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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/84

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und ich freue mich, darüber an Thaeter schreiben zu können.

12) Pfingst-Montag. Gestern war meines Vaters Geburts- und meiner Mutter[1] Sterbetag. Wie drängt doch die Gegenwart selbst die Erinnerung an die Vergangenheit zurück, und es gehörte die heutige stille Morgenstunde dazu, um die Blicke nach den Gräbern frei zu machen.

15) Donnerstag. Am frühen Morgen besehe ich mir mit Schirmer genau den Rafael, um mir von dem Zustande des Bildes einen ganz deutlichen Begriff zu machen, da nächsten Sonnabend entschieden werden soll, was wir damit vornehmen wollen. Das durchaus Nothwendige und das Mindeste, was zu thun uns obliegt, ist eine Tränkung des Bildes mit Balsam, da es außerordentlich ausgetrocknet ist. Dann können noch einige kleine Flecken, namentlich in dem blauen Gewande, die in Folge von Abgestorbenheit der Farbe entstanden sind, durch leichte und vorsichtige Nachbesserungen entfernt werden; so können auch unangenehme Flecke oben in der Luft beseitiget werden. Alles Uebrige mag bleiben, wie es ist, obschon ich finde, daß Palmaroli[2] viel zu viel gethan hat. Der Kopf der Madonna und das Christkind sind ganz übergangen. Wer mag da aber daran rühren? Wer weiß, was man unter den Retouchen findet ?

16) Freitag.... Gasser bringt den Nachmittag bei uns zu. Gegen 6 Uhr gehen wir zusammen zu Rietschel in das Atelier, um seine Goethe-Schiller-Gruppe zu sehen. Das Werk geht nun seiner Beendigung mit raschem Schritt entgegen.

17) Samstag. Geburtstag der Hausfrau.... Galerie-Kommission. Wir besprechen heute die Restauration, welcher die Madonna von Rafael unterworfen werden soll, und ich stelle einen Antrag, in welchem ich auf die Nothwendigkeit hinweise, eine Erklärung bei den Akten der Galerie zu hinterlegen, die den Zustand des Bildes und dasjenige, was wir damit vornehmen, genau bezeichnet und für uns die Verpflichtung ausspricht, das in Gemeinsamkeit beschlossene und ausgeführte Werk der Wiederherstellung unter allen Umständen zu vertreten. .... Abends führt Roquette eine Puppenkomödie bei uns auf, bei welcher Emil und Mathilde Sachße assistiren {Nowrap|....}}

19) Montag.... Bendemann und Hübner wollen Aenderungen in der Aufstellung der Bilder. Die kleinen Abtheilungen nächst der Madonna von Rafael könnten allerdings besser sein, und muß ich zugeben, daß hier eine Zusammenstellung der älteren italienischen Sachen Gewinn bringen kann. Nur erschrickt man vor der neuen Arbeit.

21) Mittwoch.... Mit Schirmer verabrede ich mich wegen der Umstellung der Bilder in der dem Rafael zunächst befindlichen kleinen Abtheilung und gebe ihm nach weiterer Verständigung mit Hübner die Vollmacht, die Aenderung nach seinem Ermessen zu bewerkstelligen. Meine Bibelbilder lassen mich nicht in Ruhe und die Gestalten der harrenden Holzschneider steigen vor mir auf wie Gespenster. Das Buch der Richter, in das ich nun eingedrungen bin, bietet außer ordentlich viel geeigneten Stoff zu bildlichen Darstellungen, und ich fasse heute den Simson und den Abimelech an. Dem ersteren werde ich doch 4–5 Bilder widmen müssen. Er ist ein gewaltig plastischer Held. Reusche bringt mir einen sehr tüchtig gearbeiteten Holzschnitt der Darstellung des Schlangenbisses.

22) Donnerstag. Im Museum finde ich die verabredeten Aenderungen in der Aufstellung zum Theil schon bewerkstelliget. Die Aenderung wird ein Gewinn sein. Die älteren Sachen, die nun mehr zu einem Körper sich verbinden, nachdem das fremdartige Neuere ausgeschieden, machen nun auch als Ganzes einen Eindruck.

24) Samstag. In der Abtheilung der alten Italiener wird noch einmal umgehangen. Auf Wunsch der übrigen Kommissionsmitglieder wird auch noch der Ubertini herbeigeholt und daselbst eingereiht. Da Schirmer in Urlaub geht und vor völliger Beendigung des Katalogs ein Abschluß in der Aufstellung wünschenswerth ist, habe ich die Herren Kommissare für heute zu einer Sitzung eingeladen. Wir kommen in der genannten Abtheilung zusammen, und Alle sind nun befriediget. Ich bekenne auch gerne, daß die Sache besser geworden ist. Es ist in der Abtheilung nichts Fremdartiges mehr, und man gewinnt ein Gesammtbild von der altitalienischen Kunst. Auch die sich anschließende Abtheilung ist besser geworden. Correggios Magdalena hängt zwischen dem Arzt und der heiligen Margaretha und etwas höher als früher, ganz im richtigen Sehwinkel.

26) Montag.... Um 5 Uhr versammeln sich die Mitglieder des Weber-Komite bei Prof. Löwe[3], um die Angelegenheit des Denkmals zu besprechen und zu fördern. In der letzten Sitzung war ich ersucht worden, Direktor Hettner zu fragen und zu ersuchen, ob er nicht statt des seligen Schulz die Vorstandschaft des Komite übernehmen wolle. Ich fand ihn bereit, trotz der Bedenken, die eine edle Bescheidenheit ihm eingab, der Aufforderung nachzugeben, und heute hatte er die Güte, sich von mir in den kleinen Kreis einführen zu lassen und den Vorsitz einzunehmen. Es wurden die bereits


  1. Genauer: Stiefmutter.
  2. Pietro Palmaroli, berühmter Gemälderestaurator in Rom, war 1826 nach Dresden berufen worden und hatte hier zahlreiche Meisterwerke der Galerie restaurirt.
  3. Max Leopold Löwe, Professor der Philosophie an der medizinisch-chirurgischen Akademie (gest. 1865).
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/84&oldid=- (Version vom 13.6.2024)