Zum Inhalt springen

Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/86

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

8) Sonntag.... Der Abendspaziergang wird.... etwas früher als sonst unternommen und erstreckt sich bis Kaitz, von wo dann links in mein liebes Thal eingelenkt und bis zur Mocrkitzer Mühle gegangen, dann über Zschertnitz nach Hause zurückgekehrt wird.

9) Montag.... Begegnung mit der Frau Ehrenbaum und deren schöner Tochter, die Schauspielerin geworden ist. Straßenbekanntschaft der Meinigen von München her. Sie erzählen mir von Ludwig, den sie in Karlsruhe auf der Bühne gesehen. Mehr Freude als diese Begegnung macht mir eine Unterredung mit Tichatscheck, der Ludwig in Karlsruhe viel gesehen hat und ihm nun eine bedeutende Zukunft weissagt.

11) Mittwoch.... Es wird auch wieder aus Perthes gelesen. Ich finde das Buch eines der schönsten, die mir in neuerer Zeit vorgekommen sind. Es ist mir so recht aus der Seele geschrieben, was Perthes schreibt. Das war ein Mann, wie es nicht viele giebt.

15) Sonntag.... Während ich mit diesem Brief beschäftiget bin, kommt Herr Schlitte aus Leipzig und bringt mir einen Probedruck seines Blattes „Josua fängt fünf Könige in der Höhle zu Makeda“. Das Blatt ist ganz vorzüglich gearbeitet und gehört zu den besten Blättern der neuen Lieferungen.... Es beschäftiget mich der Gegenstand „Jephthah und seine Tochter“. Vor Schlafengehen sehe ich aber, daß ich vergeblich gearbeitet habe und morgen von vorn anfangen muß. – Die Aufführung der Jungfrau von Orleans (die Bayer-Bürck) lockt uns wieder einmal in das Theater (die Hausfrau, Töchter und mich). Die Aufführung ist sehr gut, und wir sind Alle zufrieden; die Frauen sind begeistert. Mich stören die sentimentalen Stellen, die Einmischung von dem, „Humanen“, sogenannten „Reinmenschlichen“ mehr als die Frauen. Ein Shakespearescher Geist hätte das doch anders gefaßt, auch vom französischen oder deutschen Standpunkt aus. Wie dem auch sei, alle stimmen wir darin überein, daß Schiller ein herrlicher, edler Geist ist, der erhebt und fortreißt, und somit wollen auch wir ihn erheben und preisen.

16) Montag. Ich fasse den Jephthah heute anders und besser an und komme mit einem neuen Entwurf vor Abend glücklich zu Stande.... Abends ist Roquette bei uns. Wir kommen auf Kirchbach zu sprechen, mit dem er viel verkehrt. Roquette stimmt mit meinen Ansichten über Kirchbach vollkommen überein, nämlich darin, daß dieser seine Kräfte weit überschätzt und in einen Zustand gerathen ist, für welchen nur Heilung in der Schule des Lebens sich finden wird. Freundes-Rath und Lehrer-Rath ist jetzt vergeblich.

18) Mittwoch.... Zscheckels Platte, „Den Hirten wird die Geburt Christi verkündet“, ist recht tüchtig gearbeitet. Im Museum finde ich Rauch, der in Karlsbad war und jetzt nach Berlin zurückkehrt. Rauch ist doch eine prachtvolle Erscheinung, wie es auch Thorwaldsen war. So sehen Künstlerfürsten aus.

19) Donnerstag.... Joch sendet mir einen Probedruck seiner Platte „Untergang der Rotte Korah“. Das Blatt ist sehr tüchtig gearbeitet, überhaupt befriedigen mich die zuletzt eingelieferten Arbeiten der Holzschneider in hohem Grade.... Ich führe die Kinder zu den Seiltänzern Holder und Weitzmann.... Weitzmann ist in der That ausgezeichnet. Bei Ersteigung des Thurmseils zeigt sich seine prachtvolle Körperbildung in glänzendem Lichte.

20) Freitag.... Sitzung des akademischen Raths.... Rietschel zeigt uns das nun in Bronze gegossene Medaillon des Herrn von Lindenau, das an der Außenseite des Akademie-Gebäudes als Denkmal angebracht wird. Das Porträt ist trefflich gelungen.... Abends einige Abschnitte aus Perthes. Der Abschnitt über die religiösen Fragen und Wirren ist höchst interessant. Nie habe ich etwas gelesen, was mir so aus der Seele geschrieben ist, wie das, was Perthes über diese Dinge sagt. Gewiß, der Protestantismus ist der Kirche nöthig, wenn er auch selbst die Kirche nicht gestalten kann. Nur in einer Einigung der getrennten Glieder zu der wahrhaft katholischen Kirche wird Heil und Heilung errungen werden. Wann diese Einigung erreicht werden wird? Das weiß Gott! Zu den Vorzeichen einer solchen Einigung wird aber gehören, daß die katholische Kirche Luther als Reformator anerkennt und ihre Mißbräuche und Mißlehren abzustellen beginnt.

22) Sonntag.... Um Mittag erhalten wir Besuch von Herrn Professor Alexander von Oettingen aus Dorpat mit seiner Frau, einer Tochter des Prof. Carl von Raumer. Das junge Ehepaar macht einen Besuch bei den Aeltern in Erlangen.

24) Dienstag.... Die Hausfrau liest mir am Nachmittag die letzten Abschnitte aus Perthes’ Leben vor, die von den letzten Lebensjahren und seinem Tod handeln. Der Mann bewährt sich, und es wird nicht leicht etwas gefunden werden, was erhebender wäre zu lesen als die Beschreibung des Endes dieses Mannes. Fürwahr, das war ein Mann und ein Christ. Könnte da noch einer fragen, ob er der rechten Kirche angehörte?

25) Mittwoch. Die Porträtfigur, eine sitzende Dame mit Rosen im Schooß, zu den Füßen ein musikalisches Instrument, vermuthlich eine gefeierte Sängerin darstellend, spanische Arbeit, hängt nun an dem Platz, den ich ihr angewiesen habe, nämlich an der Wand der Spanier, an der die Velasquez hängen. Das Bild nimmt sich vortrefflich aus. Der Tod der Maria, der vorher da hing, ist nun über der Madonna von Murillo aufgestellt, wo ein schlechter David von Luca Giordano war, der hinauf gekommen ist. Die spanische Schule

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/86&oldid=- (Version vom 14.6.2024)