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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/87

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hat sich nun erweitert und verdichtet. Oben sind die Kopien nach Andrea del Sarto und Tizian neben die Kopie nach P. Veroneses Europa zu stehen gekommen und nehmen sich da ganz gut aus. Es wird doch fort und fort gebessert.

26) Donnerstag. Gegen 10 Uhr kommt Ludwig glücklich an....

27) Freitag.... Im Museum wird Verabredung getroffen, die Madonna di S. Sisto heute Nachmittag in das Direktorialzimmer zu bringen und sogleich die Tränkung des Bildes von der Rückseite mit dem Balsam copaivae zu bewerkstelligen. So geschieht es denn auch. Um 4 Uhr finde ich mich im Museum ein und bleibe, bis die Prozedur beendiget ist, das ist, bis gegen 6 Uhr....

28) Samstag.... Museum. Heute keine Kommission. Hübner ist jedoch zugegen und überreicht mir ein Exemplar seines Katalogs. Den Inhalt kenne ich und halte ihn für sehr vorzüglich und belehrend, die Ausstattung finde ich etwas kokett. Wie mir Voigt berichtet, ist Schirmer mit der gestern bewerkstelligten Operation sehr zufrieden. Der Balsam hat beide Leinwanden vollständig durchdrungen und gesättigt und zeigt sich reichlich auf der Oberfläche des Bildes.

29) Sonntag. Ein schöner, ruhiger Sonntag, welcher meiner Arbeit, wie auch dem ungestörten Umgang mit unserm lieben Ludwig sehr zu Gute kommt. Die Unterhaltung wird allerdings am häufigsten durch die Sprache der Musik vermittelt, und haben wir Ludwigs schönem, ausdrucksvollem Gesang großen Genuß zu verdanken. Am Nachmittag wird ein Spaziergang in den großen Garten unternommen, der Tag dann aber wieder mit Musik beschlossen.

30) Montag.... Im Museum finde ich Schirmer bei der Rafaelschen Madonna und schon einige Flecken beseitiget. Der Balsam hat auffallend günstig gewirkt. Das Bild ist leuchtender und saftiger geworden, einige abgestorbene Stellen sind wieder farbig und belebt. Schirmer und ich sind darin einig, die Palmarolische Restauration unangetastet zu lassen und nöthigen Falls dafür zu sorgen, daß niemand Anderer sie antaste, mit einem Wort, das im Protokoll ausgesprochene Verfahren aufrecht zu halten. In vierzehn Tagen wird Bild und Einrahmung vollendet und die Aufstellung in Ordnung sein. – Dr. E. Förster[1] ist im Museum. Im Ganzen scheint er doch sehr zufrieden, im Einzelnen mäkelt er; das wird ihm aber nichts helfen und uns nichts schaden. Er ist doch nur darum eine hervorragende Persönlichkeit, weil er sich überall vordrängt.

Juli.

1) Dienstag.... Schirmer hat bereits das Wesentliche an der Madonna di S. Sisto gemacht. Wir nehmen noch einmal das blaue Gewand vor, das sehr fleckig ist, und suchen durch einige zarte Lasuren Zeichnung und Farbe aufzufrischen.... Förster besucht uns. Das Museum ist der Hauptgegenstand des Gesprächs. Er schimpft gewaltig gegen die Gläser und wünscht für die Jünger von Emmaus von Paul Veronese einen bessern Platz. Er hält das Gemälde für eins der bedeutendsten von diesem Meister. Ich bin darin anderer Meinung[2].

2) Mittwoch.... Wir haben heute Galerie-Kommission. Hübner will einige Farben an dem architektonischen Aufbau, welcher den Rafael aufzunehmen bestimmt ist, anbringen und die Stelle aus dem Vasari, welche von dem Bilde spricht, in die am Unterbau befindlichen Füllungen schreiben. Der Gedanke ist gut, es stehen aber doch Bedenken entgegen, in einem rein architektonisch und plastisch durchgeführten Werk, wo es sich außerdem nicht um Belebung von Lücken handelt, mit gemalten Dingen zu kommen. Die Kommission faßt denn auch den Beschluß, erst das Bild einzusetzen, den ganzen Raum in Ordnung zu bringen und dann zu sehen, was etwa noch zu thun ist. Ueber das Bild ist man erstaunt und erfreut, so erfrischt erscheint es Allen. Hübner möchte gern noch an dem Kinde etwas thun, wir werden das aber nicht zulassen. Es könnte sehr bedenklich werden, das Vorhandene anzutasten. Die Beseitigung der Flecke in dem blauen Gewande, der Luft und einige leichte Lasuren sollen Alles sein, was geschieht. Ich theile dem Minister sogleich mündlich das Resultat der Sitzung mit.

3) Donnerstag. Heute wird das Glas in seinen neuen Rahmen, in welchen übrigens der früher schon das Glas fassende Eisenrahmen eingelassen ist, eingelegt und mit demselben an dem Aufbau aufgehängt. Die Prozedur ist nicht ganz unbedenklich, denn das Glas hat eine ungeheure Schwere (gegen 3 Zentner); doch geht Alles glücklich von statten. Auch hierüber bringe ich dem Minister sogleich mündlichen Bericht.... Bald wird das Bild in der neuen Einrahmung prangen, ich hoffe heute über acht Tage. Die Wirkung wird groß sein, und ich hoffe, einen kleinen Triumph zu feiern. Schirmer und ich stehen wegen der Restauration wie ein Mann und werden sorgen, daß Niemand seine Hände dabei im Spiel habe. Und die Einrahmung wird wohl auch bleiben, wie sie ist. Jene Stelle aus dem Vasari: „Fece a’ monaci neri di St. Sisto in Piacenza la tavola dell’ altar maggiore, dentro vi la nostra Donna con St. Sisto e S. Barbara, cosa veramente rarissima e singolare“, kann man auf eine eingerahmte Tafel schreiben, die an irgend einem passenden Platz in dem Gemach aufgestellt werden mag.


  1. Ernst Förster, Kunstschriftsteller (gest. 1885 in München).
  2. Nach einer Bemerkung des Galerie-Katalogs zu Nr. 233 ist das Bild „wohl nur eine gute Werkstattarbeit“.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/87&oldid=- (Version vom 14.6.2024)