn der Gegenstand hat sein Eigenthümliches und führt zu Konsequenzen, die in Verlegenheit setzen. Heute komme ich nicht durch, durch will ich aber und will auch vor Konsequenzen nicht erschrecken. Teufel sind Teufel, und diesmal werde ich sie doch wohl an die Wand malen.

14) Dienstag. Am frühen Morgen mache ich mich wieder über die Teufel her und werde ihrer Herr, wie ich glaube. Um sicher zu arbeiten, nehme ich zur nächsten Aufzeichnung aber eine alte gereifte Komposition: „Davids Jammer über sein sterbendes Kind“ vor und zeichne die Pause. Bald treibt mich indessen der Museumsgeist davon. Der Holbein läßt mir keine Ruhe. Schirmer macht den Vorschlag, die ganze Bude auszuräumen und damit hinab zu ziehen und den Holbein in den Raum zu bringen, welcher an dem östlichen Flügel des Gebäudes dem Rafael-Zimmer entspricht. Auf der Stelle erkenne ich, daß dieses die rechte Auskunft aus. [so!] Wir stellen den Holbein in ähnlicher Weise auf, wie wir es für den Rafael projektirt haben, in einem altarartigen Aufbau deutschen Stiles. Dann kommen nur noch wenig Sachen, etwa die schönen Holbeinschen Porträts und der van Eyck, in diese Abtheilung, in den andern Abtheilungen gegen das Schloß hin bringen wir dann die ganze deutsche Schule unter, in der einen den Burgkmair, in der andern die Anbetung der Könige als Hauptbild. Nun ist der Nagel auf den Kopf getroffen. Man wird staunen, wir haben das Räthsel gelöst. Ich laufe nach Hause, ziehe mich anders an und gehe zum Minister, dem ich doch von der Sache sagen will. Er läßt mir ganz freie Hand. Der Gewinn ist auch zu augenscheinlich: dort Rafael, hier Holbein, der Kuppelsaal in der Mitte. Auch die Architektonik des Ganzen gewinnt entschieden. Im Museum benachrichtige ich dann noch Schirmer, daß der Gedanke augenblicklich zur Ausführung kommen soll. In wenig Tagen wird die Veränderung geschehen und noch innerhalb dieser Woche das ganze Aufstellungsgeschäft vollzogen sein.

15) Mittwoch... Im Museum finde ich den Holbein bereits an seinem Orte und mehrere der andern deutschen Bilder in den Nebenabtheilungen aufgestellt. Der Vogel ist abgeschossen, wir haben die Aufgabe gelöst. Am späteren Nachmittag gehe ich noch einmal dahin und finde die Hauptsache gethan...

18) Samstag... Nach Beendigung dieser Berathungen nehme ich die Aufstellungsarbeiten im zweiten Stock in Augenschein. Ich ordne mit Schirmer die Aufstellung in den letzten Räumen an der östlichen Ecke. Bis Dienstag wird alles aufgestellt sein, was sich von Gemälden im Museum befindet, und nur noch so viel Platz übrig bleiben, um noch die Thieles, welche der Minister auch hier zu haben wünscht, unterbringen zu können. Sollten Erwerbungen stattfinden, so kann durch Zusammenrücken und Uebereinanderhängen noch viel Raum gewonnen werden.

23) Donnerstag... Gang nach der katholischen Kirche in Neustadt. Die Propheten an der Decke, Gott Vater und die Verkündigung sind nun fertig. Das Schiff der Kirche soll auch in der allernächsten Zeit eingeweiht und zum Gottesdienst verwendet werden. Die jungen Maler arbeiten zu sehr auf die Wirkung in die Ferne und kommen dadurch ins Grobe und Rohe.

25) Samstag... Im Museum erscheinen Hübner und Bendemann. Der Erstere überreicht mir einen Zettel mit einem kurzen Verzeichniß „Unmaßgeblicher Wünsche“ für Umstellung einiger Gemälde.

26) Sonntag... Pletsch bringt mir eine fertige Aufzeichnung nach meiner Komposition „Davids Volkszählung wird mit Pestilenz bestraft“. Am Nachmittag überarbeite ich diese Zeichnung, obwohl sie recht sorgfältig übertragen ist.

27) Montag... Im Museum bespreche ich die Aenderungen in der Aufstellung, welche zum Theil in Folge eigener und der Wünsche Hübners und Bendemanns vorgenommen werden sollen, mit Voigt. Das, woran mir gelegen war und was ich schon früher vergeblich zu bewerkstelligen versuchte, nämlich den Samariter in der schönen Landschaft von P. Veronese dem Auge näher und den Bonifazio (Lazari Auferweckung) dem Auge ferner zu rücken, habe ich jetzt in Verbindung mit noch einem andern Vortheil erreicht. Die beiden schönen Porträts von Bassano habe ich an die Stelle des Bonifazio unter den Dosso Dossi gehängt, wo sie herrlich sich ausnehmen, den Veronese habe ich an die Stelle der Porträts und den Bonifazio über die Thüre an die vom Veronese verlaffene Stelle gebracht. Der Bonifazio ist freilich etwas klein und der Veronese etwas groß für den nun angewiesenen Platz, aber es geht und in der Hauptsache ist der erreichte Vortheil von großer Bedeutung. Den kleinen Giorgione wegzubringen können wir uns nicht entschließen, der Rembrandt (er und seine Frau), welchen Hübner und Bendemann in den großen Saal versetzt zu sehen wünschen, ist zu groß für die Stelle, wo man ihn sonst gern unterbringen würde, und einstweilen muß ich davon abstehen, die Wünsche der Kollegen zu erfüllen...

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/57&oldid=- (Version vom 8.6.2024)