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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/61

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heil. Antonius, in der andern den heil. Sebastian darstellend, hält Gasser für ein Werk von Dürers Hand. Ich betrachte mir im Museum dieses Bild mit Bendemann und Schirmer und höre, daß auch schon von andern Kennern die nämliche Meinung ausgesprochen worden ist, die Gasser hegt; indessen kommen wir drei doch zu keiner festen Ansicht. Vieles trägt das Gepräge Dürers, anderes scheint ihm fremd. Es gehörte genauere Kenntniß der Kunstgeschichte jener Zeit dazu, als wir drei besitzen, um ein begründetes Urtheil aussprechen zu können. Man müßte doch sagen können, wer ein Bild, das unzweifelhaft sehr vortrefflich ist und sehr viel Dürersches Gepräge hat, neben, vor oder nach Dürer gemalt haben könnte.[1]

Oktober.

6) Samstag.... Im Schloß ist der sehr schön in Bronze nach Zeichnungen des Hofbaumeister Krüger ausgeführte Sarkophag für den hochseligen König ausgestellt.

7) Sonntag.... Auf dem Rückweg besehe ich mir Flüggens, den Tod unseres im vorigen Jahr verstorbenen Königs darstellendes Bild. Es ist doch wirklich sehr schön, voll wahrer und tiefer Empfindung.

9) Dienstag.... Mit den Meinigen mache ich bei Rietschels Schiller und Goethe einen Besuch. Der Meister ist nicht zugegen und Goethe dreht uns den Rücken zu, bei alledem ist der Anblick sehr befriedigend; es fehlt aber an der Vollendung noch mehr, als ich gedacht hätte.

10) Mittwoch. Besuch bei Peschel, der mich eingeladen hat, seinen Karton zu sehen. Die Arbeit hat sehr gewonnen und wird bei der weiteren Durchbildung und der Ausführung im Großen noch sehr gewinnen, das, was fehlt, läßt sich dem Künstler nicht beibringen. Das ist der große Stil, der eben nur als Ausdruck eines größeren Denkens Gestalt gewinnen kann.... Abends bringen wir Freytags „Soll und Haben“ zu Ende. Das ist einmal ein herrliches Buch und jedem Deutschen muß bei so würdiger Vertretung deutschen Geistes und deutscher Arbeitskraft wohl werden.

11) Donnerstag.... Gang zum Herrn Minister .... Der Minister theilt mir mit, daß Flüggens Gemälde, den Tod unsers Königs darstellend, für 2000 Thaler gekauft worden sei.

12) Freitag.... Schirmer hat einen großen Theil der Vorrathsbilder, die im Requisitengebäude schlecht aufgehoben waren, weil es da feucht ist, in den Direktorial- und Restaurationszimmern recht hübsch aufgestellt. Einige große Gemälde, die wir im Museum nirgends unterbringen können, müssen wir nach den Lokalitäten der alten Galerie zurückschaffen. – Flüggen macht mir seinen Abschiedsbesuch.... Es beschäftiget ihn jetzt der Gedanke, ein Gemälde auszuführen, in welchem der König Ludwig und die ihm zur Seite stehenden Koryphäen der Kunst zusammengestellt erscheinen werden.

16) Dienstag. Am Morgen bringt mir auch Geringswald einen Abdruck seiner Platte, „Absaloms Ende“ darstellend, welche sehr schön geschnitten ist.... Roquette liest mir einen Aufsatz vor, welchen er für die Konstitutionelle Zeitung geschrieben hat und in welchem er kurzen Bericht giebt über die Aufstellung der Gemälde im Museum, worüber bis jetzt noch gar keine Erklärung in öffentlichen Blättern erfolgt ist.

19) Freitag.... Hübner.... giebt keine Ruhe in Betreff des Aufstellungsplatzes des Rafael.

21) Sonntag. Heute endlich bringe ich den Bericht über mein Leben, welchen die Berliner Akademie der Künste von mir verlangt hat, zu Stande....

22) Montag.... Aus dem Ministerium des Hauses erhalte ich das neue Regulativ für die Galerie-Kommission. Geschäfte und Geschäftsgang sind in der Weise geordnet, wie der Minister mit mir es besprochen hatte. Ich habe den Vorsitz in der Kommission, welcher beizuwohnen auch der Minister sich vorbehält.

24) Mittwoch.... Se. Excellenz von Langenn kommt ebenfalls in das Museum. Er macht mich aufmerksam, daß die Gemälde von Lucas Cranach in Moritzburg, namentlich das schöne Bild der Jagd, Gefahr laufen zu verderben wegen des feuchten Ortes, wo sie sich befinden.

27) Samstag. In diesen Tagen habe ich eine neue Komposition, die allerdings eine ältere zur Grundlage hat, ins Reine gebracht und dem jungen Müller zum Durchpausen übergeben. Das Bild stellt dar, wie die Israeliten in der Wüste gespeist und getränkt werden. Ich habe in dem Gegenstand das vorbildlich auf das heilige Abendmahl Deutende hervorheben wollen und deshalb die Speisung und Tränkung zusammengefaßt.... Heute findet die erste Sitzung der Galerie-Kommission statt. Ich habe Hübner (Bendemann ist noch nicht aus Berlin zurückgekehrt) und die neuen Mitglieder Rietschel und Peschel besonders eingeladen und eröffne die Sitzung mit einer Darlegung der Verhältnisse, welche das neue Regulativ hervorgerufen haben.... Roquettes Aufsatz „Die Dresdener Gemälde-Galerie im neuen Museum“ ist in Nr. 247 der Konstitutionellen Zeitung erschienen, nimmt sich ganz gut aus und ist für mich sehr ehrenvoll....

28) Sonntag. Bis auf eine kleine Unterbrechung.... bin ich heute ungestört bei meiner Komposition „Die Stiftung des Osterlamms“. Der Gegenstand ist


  1. Dürers „Dresdner Altar“ ist inzwischen von der Forschung als eine eigenhändige Arbeit des Meisters, deren Seitentheile indessen möglicher Weise jünger sind als das Mittelbild, anerkannt worden.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/61&oldid=- (Version vom 9.6.2024)