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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/60

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20) Donnerstag.... Nachmittag kommt Gaber und veranlaßt mich, Antheil zu nehmen an einer Partie nach Loschwitz, an welcher Richter und Hähnel und Bary Theil nehmen.... Die eigentliche Absicht, mit dem aus Rom zurückgekehrten Franz Dreber ein Paar Stunden hier zuzubringen, wird vereitelt. Wir finden ihn nicht. Sonst ist aber die Partie sehr gelungen, der Abend wundervoll und das Schlößchen auf dem Burgberg reizend gelegen. Wir fahren hin und zurück mit dem Dampfschiff.

21) Freitag.... Gang zu Hähnel. Leider finde ich ihn wieder nicht zu Hause, doch sehe ich seinen Rafael, der mir sehr gefällt.... Abends wird wieder aus „Soll und Haben“ von Freytag gelesen. Das Buch ist köstlich geschrieben.

22) Samstag.... Um 12 Uhr finde ich Bendemann und Hübner, der nicht in Paris gewesen und unerwartet rasch zurückgekehrt ist, im Treppenhaus des Museums. Wir durchschreiten rasch die Galerie. Hübner kann sich nicht enthalten, den Raum, welchen jetzt der Holbein einnimmt, als den geeignetern für den Rafael zu bezeichnen.... Fortsetzung in der Lesung des „Soll und Haben“. Das Interesse wächst, das Buch ist höchst anziehend und geistvoll geschrieben.

23) Sonntag. Die eigentlich auf den 25. fallende Feier des Religionsfriedens ist auf heute verlegt. Die Stadt ist geschmückt und die Theilnahme an dieser Jubelfeier ist sehr groß.... Meine Ruhe ist ungestörte Arbeit. Diese Ruhe ist mir an den Sonntagen gewöhnlich zu Theil geworden, heute aber wird sie vielfach, wenn auch nicht unangenehm, durch Besuch unterbrochen. Zuerst kommt Gaber mit seiner Kleinen, dann kommt Wigand, dann Oppenheim aus Frankfurt, der alte Bekannte aus Rom, L’Arriccia, dann Flüggen aus München.

24) Montag. Im Museum finde ich meine Leute in voller Thätigkeit, um alles für morgen zu ordnen.... Ich lasse den Rafael höher stellen, wodurch die Wirkung des Bildes gesteigert und dasselbe in die Stellung gebracht wird, die es später behalten soll. Der Kuppelsaal wird durch Tücher abgeschlossen, weil die Tischler mit dem Fußboden noch nicht fertig sind. Ich gehe zum Herrn Minister, um ihm zu sagen, daß alles bereit sei, um morgen öffnen zu können. So bleibt es denn dabei, daß wir die Jubelfeier des Religionsfriedens mit der Eröffnung des Museums begehen. Der Minister ist bereit, selbst noch Alles in Augenschein zu nehmen, und ich empfange ihn um 12 Uhr im Museum. Bis jetzt ist keine offizielle Nachricht über die Zeit der Eröffnung des Museums in das Publikum gedrungen, trotz der ewigen Fragen, mit denen man die Wissenden hat ausforschen wollen. In dem heute Abend erscheinenden Dresdner Journal ist enthalten die „Bekanntmachung über den Besuch der Gemälde-Galerie im neuen Museum“, welche den Ahnenden wohl neuen Grund geben wird, die Eröffnung des Museums für morgen zu vermuthen. – Abends kommt Oppenheim aus Frankfurt (der Maler) und trinkt den Thee bei uns.

25) Dienstag. Vor 300 Jahren wurde in Augsburg der Religionsfriede geschlossen. Um 10 Uhr Eröffnung des Museums. Diese ohne weitere Absicht gerade auf heute festgesetzte Eröffnung fällt mit der Jubelfeier des Friedensfestes sehr hübsch zusammen.... Viele Reisende haben in der Hoffnung, daß die Eröffnung des Museums in diesen Tagen stattfinde, ihren Aufenthalt in Dresden verlängert und finden sich nun belohnt. Man scheint allgemein sehr befriediget....

26) Mittwoch. Wie verabredet, erwarte ich die Herren Abgeordneten der Kunstvereine um 9 Uhr am Museum und führe sie dann in dasselbe ein. Unter den Abgeordneten sind einige sehr alte Bekannte, unter andern Jacobs aus Gotha. Die Führung nimmt den ganzen Vormittag in Beschlag.

27) Donnerstag.... Um 9 Uhr begebe ich mich in das Kunstvereinslokal, um der ersten Sitzung der Abgeordneten beizuwohnen. Diese Sitzung nimmt den ganzen Vormittag ein und hat die Berathung des bereits früher aufgestellten Statuts zum Gegenstand.... Im Ausstellungslokal sah ich auch Flüggens Bild „Letzte Augenblicke unseres im vorigen Jahr verstorbenen Königs“. Es ist ein recht schön durchgeführtes Bild und voller Empfindung.

28) Freitag. Die heutige Sitzung der Abgeordneten beginnt um 10 Uhr und ist viel interessanter und für mich wenigstens in den Resultaten befriedigender als die gestrige. Die Hauptfrage betrifft die zu machenden Bestellungen. Man einiget sich dahin, zwei Gemälde zu bestellen, um zwei Richtungen der Kunst Rechnung zu tragen. Ein Gemälde wird bei M. v. Schwind, das andere bei Menzel in Berlin bestellt. Der Ort der nächsten Zusammenkunft soll Berlin sein.... Abends werden wir durch einen Besuch von Gasser überrascht. Er kehrt aus Paris zurück, kommt zunächst aber aus München. Er ist ganz der Alte, auch darin, daß er, obwohl seine Effekten schon auf dem Böhmischen Bahnhof sich befinden, bleibt, sich verplaudert und endlich die Nacht bei uns zubringt. Mit Befriedigung erzählt er von großen Einkäufen an mittelalterlichen Kunstsachen, die ihm Tausende von Gulden gekostet haben. Diese Sachen reihen sich früheren Erwerbungen an und werden den Hauptschmuck seines in Wien zu erbauenden Hauses und Ateliers bilden.

29) Samstag.... Ein deutsches Bild unserer Galerie, in Tempera gemalt, dessen Meister bisher noch nicht ermittelt worden ist, in der Mitte Maria mit den Kinde und Engel, in einer Seitenabtheilung den

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/60&oldid=- (Version vom 9.6.2024)