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Der Satz wurde nicht beendet. Um den Fesselballon krachte es plötzlich von krepierenden Geschossen. Dann eine starke Erschütterung, als ob eine Riesenfaust gegen das Stahlkabel geschlagen hätte, ein zweiter Ruck, und die gasgefüllte Seidenwurst schnellte urplötzlich wie ein Pfeil senkrecht nach oben …

Hendrich wußte sofort Bescheid. Ein Sprengstück hatte das Stahlkabel durchschlagen. Aus dem Fessel- war ein Freiballon geworden, der jetzt, immer höher steigend, mit dem Winde nach Südosten zu davontrieb.

Ein Glück, daß der Wind diese Richtung hatte …! Auf diese Weise würde man bald irgendwo im eigenen Etappengebiet landen können.

Der Leutnant griff schon nach der Ventilleine, um Gas ausströmen und das graue Ungetüm sinken zu lassen. Er zog kräftig, fand aber keinen Widerstand, und gleich darauf fiel ihm die dicke, feste Schnur vor die Füße. Sie war oben dicht am Ventil von einem Granatsplitter gestreift worden und jetzt an der beschädigten Stelle durchgerissen.

Das war in dieser heiklen Lage doppelt unangenehm. Um den Auftrieb des 1000 Kubikmeter des leichtesten aller Gase fassenden Ballons, der bisher noch das Gewicht des schweren Stahlkabels mit zu bewältigen gehabt und jetzt davon nur noch ein zehn Meter langes Stück zu tragen hatte, zu verringern und ein weiteres Steigen zu verhindern, war es unbedingt nötig, etwas Gas entweichen zu lassen. Zwar stand Hendrich zu diesem Zweck noch die Reißleine zur Verfügung, durch die man eine bestimmte Stelle der Hülle auftrennen konnte, aber diese Vorrichtung durfte man nur gebrauchen, wenn man sich dicht über dem Erdboden befand, da der Gasverlust dann ein so beträchtlicher war, daß der Ballon ganz plötzlich sank. Es blieb dem Offizier also nichts anderes übrig, als an den Tragegurten des Korbes hochzuklettern und eine neue Leine am Ventil zu befestigen.

Schon wollte er diese nicht ganz ungefährliche Klettertour beginnen, da packte Fritz Blümke ihn mit hartem Griff am Arm und deutete nach Norden zu, wo soeben hinter den feindlichen Linien ein Flugzeug, ein Doppeldecker,

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W. Belka: Ein Luftschifferabenteuer. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_Luftschifferabenteuer.pdf/5&oldid=- (Version vom 31.7.2018)