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aufgetaucht war, der allem Anschein nach dem steuerlos treibenden grauen Riesen noch schnell den Todesstoß versetzen wollte.

Jetzt handelte es sich um das Leben, nicht mehr um eine baldige glückliche Landung. Bei dem schwachen Winde hatte der Ballon eine so geringe Vorwärtsbewegung, daß die Flugmaschine ihn in kurzem eingeholt haben mußte.

Für ähnliche gefahrdrohende Lagen hingen nun an den Gurten zwei Fallschirme, die es den Insassen des Korbes ermöglichen sollten, schleunigst sich auf die Erde hinabgleiten zu lassen. Hendrich wollte jedoch den wertvollen Ballon nicht so ohne weites opfern.

Ein Blick auf den Höhenmesser zeigte ihm, daß man bereits auf 2100 Meter gelangt war, und er rechnete hier mit einer stärkeren Luftströmung, die den Flug der mächtigen Seidenwurst mehr beschleunigen würde. Diese Hoffnung trog auch nicht, nur erfüllte sie sich in anderer Weise, als Hendrich angenommen hatte. Der zulegt fast genau nach Süden zu schwebende Ballon schwenkte mit einem Male mit erhöhter Geschwindigkeit nach Osten ab und trieb der Donau zu, so daß er die schmale Dobrudscha überfliegen und über das Schwarze Meer gelangen mußte. Gleich darauf verschwand er auch in einer staken Wolkenwand, so daß der feindliche Flieger gezwungen war, von einer weiteren Verfolgung abzusehen.

In diesen Höhen herrschte jetzt Ende Dezember eine so grimme Kälte, daß die beiden Luftschiffer trotz ihrer Pelze bald völlig erstarrt waren. Selbst der mitgenommene Alkohol täuschte nur für kurze Zeit ein geringes Wärmegefühl vor. Hendrich durfte es daher auch nicht mehr wagen, an den Gurten hochzuklettern, da seine Hände bereits ganz gefühllos geworden waren.

Eng aneinandergeschmiegt, saßen die beiden Deutschen jetzt auf dem Boden des Korbes und hüllten sich in die Stoffüberzüge der Fallschirme ein, die sie von den Gestellen mühsam losgetrennt hatten. So ging die Fahrt ins Ungewisse hinein. Wieder eine Stunde später hatte sich der Morgenwind zum Sturm verstärkt. Das graue, längliche Ungetüm jagte jetzt mit Eilzugsgeschwindigkeit weiter,

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W. Belka: Ein Luftschifferabenteuer. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_Luftschifferabenteuer.pdf/6&oldid=- (Version vom 31.7.2018)