Seite:EhrenfestKrise.djvu/17

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das Rohr durchlaufen oder nicht. Was soll sich ergeben? Die Äthertheorie von Lorentz verlangt: „Gleich rasch“ mit der Begründung: Weil das Licht beider Lichtquellen sich in ein und demselben Äther fortpflanzt.

Die ätherlose Emissionstheorie von Ritz verlangt: Die auf uns zulaufende Lichtquelle wirft ihr Licht mit größerer Geschwindigkeit durchs Rohr als die vor uns ruhende Lichtquelle. Begründung: Die Lichtquellen werfen ihr Licht so in den Raum hinaus wie eine zerplatzende Bombe ihre Splitter auswirft. Eine auf uns zulaufende Bombe wirft aber natürlich ihre Splitter mit größerer Geschwindigkeit durchs Rohr als eine Bombe, die — ruhig vor uns liegend — zerplatzt.

Die ätherlose Emissionstheorie von Einstein schließlich verlangt: „Gleich rasch“. Begründung? Wird keine versucht. Einstein stellt diese Aussage vielmehr als Postulat an die Spitze seiner Theorie. Nämlich als das „Postulat von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit“.

Wir sehen also, daß hier die ätherlose Theorie von Einstein genau dasselbe verlangt, wie die Äthertheorie von Lorentz. Auf diesem Umstand beruht dann auch, daß nach der Einsteinschen Theorie ein Beobachter an irgend welchen vor ihm laufenden Maßstäben, Uhren usw. exakt dieselben Kontraktionen, Gangänderungen usw. beobachten muß, wie nach der Lorentzschen Theorie. Und hier sei gleich allgemein bemerkt: Ganz prinzipiell gibt es kein experimentum crucis zwischen diesen beiden Theorien.

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Paul Ehrenfest: Zur Krise der Lichtäther-Hypothese. Springer, Berlin 1913, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:EhrenfestKrise.djvu/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)